Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GK0141 - Irrfahrt ins Jenseits

GK0141 - Irrfahrt ins Jenseits

Titel: GK0141 - Irrfahrt ins Jenseits
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Cora Benson hatte eine Decke über sie gebreitet. Gefühllos blickte die Frau in das Gesicht des Kindes.
    Alice war ein hübsches Mädchen. Sie hatte blondes lockiges Haar und blaue Kulleraugen. Zwei Grübchen zierten ihre Mundwinkel und gaben Alice den Anschein, als würde sie immer lächeln.
    Die gefütterte Jacke hatte Cora dem Kind ausgezogen. Alice trug jetzt nur noch ihren roten Rollkragenpullover und die dunkle Hose. Das Mädchen hielt die Augen geschlossen. Die langen Wimpern berührten beinahe die etwas zu bleiche Gesichtshaut. Alices Atem ging schwach, aber regelmäßig. Sie würde wohl noch zwei Stunden bewußtlos bleiben.
    Leo Lunt saß am Steuer und freute sich diebisch. Der eiskalte Mord bereitete ihm keinerlei Gewissensbisse. »Wir waren wirklich großartig«, sagte er und stieß den Zigarettenrauch durch die Nase aus.
    »Und dabei hättest du dir vor Angst fast in die Hosen gemacht«, erwiderte Cora.
    »Red doch kein Blech. Meine Hand hat nicht ein bißchen gezittert, als ich den Kerl zur Hölle geschickt habe.«
    »Da wir gerade beim Thema sind, Leo. Wo sollen wir den Knaben denn abladen?«
    »Laß uns noch ein paar Meilen fahren, dann stoßen wir ihn in irgendeinen See.«
    Das Gangsterpärchen hatte bewußt nicht die Schnellstraße nach Aberdeen genommen. Sie hätten dann kaum eine Möglichkeit gehabt, den Toten loszuwerden. So aber konnten sie immer von der gut ausgebauten Überlandstraße abbiegen und in wenigen Minuten die oft versteckt liegenden Seen erreichen.
    Der Volvo fraß Meile um Meile. Er bewegte sich durch eine wild romantische Gegend, mit hohen felsigen Bergen, tiefen verschwiegenen Tälern und prächtigen Grasmatten, auf denen noch die letzten Schneereste lagen. Sogar ein Schäfer war schon unterwegs. Er führte seine Herde parallel zur Straße. Zwei gefleckte Hunde umsprangen die Schafe und kläfften sie an.
    Cora Benson hatte die Autokarte auf den Knien liegen und hielt die Strecke, die sie fuhren, genau nach. »Der nächste Ort ist Rockford«, sagte die Schwarzhaarige.
    »Müssen wir da hindurch?«
    »Nein, wir lassen ihn rechts liegen. Ich habe dir den Ort nur genannt, weil er ungefähr auf halber Strecke zwischen Glasgow und Aberdeen liegt.«
    »Dann hätten wir die Hälfte also hinter uns«, sagte Leo.
    »Ich bewundere deinen Scharfsinn.« Manchmal war Leo auch zu blöde, dachte Cora. Aber immerhin konnte er gut schießen, und das wog so manches auf.
    Cora blickte nach draußen. Sie hatten die Schafherde überholt, und die Straße wand sich wie eine riesige graue Schlange durch ein schmales Tal.
    Rechts und links der Fahrbahn türmten sich Felsen hoch. Sie waren mit Gras und Moos bewachsen. Ein museumsreifer Traktor kam dem Volvo entgegen. Der Fahrer warf dem ausländischen Wagen einen mißtrauischen Blick zu.
    Das Tal weitete sich. Die Felsen traten etwas zurück und machten welligem Hügelland Platz.
    Die Dächer eines Dorfes waren zu sehen. Das mußte Rockford sein.
    Und dann – wie aus heiterem Himmel – begann der Motor des Volvos zu stottern.
    »Mist«, sagte Leo Lunt, knüppelte den vierten Gang rein und trat aufs Gaspedal.
    Der Wagen wurde um keinen Deut schneller. Im Gegenteil, die Geschwindigkeit nahm immer mehr ab.
    »Was ist denn?« Cora Renson war aufmerksam geworden. Ihre Stimme klang ärgerlich.
    »Weiß ich doch nicht, verdammt!«
    Der Volvo fuhr inzwischen kaum noch zwanzig Meilen.
    »Sag bloß, wir haben keinen Sprit mehr.«
    »Der Tank ist noch mehr als halbvoll. Daran liegt es nicht«, erwiderte Leo.
    »Wir kommen also nicht bis nach Aberdeen«, stellte Cora trocken fest.
    »Wahrscheinlich nicht.«
    »Das hat uns gerade noch gefehlt.« Cora lachte wütend. »Herje, bin ich denn nur von Idioten umgeben?«
    Leo gab keine Antwort. Er hatte den Wegweiser am Straßenrand gesehen. ›Rockford – one mile‹, stand darauf.
    »Wir fahren in das nächste Dorf und lassen den Wagen nachsehen«, sagte Leo. »Bestimmt wird es dort irgendeine Werkstatt geben.«
    »Aber nicht für einen Volvo.«
    »Auto ist Auto. Sollen die Knaben sich doch was einfallen lassen. Wir geben ihnen ein paar Scheine mehr, und fertig ist die Sache.«
    »Meinetwegen.«
    Leo hatte schon den Blinker betätigt und bog nach rechts in einen schmalen Weg ein.
    »Was machen wir denn mit dem Toten?« fragte Cora.
    »Vielleicht können wir ihn hier irgendwo loswerden.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht. Sieh mal richtig hin, da vorn kommen zwei Radfahrer. Hier ist mehr Betrieb als in Glasgow«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher