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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition)
Autoren: Rona Walter
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fasste Eirwyn ein wenig fester um die Taille. Dann, mit einem Windhauch, stob mit einem Male meine Lady zu uns und platzierte sich direkt neben ihrem Mann. Sie neigte sich dicht zu ihm hinab und flüsterte lächelnd etwas in sein Ohr. Kieran tat einen Schritt auf den Grafen zu, als der erbleichte, bereit, dem alten Freund seines Vaters beizustehen. Eirwyns Aufmerksamkeit für mich war sogleich dahin und ich spürte, wie sie sich zwingen musste, nicht auch zu ihrem Vater zu laufen.
    Ich umfasste ihre Hand fester. »Lass uns einfach weitertanzen«, murmelte ich.
    Sie nickte unruhig, blieb jedoch bei mir. Als der Tanz vorbei war, bat sie mich sofort, sie zu begleiten. Mit festem Schritt, das Kinn angriffslustig gereckt, ging sie auf die Lady zu. Belustigt und dennoch überrascht sah meine Herrin auf. Ein Funke der gewohnten Ablehnung kehrte zurück, doch Eirwyn nahm sanft ihre Hand. Im Pavillon wurde es still, als sie zu sprechen anhob.
    »Ich freue mich, dass du gekommen bist, Georgina. Doch dies ist mein Tag. Ich und mein Mann sind es, die heute im Mittelpunkt stehen. Wir allein.«
    Die Lady straffte sich kaum merklich. »Natürlich! Du! War das nicht schon immer so?«, gab sie frostig zurück und legte den Kopf leicht schief. Eine Geste, die ich fürchten gelernt hatte, denn meist folgte danach eine Reglementierung, verpackt in einem kalten Lächeln.
    Eirwyn blickte sanft zu ihrem Vater. »Du irrst dich, Mutter. Und das weißt du auch. Aber das ist nicht wichtig. Nicht mehr. Du hast uns nichts zu unserer Vermählung geschenkt. Allerdings verzichte ich gern auf Präsente deinerseits, wie du dir vorstellen kannst. Daher möchte ich dir gern etwas geben.«
    Sie winkte einem ihrer Bediensteten. Er brachte sogleich eine große, mit roten Bändern verzierte Truhe.
    »Etwas Schönes, Mutter. Denn das ist es doch, wofür du lebst«, sagte sie so leise, dass gerade die am nächsten Stehenden es mitbekommen konnten.
    Misstrauisch und dennoch voller Ungeduld winkte mich meine Lady heran und ließ mich die Schleifen lösen. Dann stieß sie mich bestimmt zurück und hob vorsichtig den Deckel an. Sie stutzte. Nervös lachend hob sie mit spitzen Fingern etwas dunkel Glänzendes heraus. Etwas, das den Schein der Lichterlampen in die Augen aller Anwesenden zurückwarf. Es war ein Paar hochhackiger Damenschuhe mit Riemchen. Aus dünnem Eisen, grob geschmiedet und im Inneren mit winzigen nadelspitzen Stacheln beschlagen. Lady Amaranth drehte das Paar einige Male vor ihrem ausdruckslosen Gesicht und begutachtete es eingehend. Ironie breitete sich auf ihrem Gesicht aus – und ein Hauch Irritation. Eine unausgesprochene Frage stand in ihren Augen und sie hob betont belustigt die feinen Brauen. Das ungute Rumoren in meinem Bauch kehrte zurück und ich packte mein Weinglas so fest, dass ich Angst hatte, es zu zerdrücken. Der Graf, sowie die übrigen Gäste hefteten ihre unsicheren, teils ängstlichen Augen auf das grausame Geschenk. Das hieß, mit Ausnahme von Eirwyns Bediensteten. Diese beobachteten mit gespenstischer Zurückhaltung scheinbar unberührt die Situation. Erschrocken bemerkte ich, wie ein eiskaltes Funkeln in den Augen des Bräutigams aufglomm. Auch Graf Hektor schien dies trotz seiner Schwäche nicht zu entgehen, denn er lenkte nun die Aufmerksamkeit seiner Tochter auf sich.
    »Mein Herz«, sagte er behutsam in die penetrante Stille hinein. Seine Stimme bebte, doch Eirwyns meerfarbene Augen spiegelten einzig und allein das kalte Antlitz ihrer Mutter wieder, deren Ringen um Fassung nur jenen auffallen sollte, die sie so gut kannten, wie ich. Ohne jede Regung sahen Mutter und Tochter einander an, sie blinzelten nicht einmal.
    »Eirwyn!«, bellte nun Hektor mit erhobener Stimme.
    Endlich rührte sich meine dunkle Lilie. Ein Ruck ging durch ihren Körper, als erwache sie gerade eben unsanft, und sie schob ihr Gesicht nahe an das ihrer Mutter. »Was tut man mit einer Verräterin, einer Mörderin, einer Intrigantin?«, fragte sie ruhig und interessiert. »Jemand, der sein eigen Fleisch und Blut verraten hat?« Sie machte einen kleinen Schritt auf Lady Amaranth zu, neigte sich meiner Herrin entgegen. »Der es ausmerzen wollte – für ein wenig Aufmerksamkeit. Der immer nur gelogen und gespielt hat mit allen Menschen in seiner vergifteten Nähe?«
    Mit jedem Satz stieß sie ihre Hand mit dem Ehering gegen die Schulter meiner Herrin und ich nahm mich wie nie zuvor zusammen, um den in mir tobenden Konflikt zu bändigen, der mir
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