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Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar

Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar

Titel: Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar
Autoren: Mark Zak
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Argument, weshalb sie sich ein Kind von und mit Josif wünschen sollte.
    Als sie auf der Toilette saß und mit dem Toilettenpapier das Blut von Oberschenkel und Unterhose wischte, vibrierte nah am Herzen in der linken Innentasche ihrer Lederjacke das Handy. Josif war dran.
    »Gibt es Neuigkeiten? Wo bist du gerade?«
    »Josif, ich bin Polizistin. Es gibt Sachen, die du nicht unbedingt wissen musst.«
    »Hast du heute Abend was vor?«
    »Weiß ich noch nicht. Wenn ich mich langweilen möchte, ruf ich dich an.«
    »Danke, das ist nett. Ruf mich bitte auf jeden Fall an.«
    11
    Josif legte auf und ging ins Büro. Dort holte er sein Handy, ein neun Jahre altes, großes und unverwüstliches Nokia, aus seiner Jackentasche, um es von »lautlos« auf »draußen« umzustellen. Dabei fand er die Ostereier und die Taschentücherpackung mit dem Zettel von Ahmets Windschutzscheibe. Er kam zurück in die Küche und las das Gekritzel noch einmal: »hau ab du türken Schwein Deutschland für Deutsche!«
    »Was hast du da, einen Liebesbrief?«
    »Zieh dich an, dann sag ich es dir.« Josif zog den Kimono aus, warf ihn Silvia zu und ging ins Schlafzimmer, um sich seine Jogginghose und ein T-Shirt anzuziehen. Heute, am Sonntag, erwartete er keinen Besuch. Halb unwillig, halb neugierig legte Silvia den Kimono an und ging ins Bad, um sich im Spiegel anzuschauen. Einen anderen Spiegel gab es in der Wohnung nicht.
    »Also, von wem ist der Zettel?«
    »Silvia, du kennst dich doch mit Grafologie aus?«
    »Klar, ich habe an der Uni ein Grafologieprogramm mitentwickelt.«
    Josif gab ihr den Zettel.
    »Kannst du damit was anfangen?«
    »Muss ich nur eben einscannen. In 90 Minuten ist das Ergebnis fertig.«
    Sie ging ins Büro, um den PC hochzufahren.
    »Ich habe übrigens auch deine Schrift analysiert. Weißt du, was herausgekommen ist?«, rief sie.
    Josif hörte seine Mailbox ab. Zwei Anrufe, beide von heute früh von Judith, der zweite schon deutlich genervt.
    »Nein.«
    »Soll ich’s dir sagen?«
    »Nein, danke.«
    »Nein? Warum nicht?«
    »Wenn herausgekommen ist, dass ich ein guter und intelligenter Mensch bin, weiß ich’s ja ohnehin. Und wenn das Ergebnis anders ist, dann liegt ein Fehler vor. Das muss ich mir ja nicht anhören.«
    Josif folgte Silvia ins Büro. In diesem Augenblick klopfte es kurz und laut an der Tür. Da sie nicht abgeschlossen war, trat Çoban sofort ein. Der Vermieter, ein kleiner kerniger Mann um die 50, wohnte im selben Haus. Passend zum gestutzten grauen Bart – er war schon einmal in Mekka gewesen – trug er ein weißes Hemd, einen dunklen Anzug und eine Gebetskette in der Hand. Mit einem selbstgerechten, misstrauischen Blick checkte er die Lage und wusste sofort Bescheid: eine Sekretärin im Bademantel und ihr Chef mit T-Shirt und Jogginghose. Die westliche Kultur ist dem Untergang geweiht. Ausschweifung und Gottlosigkeit, wohin man auch blickt. Dabei ist es doch so einfach, ein rechtschaffener Mann zu sein, wenn man sich an die vorgeschriebenen Lebensrichtlinien hält. Was richtig und falsch ist, steht im einzig wahren Buch, im Koran. Beten, fasten, Armensteuer zahlen …
    Çoban konnte stolz auf sich sein. Ihm gehörten ein Gemüseladen, ein Wohnhaus, eine Frau und zwei Kinder. Mit 30 hatte er die 16-jährige Leyla in Anatolien geheiratet und nach Deutschland gebracht. Sie war eine gute Wahl. Sie war fleißig, hatte ihm in all den Jahren kein einziges Mal widersprochen und ihm zwei gute, gesunde Söhne geboren: Tayfun und Ibrahim, inzwischen 17 und acht Jahre alt.
    Stark und geradlinig bleiben, das ist die Devise. Nichts tolerieren, nichts akzeptieren, was seinem Glauben, seiner unumstößlichen Überzeugung, seinen Prinzipien nicht entspricht. Am liebsten hätte er Bondar, diesen Sünder, diesen einzigen Nichttürken im ganzen Haus, rausgeschmissen. Das wäre richtig. Nur … für diesen feuchten, im Winter zu kalten, im Sommer zu heißen 55 Quadratmeter kleinen Anbau 650 Euro Miete von einem rechtschaffenen Moslem zu verlangen, wäre eine Sünde. Dieser Zwiespalt ärgerte Çoban, machte ihn wütend. Bondar hier wohnen zu lassen war ein Kompromiss, und er hasste Kompromisse. Noch dazu musste er im letzten Jahr ständig der Miete hinterherrennen.
    Nachdem Çoban eingetreten war – die Wohnung gehörte ja ihm –, erwartete er eine Begrüßung. Nichts geschah. Bondar schien ihn nicht zu beachten, ja sogar zu ignorieren, seine Sekretärin fummelte weiter am Computer herum. Bondar ging in die Küche.
    So geht
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