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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht
Autoren: Veronica Rossi
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schlucken, da er plötzlich einen Kloß im Hals spürte. Die Erinnerung an den Tod seines Bruders ließ ihn nachts wach liegen. Manchmal, wenn er allein war, raubte sie ihm förmlich den Atem. Sanft nahm er Arias Hand von der Kette und verschränkte seine Finger mit ihren. »Später«, sagte er. Sie hatten einige Monate nachzuholen. Er wollte mit ihr über ihre Mutter sprechen, hatte sie trösten wollen, seit Roar ihm die Nachricht überbracht hatte. Aber nicht jetzt, da er sie gerade erst wiederhatte. »Später … In Ordnung?«
    Aria nickte und schaute ihn mit einem warmen, verständnisvollen Blick an. »Später.« Dann drehte sie seine Hand um und betrachtete die Narben, die Cinder ihm verpasst hatte. Blass und wulstig wie Wachsspuren, erstreckten sie sich gleich einem Netz von den Fingerknöcheln bis zum Handgelenk. »Bereiten sie dir noch immer Schmerzen?«, fragte sie und fuhr mit dem Finger darüber.
    »Nein. Sie erinnern mich an dich … als du die Wunden verbunden hast.« Er senkte den Kopf und legte seine Wange an ihre. »Da hast du mich zum ersten Mal ohne Widerwillen berührt.«
    Ihr Duft war jetzt überall, strömte durch ihn hindurch, wühlte ihn auf und besänftigte ihn gleichzeitig.
    »Hat Roar dir erzählt, was ich vorhabe?«
    »Ja.« Perry richtete sich auf und schaute nach oben. Er konnte die Ätherströme zwar nicht sehen, aber er wusste, dass sie über den Wolken wirbelten. Mit jedem Winter wurden sie heftiger und brachten Feuer und Zerstörung. Perry wusste, dass es noch schlimmer werden würde. Das Überleben seines Stammes hing davon ab, jenes Land ausfindig zu machen, von dem es hieß, es gäbe dort keinen Äther – dasselbe Land, das auch Aria suchte. »Er sagte, du würdest versuchen, die Blaue Stille zu finden.«
    »Du hast Bliss ja gesehen.«
    Er nickte. Auf der Suche nach Arias Mutter waren sie gemeinsam bis zu dieser Biosphäre vorgedrungen, aber der Äther hatte sie zerstört. Kuppeln, so groß wie Hügel, waren eingestürzt, drei Meter dicke Wände zerdrückt wie Eierschalen.
    »Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Gleiche mit Reverie passiert«, fuhr Aria fort. »Die Blaue Stille ist unsere einzige Chance. Alles, was ich gehört habe, jede Information, weist in Richtung der Hörner. Zu Sable.«
    Perrys Puls beschleunigte sich bei der Erwähnung dieses Namens. Seine Schwester Liv hätte den Kriegsherrn der Hörner im letzten Frühling heiraten sollen, aber sie hatte gekniffen und sich aus dem Staub gemacht. Seither war sie nicht wieder aufgetaucht. Er würde sich schon sehr bald mit Sable auseinandersetzen müssen.
    »Die Stadt der Hörner ist noch immer vom Eis eingeschlossen«, erklärte er. »Wir können Rim erst wieder erreichen, wenn der Pass im Norden auftaut, und das dürfte noch ein paar Wochen dauern.«
    »Ich weiß«, bestätigte Aria. »Aber ich dachte, er wäre vielleicht inzwischen frei. Sobald das der Fall ist, ziehe ich nach Norden.«
    Plötzlich trat sie abrupt einen Schritt zurück und sondierte den Wald, wobei sie den Kopf blitzschnell zur einen und dann zur anderen Seite drehte. Perry war dabei gewesen, als sie festgestellt hatte, dass sie eine Horcherin war … Jedes Geräusch eine neue Entdeckung. Jetzt sah er zu, wie sich ihre Aufmerksamkeit vollkommen automatisch auf die Klänge der Nacht richtete.
    »Da kommt jemand.«
    »Das ist Reef«, sagte Perry, »einer meiner Männer.« Es konnte unmöglich schon eine Stunde vergangen sein. »Und es sind noch mehr in der Nähe.«
    Perry spürte, wie Arias Stimmung schlagartig sank, wie eine frische, kühle Brise. Im nächsten Moment setzte fast sein Herzschlag aus, denn er hatte sich seit Monaten nicht mehr so mit einem anderen Menschen verbunden gefühlt. Seit ihrem letzten Zusammensein.
    »Wann kehrst du zurück?«, fragte sie.
    »Bald. Morgen früh.«
    »Ich verstehe.« Ihr Blick wanderte von ihm zu der Kette um seinen Hals. Ihre Miene wirkte von Sekunde zu Sekunde distanzierter. »Die Tiden brauchen dich.«
    Perry schüttelte den Kopf. Sie verstand eben nicht. »Ich bin nicht hier, um dich nur einmal kurz zu sehen, Aria. Komm mit mir zu den Tiden. Hier draußen bist du nicht sicher, und …«
    »Ich brauche keine Hilfe, Perry.«
    »Das wollte ich damit auch nicht sagen.« Er war zu verwirrt, um seine Gedanken zu ordnen.
    Bevor er noch mehr sagen konnte, wich Aria einen weiteren Schritt zurück, die Hände auf den Messergriffen an ihrem Gürtel. Wenige Sekunden darauf trat Reef aus dem Wald und zog die breiten
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