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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall
Autoren: Marian Keyes
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allen meine Bewunderung.« Die milde Mrs. Diffney, die kratzbürstige Connie, selbst der Bruder Richard – gemeinsam hatten sie es hervorragend geschafft, Wayne zu beschützen.
    Ich musste los.
    »Wayne«, sagte ich, »ich hoffe sehr, dass es Ihnen bald besser geht. Nehmen Sie die Tabletten, machen Sie alles so, wie die Ärzte es sagen, obwohl ziemlich viel Mist dabei ist, besonders das mit der Kognitiven Verhaltenstherapie. Und Yoga. Und …« Aber ich gebot mir Einhalt. Wer weiß, viel leicht tat Yoga ihm ja gut. »Lassen Sie sich Zeit, kommen Sie erst wieder raus, wenn es Ihnen besser geht.«
    »Wollen Sie schon gehen?« Jetzt, da ich im Begriff war, mich zu verabschieden, schien er mich plötzlich dabehalten zu wollen.
    »Ich gehe, ja. Aber vorher muss ich noch jemandem Guten Tag sagen.«
    Die Anmeldung war im Erdgeschoss. In einem anderen Leben war ich schon einmal da gewesen. Obwohl ich mich kaum daran erinnern konnte, so schlimm war mein Zustand, als ich damals hier ankam.
    Ich klopfte leise an die Tür und trat ein. Drinnen saßen drei Personen, zwei Frauen und ein Mann. Die Frauen saßen an Computern, der Mann stand bei einem Aktenschrank.
    »Ich suche eine Gloria«, sagte ich.
    »Das bin ich.«
    Sie entsprach nicht im Entferntesten dem Bild, das ich von ihr im Kopf hatte. Ich hatte sie mir blond vorgestellt. Mit blauen Augen und einem Kopf voller munterer Locken. Aber sie war klein und dunkel.
    »Ich heiße Helen Walsh«, sagte ich. »Ich bin mit Wayne Diffney befreundet. Er ist auf der Station Frühlingsblüten.«
    Sie nickte. Sie wusste, wer Wayne war.
    »Ich wollte Ihnen gern danken«, sagte ich.
    »Wofür?«
    »Weil Sie ihm so schnell ein Bett besorgt haben. Ich weiß, dass er am Ende war, und ich weiß, wie schwer es ist, auf die Schnelle hier ein Bett zu bekommen. Ihr Anruf war seine Rettung.«
    Sie errötete vor Freude. »Ah«, sagte sie verlegen. »Wir geben uns alle Mühe zu helfen, wenn jemand in einer schwierigen Situation ist. Aber«, fügte sie rasch hinzu, »wir dürfen nicht über die Patienten sprechen.«

71
    » H immelherrgott, hör doch mal auf, so zu schubsen! «
    »Ich schubse doch gar nicht, ich will nur auch was sehen.«
    »Immer mit der Ruhe, okay?«, sagte Artie.
    »Sie haben gut reden«, sagte Mum heftig. »Sie sind eins fünfundachtzig.«
    Mum, Claire, Kate, Margaret, Bella, Iona, Bruno, Vonnie, sogar Dad drängelten sich an der Brüstung unserer Loge im MusicDrome, jeder darauf aus, den Platz mit der besten Sicht auf die Bühne zu bekommen.
    Jay Parker hatte nicht gelogen – er hatte mir wirklich eine Loge für zwölf Personen reserviert, und es gab tatsächlich Erdnüsse für alle.
    Aber die Aufregung übertrug sich auf uns alle. Die Atmosphäre in der Halle – das Publikum bestand fast ausschließlich aus Frauen und schwulen Männern – war elektrisierend. Anfangs waren alle fünfzehntausend Zuschauer in spontaner Freundschaft verbunden gewesen, vereint unter dem Schirm der Liebe für die Laddz, aber die überschäumende Freude drohte in Gereiztheit umzukippen.
    »Es ist Viertel nach neun«, sagte Bruno zu mir. Er war ganz plötzlich mein bester Freund geworden, eine Freundschaft, die in dem Moment begann, als er hörte, dass ich ihm eine Freikarte für das Konzert besorgen konnte. »Sie sollten vor einer Viertelstunde anfangen!«
    »Vor einer Viertelstunde!« Kates Unterlippe fing an zu zittern. Die Verwandlung war erstaunlich – innerhalb weniger Stunden war Kate von einem mutterzerfleischenden Monster zu einem tränenseligen Teenager mutiert.
    »Sie fangen gleich an«, sagte ich.
    »Und wenn nicht?« Bella brach in Tränen aus. »Wenn sie nicht auf die Bühne kommen?«
    »Sie kommen bestimmt. Ganz bestimmt.« Vonnie und Iona nahmen Bella in ihre Mitte und trösteten sie, und Mum nutzte geschickt den Moment, sich an Vonnies Platz zu schieben. Dann drehte sie sich zu mir um mit einem Lächeln, das sagte: »Geschieht ihr recht.«
    Die Nerven der Menschen waren vor Erwartung zum Zerreißen gespannt, das spürte ich. Viel mehr würden sie nicht aushalten.
    Ohne jede Warnung gingen die Lichter aus, die Halle wurde in tiefste Dunkelheit getaucht, und das Kreischen, ohnehin schon ohrenbetäubend, wurde noch lauter, so laut, dass man denken könnte, fünfzehntausend Wölfe hätten sich gerade ihre Pfoten in einer Falle eingeklemmt.
    »Jetzt kommen sie.« Claire bohrte sich die Fingerknöchel in die Wange. »Herr im Himmel. Herr im Himmel.«
    Kate trampelte auf der Stelle, das
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