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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Kleine,« sagte Jakobine Collin, »und sagen Sie meiner Patin, sie soll herunterkommen; ich hoffe, ihr eine Stelle als Zofe bei einer großen Dame verschaffen zu können, und der Haushofmeister des Hauses will sie mitnehmen.«
    Paccard, der einem Gendarmen in Zivil glich, plauderte eben mit Herrn Prélard über eine bedeutende Lieferung von Eisendraht für eine Brücke.
    Ein Kommis ging, um einen Fiaker zu holen, und ein paar Minuten darauf saßen Europa oder, um ihr den Namen, unter dem sie Esther gedient hatte, zu nehmen, Prudentia Servien, Paccard, Jakob Collin und seine Tante zur großen Freude der Roten zusammen in einem Fiaker, dessen Kutscher Betrüg-den-Tod Befehl gab, zur Barrière d'Ivry zu fahren.
    Prudentia Servien und Paccard, die vor dem Dab zitterten, glichen schuldbeladenen Seelen vor dem Angesicht Gottes. »Wo sind die siebenhundertfünfzigtausend Franken?« fragte der Dab, indem er einen jener starren und klaren Blicke auf sie richtete, die das Blut dieser verdammten Seelen, wenn sie schuldig waren, so sehr trübten, daß sie ebensoviel Nadeln, wie Haare, im Kopf zu haben meinten. »Die siebenhundertdreißigtausend Franken«, erwiderte Jakobine Collin ihrem Neffen, »sind in Sicherheit: ich habe sie heute morgen der Romette übergeben, in einem versiegelten Paket...« »Wenn ihr sie nicht Jakobine ausgehändigt hättet,« sagte Betrüg-den-Tod, »wäret ihr geradenwegs dahin marschiert ...« sagte er, indem er auf den Richtplatz zeigte, vor dem der Wagen eben vorüberfuhr.
    Prudentia Servien machte nach der Sitte ihres Landes das Zeichen des Kreuzes, als hätte sie den Blitz fallen sehen. »Ich vergebe euch«, erwiderte der Dab, »unter der Bedingung, daß ihr keine solchen Fehler mehr macht und daß ihr für mich in Zukunft seid, was mir diese beiden Finger meiner rechten Hand sind;« dies sagte er, indem er den Zeige- und den Mittelfinger hob, »denn der Daumen, das ist das gute Weib da.« Und er schlug seine Tante auf die Schulter. »Hört mich an,« fuhr er fort; »du, Paccard, hast in Zukunft nichts mehr zu fürchten, und du kannst in Pantin nach Belieben deiner Nase folgen! Ich erlaube dir, Prudentia zu heiraten.« Paccard ergriff Jakob Collins Hand und küßte sie ehrfurchtsvoll. »Was habe ich zu tun?« fragte er. »Nichts, du sollst Renten und Weiber haben, dein eigenes nicht zu zählen, denn du bist sehr ›Regentschaft‹, mein Alter! ... Das kommt davon, wenn man als Mann zu schön ist!«
    Paccard errötete, als er dieses spöttische Lob seines Sultans hörte. »Du, Prudentia,« fuhr Jakob fort, »brauchst eine Laufbahn, einen Stand, eine Zukunft, und mußt in meinen Diensten bleiben. Höre mir genau zu. Es gibt in der Rue Sainte-Barbe ein sehr gutes Haus, das jener Frau von Saint-Estève gehört, der meine Tante bisweilen den Namen entlehnt ... Es ist ein gutes Haus mit guter Kundschaft, das jährlich fünfzehn- bis zwanzigtausend Franken einbringt. Die Saint-Estève läßt dieses Haus von der ...« »Der Gonore verwalten,« sagte Jakobine. »Dem Weib des armen La Pouraille,« sagte Paccard; »da habe ich mich mit Europa versteckt, als die arme Frau van Bogseck, unsere Herrin, starb...« »Schwätzt man, wenn ich rede?« sagte Jakob Collin. Im Fiaker trat tiefstes Schweigen ein, und Prudentia und Paccard wagten nicht mehr sich anzusehen. »Das Haus also wird von der Gonore verwaltet,« fuhr Jakob Collin fort. »Wenn du dich da mit Prudentia versteckt hast, Paccard, so sehe ich, daß du Geist genug besitzt, um die Polizei hineinzulegen, daß du aber doch noch nicht schlau genug bist, der ›Darbonne‹ etwas weiszumachen,« sagte er, indem er seiner Tante das Kinn streichelte. »Jetzt errate ich, wie sie dich hat finden können ... Das trifft sich gut. Ihr kehrt zu der Gonore zurück. Ich fahre fort. Jakobine wird mit Frau Nourrisson über die Erwerbung ihres Ladens in der Rue Sainte-Barbe unterhandeln, und du kannst da reich werden, wenn du dich zu benehmen weißt, meine Kleine!« sagte er, indem er Prudentia ansah. »In deinem Alter Hurenwirtin, das ist etwas für eine königliche Prinzessin,« fügte er mit beißender Stimme hinzu.
    Prudentia sprang Betrüg-den-Tod an den Hals und umarmte ihn; aber mit einem kurzen Stoß, der seine außerordentliche Kraft verriet, warf der Dab sie so jäh zurück, daß das Mädchen, wäre nicht Paccard gewesen, mit dem Kopf in die Wagenscheibe gefallen wäre und sie zerbrochen hätte. »Die Pfoten weg! Solche Manieren mag ich nicht!« sagte der Dab
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