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Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Titel: Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel
Autoren: Frl. Krise
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Wehgeheul. «Warum haben wir kein Ausfall?»
    Ach, die guten Vorsätze! Vor den Zeugnissen ist ihre Halbwertzeit noch viel kürzer als zu Silvester.

Ferien im Ausland
    «Was machst du denn in den Ferien?» Meine neue Lieblingsfrage.
    Die Antworten sind ein bisschen eintönig.
    «Wir gehen Türkei/Libanon.» Oder: «Nix.» Selten mal: «Wissen wir noch nicht.»

    Samir aus der Nachbarklasse fliegt nach Istanbul!
    «Eine schöne Stadt», lobe ich.
    «Mm», sagt Samir. «Nee, gefällt mir nicht.»
    «Wieso?», will ich wissen.
    «Ja, ist nur schön so für Urlaub, wegen Meer! Aber ist voll laut und so. Hier gefällt’s mir besser, ist gechillter.»
    Ach.
    «Wir gehen Izmir!»
    «Wir Ankara!»
    Die Kinder freuen sich auf die Cousinen und Cousins, seit dem letzten Urlaub vor zwei oder drei oder vier Jahren sind wieder neue dazugekommen, die sie noch nicht kennen.
    Wenn es da bloß nicht so heiß wäre! Puh, nicht zum Aushalten. Aber mit allen Kindern zusammen draußen auf der Terrasse schlafen, weil es auch nachts nicht abkühlt, das macht voll Spaß.
    Ein bisschen störend ist, dass sie in der Türkei wie Ausländer angesehen werden. Gut, vielleicht nicht direkt wie Ausländer, aber auch nicht wie richtige Türken.
    «Vallah, Frl. Krise, die merken sofort, wo wir herkommen. In Türkei bin ich Alman! Die bescheißen uns genau wie die Touristen auf dem Markt. Ich nehme immer Cousin mit.»
    «Und wer fährt in ‹unser Dorf›?»
    «Ich!» Nesrin wird schwärmerisch. «Ich freu mich so! Aber ist kein Dorf, Frl. Krise! Ist kleine Stadt!» Sie sucht auf der Karte herum. «Wo ist das bloß?» Sie findet es nicht.
    «Ramadan ist dies Jahr in den Ferien! Ist besser in Türkei als hier», berichtet Fuat.
    «Der ganze Ramadan?», frage ich hoffnungsvoll.
    Leider nein, es geht erst am 1. August los, erfahre ich. Na, dann haben wir wenigstens nach den Ferien noch was davon, nämlich unausgeschlafene, übellaunige, hungrige Schüler.
    Aynur hat eine gute Idee: «Fasten Sie mal mit, Frl. Krise, dann merken Sie das nicht so!»
    «Okay», sage ich. «Reicht es, wenn ich damit anfange, wenn ihr wieder da seid?»
    «Ich fahre nicht weg, ich arbeite», sagt Hassan und guckt markig. «Bei mein Onkel.»
    Was und wo bekommen wir nicht heraus, denn Nesrin schreit: «Ich hab’s gefunden!» «Unser Dorf» meint sie. Es ist eine mittelgroße Stadt, wie sich herausstellt.
    «Aber wir fahren auch in ein richtiges Dorf, voll klein, zu Schwester von meine Mutter! Da ist es voll schön, aber ich will nicht immer da wohnen! Die haben da so komische Klos, und da gibt’s voll große Spinnen und Käfer!»
    So, jetzt werden erst einmal alle wilden Tiere der Türkei aufgezählt. Schlangen, Skorpione und was weiß ich alles. Afrika ist echt ein Ponyhof gegen die Türkei! Ein Wunder, dass bisher noch die meisten lebend wiedergekommen sind.
    «Frl. Krise! Und Sie gehen wieder Frankreich? Haben Sie da jemanden?»
    «Nö», sage ich. «Ich habe da keine Tante oder so, falls du das meinst.»
    «Ist doch langweilig, immer Frankreich», findet Fuat.
    «Immer Türkei ist euch ja auch nicht langweilig.»
    «Manchmal ist es langweilig», bestätigt Nesrin. «Vallah, ich freu mich immer, wenn wir da hinfahren, und ich freu mich immer voll, wenn ich zurückkomme. Ich schwör!»
    Und genauso soll es ja auch sein.

Das Ende naht
    «Frl. Krise! Kann das sein, dass mein Arsch eingeschlafen ist?» Gülten ist ehrlich empört über dieses nichtsnutzige Körperteil.
    «Besser der Arsch als der Kopf», sage ich. «Der wacht auch wieder auf, wenn wir gehen.»
    Wir brechen gerade in Richtung Eisdiele auf. Eine Stunde Bio haben wir immerhin schon hinter uns, mit Ordneraufräumen und der Klärung der lebenswichtigen Frage, ob Küssen gesund sei.
    Wie wir darauf kamen?
    Ich fragte Emre endlich danach, wie eigentlich damals die Geburtstagsüberraschung für seine Freundin ausgegangen sei. Emre geriet daraufhin in Verzückung, konnte uns aber nicht erklären, wie das mit den Kerzen im Wasser funktioniert hat. Nur dass die ein Herz um das Boot gebildet haben, wusste er zu berichten. Waren das nun LED-Lichter oder richtige Kerzen? Tauchten sie aus dem Wasser auf? Welche Farbe hatten sie? Er schüttelte den Kopf. Was hatte seine Freundin an?
    «Ein schwarzes Kleid, und die Haare hatte sie zu Locken.» Wenigstens etwas.
    Gab es Musik?
    «Ja.»
    Welche?
    Schulterzucken.
    «Der hatte was anderes zu tun, als auf solche Dinge aufzupassen, Frl. Krise!», behauptet Gülten.
    «Habt ihr
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