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Glück muß man haben

Glück muß man haben

Titel: Glück muß man haben
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich auch wissen.«
    Theo brauchte in dem Gespräch, das sich wieder entspann, kleine Pausen, die ihm Gelegenheit zum Nachdenken boten. Das ging nicht so schnell. Der alkoholische Nebel in seinem Gehirn übte Bremswirkung auf die kleinen grauen Zellen aus.
    »Er hat angerufen, sagst du?« fuhr er fort.
    »Ja.«
    »Woher hatte er die Nummer?«
    »Dumme Frage«, antwortete Sabine. »Entweder aus dem Telefonbuch oder von Marianne selbst.«
    Pause.
    »In welches Kino sind sie denn gegangen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Du wirst doch mit ihr noch einmal gesprochen haben?«
    »Wann denn?«
    »Als sie nach Hause kam.«
    »Ich habe sie vor dem Einschlafen nicht mehr gesehen.«
    Größere Pause.
    Dann: »Wann bist du ins Bett gegangen?«
    »Um elf.«
    »Und da war sie noch nicht da?«
    »Nein.«
    Theo wälzte sich wieder auf die andere Seite. Gleich darauf mußte Sabine erneut geblendet die Augen schließen, da es hell wurde. Theo hatte die Nachttischlampe angeknipst. Er schlug die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett.
    »Wo willst du hin?« fragte Sabine.
    »Ich sehe nach.«
    »Bei Marianne?«
    »Natürlich.«
    »Aber doch nicht jetzt! Es ist weit nach Mitternacht. Laß sie schlafen.«
    »Glaubst du denn, daß sie da ist?«
    »Um diese Zeit? Sicher!«
    »Davon will ich mich überzeugen«, sagte Theo und schlurfte zur Tür.
    »Sei leise, weck sie nicht!« rief ihm Sabine mit unterdrückter Stimme nach. »Das Kind braucht seinen Schlaf!«
    Ohne sich nach ihr noch einmal umzudrehen, nickte Theodor und verließ schon jetzt auf Zehenspitzen das Zimmer. Mariannes Zimmer lag am anderen Ende des Flures. Dann hörte Sabine eine Weile nichts mehr. Sie war müde, die Augen wollten ihr schon wieder zufallen. Aber da kam Theodor zurück – nicht mehr leise, sondern aufgeregt und polternd. Es bestand keine Notwendigkeit mehr, Geräusche zu vermeiden. Dadurch war Sabine klar, mit welcher Botschaft Theodor zurückkehren würde.
    »Was ist?« fragte sie ihn trotzdem, als ob sie darüber noch im Zweifel wäre.
    Er blieb auf der Schwelle stehen, verärgert darüber, daß er sich dazu hatte verleiten lassen, wie ein Idiot auf Zehenspitzen durch die Gegend zu schleichen, obwohl nicht die geringste Veranlassung dazu bestanden hatte. Dafür wollte er sich revanchieren. Er winkte Sabine mit dem Zeigefinger.
    »Komm«, sagte er mit verhaltener Stimme, »laß dir nicht entgehen, wie süß die schläft. Das mußt du gesehen haben. Aber sei leise.«
    Sabine verließ zögernd ihr Bett.
    »Aber sei leise«, sagte er noch einmal.
    Sabine schlüpfte in ihre Hausschuhe, richtete sich auf und kam auf Theo zu.
    »Du wirst mir doch nicht sagen«, meinte sie dabei, »daß die wirklich nicht da ist?«
    Er nahm sie an der Hand und führte sie durch den Gang. Sooft sie etwas äußern wollte, erstickte er diese Regung in ihr, indem er den Finger auf seinen Mund legte und ihr ein »Psst!« ins Ohr zischte.
    Die Tür Mariannes am Ende des Flures stand offen, ihr Bett auf der rechten Seite des Raumes war aber erst zu sehen, wenn man die Schwelle überschritten hatte; es war unberührt.
    »Das gibt's doch nicht«, sagte Sabine, auf das leere Bett starrend.
    »Ich denke doch«, meinte Theo Berger düster.
    Wilhelm Thürnagel hatte, als er Marianne abholte, die ›Sonnenblume‹ nicht betreten. Er läutete an der Haustür, und Marianne kam, tipp topp angezogen, heraus. Sie sah entzückend aus. Es war ein lauer Frühlingsabend, der ihr ein leichtes Leinenkleid als Garderobe gestattete. Sie besaß eine tolle Figur, die allen Bekannten Rätsel aufgab, Rätsel deshalb, weil Marianne sie in keinster Weise von ihren Eltern geerbt haben konnte. Theodors Massigkeit und Sabines Rundlichkeit hätten eine ganz andere Mischung ergeben müssen. So gesehen, war Mariannes Erscheinung bestes Anschauungsmaterial dafür, daß sich die Natur manchmal eben ganz und gar nicht an ihre eigenen Regeln hält.
    Auf Mariannes Kopf saß keck eine Baskenmütze, der es nicht gelang, die braunen Locken des Mädchens zu bändigen. Die dunklen Augen und der volle Mund lachten, die weißen Zähne blitzten. Sie war erfreut, als sie Thürnagel begrüßte, und verbarg das nicht. Über Mariannes Beine kursierte im Kreis der jungen Herren, die in die ›Sonnenblume‹ kamen, das laszive Wort: ›Wie schön mag erst der Bahnhof sein, wenn die Geleise schon so hübsch sind.‹
    Wilhelm Thürnagel wirkte gehemmt, als ihm Marianne die Hand gab. Er war sehr groß, überragte Marianne um mehr als
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