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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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kopfschüttelnd neben ihm. Sie waren völlig verblüfft gewesen, als Jay schwertschwingend aus dem Tor geschossen kam.
    »Warum hat sie Aidris nicht angegriffen?« fragte Matthiall. »Und warum hat Aidris sie nicht angegriffen? Sie sind, wenn unser Maßstab richtig ist, so dicht beieinander, daß sie sich fast berühren.«
    »Ich kann dir auch nicht sagen, was da vor sich geht«, gestand Yemus. Irgend etwas war geschehen, das den gesamten Kampf ins Chaos gestürzt hatte. Die Machnan, die dabei gewesen waren zu gewinnen, drohten jetzt zu verlieren. Ihre Pferde waren aus irgendeinem Grund nutzlos geworden. Die Tiere rutschten ständig aus und stolperten. Die Menschen wanderten so dicht aneinander vorbei, daß sie sich etwas ins Ohr hätten flüstern können, ließen aber durch nichts erkennen, daß sie irgend jemanden in ihrer Nähe wahrnahmen. Die Kämpfe, die in Gang gewesen waren, wurden fortgesetzt, aber die Kämpfer fielen zu Boden und wischten sich die Augen, und wenn sie zu weit zurückwichen, um Atem zu schöpfen, taten sie plötzlich so, als ob der Feind, mit dem sie gerade noch gekämpft hatten, nicht mehr existierte.
    »Hat jemand sie mit Vergeßlichkeit belegt?« überlegte Yemus.
    »Ich weiß es nicht. Irgend jemand hat sie auf jeden Fall mit irgend etwas belegt. Sie kämpfen nur, wenn sie versehentlich ineinander stolpern. Und warum wischen sie sich ständig die Augen?«
    »Es regnete«, erklärte Yemus. »Ich habe kein Abbild für den Regen gemacht, weil er die Luft so verschwommen machte, daß man die Figuren nur schlecht erkennen konnte.«
    »Dann regnet es so heftig, daß sie blind sind?«
    Yemus schürzte die Lippen, dann zuckte er die Achseln. »Ich kann ein Abbild der Luft schaffen, um herauszufinden, ob sie einer Täuschung unterliegen.« Er klopfte mit einem Finger auf den Tisch und murmelte ein paar Worte. Plötzlich verschwand die ganze Tischfläche unter einer weißen Kuppel.
    »Schnee?« Matthiall zuckte die Achseln. »Reichlich früh.«
    »Das kann nicht natürlich sein.«
    »Nein, das glaube ich auch nicht. Aber weder dein Volk noch meins hat die nötige Macht, um das Wetter zu kontrollieren.« Er knurrte. »Also stammt das entweder von Aidris, die ihre Macht aus dem Tod bezieht, oder von Callion, der sie von Natur aus besitzt.«
    »Laß den Schnee wieder verschwinden. Dann sehen wenigstens wir, was passiert.«
    Jay tastete in dem Schneesturm herum und stocherte mit ihrem Schwert in die Luft. Sie hatte die falsche Richtung eingeschlagen. Aidris hatte einen Lichtzauber gesprochen und schien ihn zu benutzen, um ihren Weg zurück zum Torbaum zu finden, doch sie war unmittelbar daran vorbeigegangen und hielt auf den falschen Baum zu.
    »Also hat Aidris es nicht schneien lassen«, sagte Matthiall.
    »Offensichtlich nicht.«
    Plötzlich bemerkte Yemus, daß das Abbild von Sophie nicht mehr von schwarzem Nebel umhüllt war. Er wies Matthiall darauf hin.
    »Vielleicht ist etwas mit deinem Zauber schiefgelaufen. Einige der anderen Figuren tragen ihre Leichentücher. Erzeuge ein neues Abbild.«
    Das schien vernünftig. Yemus löschte das Abbild Sophies und schuf ein neues. Auch dieses trug nicht den schwarzen Nebel, der Tod bedeutete. »Was um alles in der Welt… ?«
    »Sie bewegt sich nicht.«
    »Nein.«
    »Sie hat sich auch nicht bewegt, seit sie dort liegt.«
    »Nein.«
    »Vielleicht stört der Schnee deinen Zauber.«
    Der Torbaum flackerte wieder auf, und diesmal schoß ein Aregen hinaus.
    »O nein«, rief Yemus. »Callion ist hier.«
    Der Aregen blieb stehen, wischte sich heftig übers Gesicht, dann senkte er für einen Augenblick den Kopf. Beide Männer in der Aptogurria spürten ein Prickeln der Macht, die sich in dem Abbild aufbaute, ein Zeichen dafür, daß er einen Zauber vorbereitete.
    Callion blieb noch einen Augenblick stehen, dann regte er sich und hob das Gesicht zum Himmel. Und wartete.

KAPITEL SIEBENUNDSECHZIG
     
    sie fühlte nichts mehr und die Dunkelheit schien nie zu enden
    und dann erstickende durchdringende tödliche Kälte so massiv so vollständig so real
    die Kälte wurde zu Blei das ihre Glieder einschloß sich auf ihre Brust legte und ihr die Luft verwehrte die ihr zustand
    steifgefrorene Arme und Beine und die völlige Stille des Fleisches ohne das Rauschen von Blut
    Einströmen von Luft ohne das pulsierende klopfende Tanzen ihres Herzens die unzähligen winzigen Geräusche die Leben bedeuteten
    sie war tot
    tot
    hoffnungslos für immer tot aber jetzt war ihre lebendige
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