Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall
Autoren: Marian Keyes
Vom Netzwerk:
überraschte, keinen Cent von seiner Gage behalten, sondern sie vollständig an Wayne abgetreten.)
    Dann erlebten die alten Laddz-Einspielungen einen Aufschwung und fanden reißenden Absatz, der lange, lange anhielt. Eine DVD von dem ersten Konzert kam rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft heraus und war weltweit ein Riesenerfolg.
    Und so kam es, dass ich an einem Dienstagmorgen in dem »Büro« von Mum und Dad saß und sogar arbeitete. Ungefähr eine Woche zuvor war ich aus Sankt Teresa entlassen worden, und kurz darauf erhielt ich eine Mail von einem amerikanischen Staatsbürger irischer Abstammung, der mich bat, seinen Stammbaum zu erstellen. So etwas hatte ich früher schon gemacht, der neue Kunde hatte meine Nummer sogar von demjenigen bekommen, der mich da mals beauftragt hatte. Es war eine öde Arbeit und bedeutete, dass ich viele Gänge in die staubigen Nischen des Standesamts machen musste, aber eine öde Arbeit war in dem Moment genau das Richtige für mich.
    Plötzlich kam Mum ins Zimmer gestürmt, ihr Ausdruck war besorgt. »Jay Parker ist hier.«
    »Was?«
    Seit ich Docker dazu überredet hatte, bei den Konzerten für Wayne einzuspringen, hatte ich ihn nicht mehr gesehen und auch nichts von ihm gehört.
    »Was will er?« Aufregung konnte ich überhaupt nicht gebrauchen. Gerade jetzt, wo ich wieder in normale Bahnen kam, wo ich mich wieder einigermaßen wie ich selbst zu fühlen begann.
    »Ich sage ihm, er soll wieder gehen, ja?«
    »Ja.«
    »Nur eine Minute.« Das war seine Stimme, die von unten heraufrief.
    »Ach, zum Teufel!«, sagte ich. »Also gut, dann komm hoch, aber fass dich kurz.«
    »Soll ich bleiben?«, fragte Mum.
    »Nein, nein, ist schon in Ordnung.«
    Vorsichtig kam Jay ins Zimmer. »Ich wollte dir das geben.« Mit Schwung setzte er einen schwarzen Müllsack vor mir ab. »Schau rein.«
    Ich wagte einen Blick. Der Sack schien kleine Papierbündel zu enthalten. Ganz viele Bündel, jedes mit einem Gummiband drum herum. Sah fast aus wie Geldscheine.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Ungefähr dreißigtausend.«
    »Dreißigtausend was?«
    »Dreißigtausend Euro.«
    Nach einem langen, langen Schweigen sagte ich: »Parker, was wird hier gespielt?«
    »Das ist dein Anteil.«
    Welcher Anteil? Wovon sprach er?
    »Ich meine, das ist das, was du von dem Kartenverkauf für die Laddz-Konzerte bekommst. Weißt du noch? Der Ver trag, den du unterschrieben hast?«
    Ich hatte nur eine sehr schwache Erinnerung, dass Parker mir mitten bei der Suche nach Wayne ein zerdrücktes Blatt Papier gegeben hatte, auf dem er zusagte, mir einen Prozentsatz von einem Prozentsatz zu geben, wenn die Kon zerte stattfanden. Ich hatte es nicht ernst genommen, denn nicht nur bezweifelte ich damals, dass ich Wayne überhaupt finden würde, sondern ich war fest davon überzeugt, dass man Parker keinesfalls trauen konnte.
    Ich griff in den Sack, holte ein Bündel Fünfzig-Euro-Scheine heraus und hielt es in der Hand. »Sind die echt?«
    Jay lachte. »Natürlich sind die echt.«
    »Nicht gefälscht?«
    »Nein.«
    »Oder gestohlen?«
    »Nein.«
    »Wo ist dann der Haken?«
    »Es gibt keinen Haken.«
    »Du kommst einfach hier reinspaziert und gibst mir einen Müllsack mit dreißigtausend Euro und schwörst, es ist echtes Geld, und du willst keine Gegenleistung und … gehst wieder?«
    »So ist es.«
    Und genau das tat er.
    Ich wusste nicht, was ich damit anfangen sollte, also stopfte ich den Sack unter mein Bett. Hin und wieder holte ich ihn hervor, betastete die Geldbündel und steckte sie wieder weg. Er dauerte ungefähr vier Tage, bis ich begriff – ernstlich begriff –, dass es Geld war. Und dass ich es ausgeben konnte.
    Mein erster Gedanke war: Halstücher. Für dreißigtausend Euro konnte man eine Menge Halstücher kaufen.
    Aber dann hatte ich eine andere Idee … Ich hatte ja noch den Schlüssel zu meiner Wohnung.
    Ich bezweifelte, dass ich reinkommen würde. Ich war mir ziemlich sicher, dass jemand anders dort wohnte. Auf jeden Fall rechnete ich damit, dass die Bank das Schloss ausgewechselt hatte.
    Aber als ich zu meiner Wohnung kam, fand ich alles unverändert – so wie ich es verlassen hatte. Der Grund dafür? Landauf, landab kamen Tausende von Menschen mit ihren Rückzahlungen nicht hinterher, und der Betrag, den ich schuldete, war vergleichsweise gering, sodass niemand sich bisher um die Angelegenheit gekümmert hatte.
    Ich rief bei der Hypothekenbank an und fragte, ob ich, wenn ich einen ordentlichen Batzen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher