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Gewitter über Pluto: Roman

Gewitter über Pluto: Roman

Titel: Gewitter über Pluto: Roman
Autoren: Heinrich Steinfest
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Keine von den bekannten Ketten,
sondern eine Bäckerei Nix . Netter Name, dachte
Lorenz. Mehr dachte er nicht. Hätte er jedoch über die neuesten Erkenntnisse
und Entwicklungen bezüglich der äußeren Zone unseres Sonnensystems Bescheid
gewußt, wäre er doch sehr verblüfft gewesen ob dieses Namens. Beziehungsweise
hätte er begriffen, daß sein Eindruck, an einem Faden zu diesem Lokal
hingeleitet worden zu sein, mehr als ein bloßes Gefühl bedeutete. Es war
nämlich so, daß die NASA – auch so eine Abkürzung, hinter der eigentlich nur eine
Verschwörung stecken kann –, daß die NASA also erst im Oktober 2005 die Entdeckung
zweier weiterer Plutomonde verlautbart hatte. Und daß im Juni 2006 die IAU
(dieselben Mafiosi, dank derer Pluto um seinen Planetenstatus gebracht worden
war) dem größeren der beiden kleinen Monde den Namen Nix gegeben hatte. Der Name bezog sich auf Nyx, die Königin der Nacht. Allerdings
hieß so bereits ein Asteroid mit der Nummer 3908. (Das war, als wäre eine
kleine häßliche Rauhhaardackeldame mit einer vierstelligen Steuernummer auf den
Namen Madonna getauft worden, bevor noch eine nicht
minder rauhhaarige amerikanische Sängerin auf diese Idee hatte kommen können.)
Jedenfalls war man gezwungen gewesen, das »y« durch ein »i« zu ersetzen, um
diesen Namen verwenden zu können. Worauf man keinesfalls hatte verzichten
wollen, da die Göttin der Nacht auch als die Mutter von Charon fungierte, jener
Charon, nach welchem Plutos größter Mond benannt war.
    Wenn man nun bedachte, daß es die Bäckerei Nix gar
nicht mehr gab und deren Gründung mindestens ein paar Jahre zurückliegen mußte,
als niemand hatte ahnen können, daß dort oben zwei weitere Plutomonde
existierten und man aus einem mythologischen Zusammenhang heraus bei der
Namensgebung des einen Mondes orthographisch ein wenig würde schummeln müssen,
und wenn man zudem bedachte, daß Lorenz Mohn erst kurz zuvor auf die Idee
gekommen war – aber eben noch weit weg von diesem Ort –, seinen zukünftigen
Kurzwarenladen Plutos Liebe zu nennen, ja dann mußte
einem der Gedanke kommen, daß es so etwas wie eine ordnende Kraft gab, eine
Kraft, die Zufälle hervorbrachte, die dann also gar keine Zufälle waren.
    Doch wozu? Nur, weil Ordnung schöner war als Unordnung? Oder steckte
vielleicht sogar eine Bösartigkeit dahinter, ein raffiniertes Manöver, mit dem
Ziel irgendeiner Zerstörung oder Demütigung?
    Es war wohl besser, daß Lorenz den Nix-Nyx-Charon-Pluto-Zusammenhang
nicht erkannte. – Besser für wen?
    Am nächsten Tag rief Lorenz einen Freund an, von dem er
wußte, daß er hin und wieder mit Claire Montbard zu tun hatte.
    Â»Ich würde dir nicht empfehlen, dich mit dieser Frau einzulassen«,
sagte der Freund.
    Â»Wie?« staunte Lorenz. »Aber du hast dich doch auch mit ihr
eingelassen!«
    Â»Na, warum glaubst du, daß ich dich warne?«
    Â»Was ist denn so schrecklich an ihr?« fragte Lorenz.
    Â»Das kann man nicht erklären«, antwortete der Freund. »Man muß es
selbst herausfinden. Oder es bleibenlassen. Wozu ich dir nur raten kann. Es ist
nicht nötig, alles zu wissen.«
    Lorenz ignorierte die Warnung und verlangte eine Telefonnummer.
    Â»Du denkst wohl, jeder hat ein Recht auf sein eigenes Unglück«,
meinte der Freund.
    Was Lorenz aber wirklich dachte, war, daß Montbards unheimlicher Ruf
eine bloße Legende darstellte. Etwas, mit dem Leute, die sie kannten, ein wenig
angeben konnten. Ohne etwas Konkretes in der Hand zu haben. Das Konkrete
existierte einfach nicht. (Wie so häufig. Die meisten Ereignisse, die
kolportiert werden, sind pure Erfindung. Würde man sich die Mühe machen und
einmal nachrechnen, könnte man feststellen, daß viel Berichtetes zeitmäßig gar
nicht möglich ist, etwa Politiker, welche das und das dort und dort gesagt
haben sollen. Leute, die gleichzeitig bei einer Grundsteinlegung dabei sind und
im Bundestag reden. Als verfügten sie über professionelle Doppelgänger.)
    Â»Also gut«, servierte der Freund ein Seufzen. »Ich gebe dir eine
Nummer, mit der du es versuchen kannst: 134340.«
    Â»Danke dir«, sagte Lorenz.
    Â»Wofür?« Der Freund legte auf.
    Sofort gab Lorenz die sechs Ziffern ein. Ein Mann meldete sich mit
einem »Ja!«, welches genügend Energie
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