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Glücksboten

Glücksboten

Titel: Glücksboten
Autoren: Katie Fforde
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sie Kleidungsstücke mit Taschen bevorzugte, nahm ihre Suche einige Zeit in Anspruch. Zu guter Letzt fand sie den Plastikbeutel in der Tasche ihrer Armeehose und förderte zugleich eine Postkarte zu Tage, die sie Perdita reichte. Dann legte sie ihren Zopf, der verrutscht war, wieder um den Kopf und befestigte ihn mit einer Haarnadel, die sie aus einer anderen Tasche angelte. Sie zeigte auf die Postkarte.
    »Die ist von deinem Vater. Wohin die Leute heutzutage so reisen! Ich schätze, auf dich wartet zu Hause auch eine Karte.«
    Perdita warf einen Blick auf das Bild, das einen Wasserfall in den Anden zeigte. »Kitty, was hat der Arzt gesagt?«
    Kitty öffnete den Beutel und fischte einen Stopfer heraus. Sie klopfte die Pfeife am Zaun aus und machte sich dann daran, den Kopf auszukratzen. »Oh, das Übliche. Es war nur eine Routineuntersuchung. Ich bin kerngesund.«
    »Hat er gesagt, dass du das Pfeifenrauchen aufgeben sollst?«
    »Nein, hat er nicht«, erwiderte Kitty entschieden.« Er meinte, in meinem Alter hätte es keinen Sinn, meine kleinen Vergnügungen aufzugeben.«
    »Selbst wenn es sich dabei um starken Pfeifentabak und Malzwhisky handelt?«
    »Heutzutage zählt die Lebensqualität. Langlebigkeit ist aus der Mode gekommen.« Sie zupfte etwas Tabak aus dem Beutel und stopfte damit ihre Pfeife.
    Perdita lachte. »Ein Jammer, dass man das noch nicht wusste, als du fünfundachtzig wurdest!«
    Kitty kicherte. »Man hätte mich hygienisch euthanisieren und mit einem Pappkartonsarg entsorgen können.« Kitty hatte ihre Pfeife gestopft und verstaute sie in einer anderen Tasche, wo sie bleiben würde, bis ihre Besitzerin sie später wieder vorkramen würde. »Jetzt komm mit ins Haus und lass mich dir etwas zu essen geben. Ich weiß ja, dass du nichts isst, wenn ich es dir nicht zubereite.«
    »Unsinn! Du bist diejenige, die draußen im Garten bleibt, bis es dunkel ist, und die dann zu müde ist, um zu kochen!«
    »Wenigstens bin ich nicht der Meinung, dass ein paar Chemikalien in einem Plastikblumentopf eine ordentliche Mahlzeit darstellen«, gab Kitty zurück.
    Eines Abends hatte Kitty gegen zehn Uhr mit einem befreundeten Herrn auf dem Rückweg von ihrem Philosophiekurs bei Perdita hereingeschaut. Kitty war entsetzt gewesen, dass Perdita zu so später Stunde noch aß und noch dazu etwas derart Ungesundes.
    »Ich esse nicht oft Fertignudeln.«
    »Wenn man bedenkt, dass du biologisches Gemüse anbaust, weil du Chemikalien für ungesund hältst, solltest du sie überhaupt nie essen.«
    »Ich bin nicht ganz biologisch, wie du weißt. Nur fast«, räumte Perdita ein.
    »Versuch nicht, das Thema zu wechseln, und komm zum Mittagessen. Ich wette, du hast nicht gefrühstückt.«
    Perdita und Kitty warfen einander ständig vor, nicht ordentlich zu essen, stritten aber ab, dass sie sich dieses Vergehens beide in gleicher Weise schuldig machten. Kitty behauptete, sie brauche in ihrem Alter nicht mehr viel zu essen, und Perdita meinte, sie sei jung und arm und könne es sich nicht leisten, aus ihren Jeans rauszuwachsen. Einmal hatten sie einander zu Weihnachten zufällig gegenseitig einen Mikrowellenherd geschenkt. Perdita taute in ihrem Tiefkühlpizzen auf, und Kitty benutzte ihr Gerät, um Erde zu sterilisieren.
    Diesmal verlor Perdita den Wettstreit, wer das Essen zubereiten solle, weil sie so lange brauchte, um ihre Hände sauber zu bekommen. Im Gegensatz zu Kitty konnte sie im Garten nicht mit Handschuhen arbeiten. Sie setzte sich an den großen Mahagonitisch und blätterte die Wurfsendungen durch, die mit der Post gekommen waren. Gleichzeitig staunte sie insgeheim, wie fit ihre alte Freundin wirkte. Kitty war siebenundachtzig und agiler als viele Leute, die nur halb so alt waren. Sie war von allen Menschen auf der Welt derjenige, den Perdita am liebsten mochte.
    Perditas Eltern lebten im Ausland, da sie beide im diplomatischen Dienst waren. Perdita hatte ihre Internatsferien bei Kitty verbracht, der Patentante ihrer Mutter, die für Perdita selbst noch viel mehr gewesen war als das. Sie erinnerte sich lebhaft an ihre erste Begegnung mit Kitty. Man hatte sie in einen Zug gesetzt, damit sie die Osterferien bei ihr verbrachte, und Perdita hatte schreckliche Ängste ausgestanden. Zunächst einmal hatte sie keine Ahnung gehabt, wie sie die Frau anreden sollte, von der ihre Mutter als »Tante Kitty« zu sprechen pflegte, denn niemand war auf den Gedanken gekommen, ihr Kittys Familiennamen mitzuteilen. Fast den ganzen ersten Tag
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