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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana
Autoren: Michael Moorcock
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jäher Schrei herauf, und die Flammen des Kaminfeuers lodern hoch; jemand hat eine Lampe ins Feuer geworfen. Zwei Strolche kämpfen mit Dolch und Entermesser zwischen den Bänken. Einer ist hochgewachsen und mager, in abgewetztem Samt; der andere ist von mittlerer Größe, insgesamt ein besserer Fechter und in seiner Ledermontur höchstwahrscheinlich ein Berufssoldat. Der Sarazene beugt sich zum Geländer, um den Kampf zu verfolgen, aber Quire lehnt sich zurück, befingert sein hohlwangiges Gesicht, zieht dicke, schwarze Brauen zusammen und geht mit sich selbst zu Rate. Unterdessen handelt Meister Uttley, der Schankwirt, mit gewohnter Schnelligkeit, eilt geschäftig zur Tür und reißt sie auf. Er ist rundgesichtig und von teigiger Beschaffenheit, doch geben schwarzfleckige Hautverfärbungen seinem Gesicht ein scheckiges Aussehen. Ein kalter Luftschwall dringt herein. Meister Uttley bahnt eine Gasse durch die Menge, die er wie ein Schäferhund seine Schafe nach beiden Seiten zurückdrängt. Die Fechtenden bewegen sich wie in stillschweigendem Einverständnis mit dem Wirt auf dieser freigemachten Bahn langsam zum Ausgang und verschwinden, noch immer fechtend, in die Nacht. Meister Uttley schließt und verriegelt die Tür. Er wirft einen finsteren Blick zum flackernden Kaminfeuer und bückt sich, um Teller und Bierkrüge von dem mit Sägemehl und Binsen bestreuten Boden aufzuheben. Eine von seinen Huren will ihm helfen, stößt ihn ungeschickt an und wird mit einem Bierkrug geknufft, bevor Uttley zu seiner Höhle unter der Galerie zurückkehrt, wo Kapitän Quire und der Sarazene sitzen. Das Kaminfeuer wirft lange Schatten, und in der Schenke wird es auf einmal still. »Vielleicht sollten wir einen wärmeren Ort aufsuchen?« schlägt der Sarazene vor. »Dies ist warm genug für mich«, erwidert Quire. »Ihr sagtet etwas von beiderseitigem Vorteil?«
    »Ich nehme an, daß Ihr Anteile an Schiffen habt, oder zumindest den Befehl über ein Schiff, Kapitän Quire. In London gibt es Informationen, die man mir verweigern würde, die Euch aber leicht zugänglich wären …«
    »Aha. Ihr wollt, daß ich für Euch spioniere. Ihr möchtet frühzeitig über Unternehmungen unterrichtet sein, damit Ihr Eure eigenen Schiffe vorausschicken und dem Konkurrenten das Geschäft wegnehmen könnt.«
    »Ich wollte Euch nicht vorschlagen, daß Ihr für mich spioniert, Kapitän Quire.«
    »Gleichviel, spionieren ist das richtige Wort.« Ein gefährlicher Augenblick. War Quire beleidigt?
    »Ganz und gar nicht. Was ich vorschlage, ist allgemein geübte Praxis. Eure eigenen Landsleute bedienen sich ihrer in unseren Häfen«, sagt der Sarazene beschwichtigend.
    »Ihr meint, ich sei ein Hundsfott, der seine Landsleute ausspioniert?«
    Der Araber zuckt die Achseln und nimmt die Herausforderung nicht an. »Dafür seid Ihr zu intelligent, Kapitän. Ihr versucht mich zu provozieren.«
    Quires schmale Lippen dehnen sich in einem Lächeln. »Freilich, Sir, aber Ihr seid nicht offen.«
    »Wenn Ihr so denkt, dann beenden wir besser dieses Gespräch.«
    Kapitän Quire schüttelt den Kopf, daß die dicken, langen Ringellocken unter seiner Hutkrempe hin- und herschwingen. »Ich muß Euch sagen, daß ich keine Anteile an einem Schiff besitze. Auch befehlige ich kein Schiff. Ich bin nicht einmal Offizier an Bord eines Schiffes. Ich bin kein Seemann. Ich arbeite für keine Schiffahrtsgesellschaft, weder an Land noch auf See. Ich bin Quire, nichts anderes als Quire. Darum kann ich Euch in keiner Weise zu Diensten sein.«
    »Vielleicht könnt Ihr mir doch helfen«, meint der Sarazene bedeutungsvoll. Quire stützt das Kinn in die Hand und mustert sein Gegenüber. »Habt Ihr Euch für Offenheit entschieden, wie?«
    »Wir würden für jede Art. von Information über die Bewegungen von Albions Schiffen zahlen, gleich, ob es Kauffahrer oder Kriegsschiffe sind. Wir würden für Gerüchte zahlen, die am Hof im Umlauf sind und offiziell geförderte Entdeckungsreisen und dergleichen betreffen. Schließlich würden wir gut zahlen für besondere Neuigkeiten über Königin Glorianas privaten Umgang. Wie ich hörte, gibt es Mittel, ihre privaten Gemächer zu belauschen.« »In der Tat? Wer sagte Euch das?«
    »Ein Hofmann, der vergangenes Jahr Bagdad besuchte.«
    Quire benagt seine Unterlippe, als müsse er alles das gründlich erwägen. »Ich bin nicht reich, wie Ihr bemerkt haben werdet.«
    Der Sarazene gibt vor, dies erst jetzt zu bemerken. »Es ist wahr, Sir, eine neue
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