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Geständnis unterm Mistelzweig

Geständnis unterm Mistelzweig

Titel: Geständnis unterm Mistelzweig
Autoren: Emilie Richards
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wurde. Doch wenn Weihnachten vorüber war, konnte Chloe sicher sein, dass alle ein noch weit wichtigeres Geschenk erhalten hatten. Sie waren zu Mut, Initiative und Selbstbestimmung angeregt worden.
    Chloe legte das Sparbuch wieder in die Schublade, stieg ins Bett und schaltete das Licht aus. Sie wusste, dass sie richtig handelte, und was am besten für die Mädchen war. Ganz gleich, was Egan dachte, sie musste ihrem eigenen Instinkt folgen.
    Chloe schloss die Augen und sah einen Weihnachtsmann mit goldenem Haar, mit zärtlichen Händen und einem großen Herzen vor sich. Sie legte sich auf die Seite und spürte seine warmen Lippen an ihrer Nasenspitze. Sie drehte sich auf die andere Seite und horte einen volltönenden Bariton bitten, einem Haus voller schwieriger, seelisch geschädigter Kinder die Weihnachtsgeschenke geben zu dürfen, die sie sich gewünscht hatten.
    Chloe schlief nicht sofort ein. Aber als sie es tat, träumte sie von unzähligen Kätzchen.

2. KAPITEL
    “B unny bekommt zwei weitere Punkte, Heide vier, Mona …” Chloe blickte zu Martha auf, der Hauptberaterin, und verzog das Gesicht. “Keine.”
    “Damit du es nur weißt: Mona sagt, falls wir versuchen, sie aus ihrem Zimmer auszuquartieren, wird sie dafür sorgen, dass wir das bereuen.”
    “Wir sind größer als sie.” Chloe sah an ihrem schlanken Körper hinunter. “Ein kleines Stück jedenfalls.”
    “Nun, wie dem auch sei, aber wenn sie so weitermacht, wird sie das Privileg verlieren, im Ostflügel zu wohnen.”
    “Ich weiß.” Die Zimmer im Heim wurden nach Alter und Punktzahl vergeben. Im Ostflügel waren größere Einzelzimmer. Wer dort unterkommen wollte, musste sich das verdienen, indem er im Haus half und in der Schule gut mitarbeitete. Weil der zusätzliche Platz und die Privatheit von allen geschätzt wurden, bestand ein großer Anreiz für jedes der Mädchen, sein Bestes zu geben.
    Sie konnten außerdem zusätzliches Taschengeld und andere Vorzüge, wie Kinobesuche oder Ausflüge auf die Schlittschuhbahn, durch gutes Benehmen und harte Arbeit verdienen. Es war nicht immer so gewesen.
    Bevor Chloe vor zwei Jahren die Leitung des Heims übernommen hatte, gab es nur wenige Regeln und kaum Anreize. Das Heim stand dicht davor, vom Staat geschlossen zu werden. Das Haus war heruntergekommen, die Mitarbeiter zeigten keine Begeisterung, die Bewohnerinnen waren schrecklich. Dann kam Chloe. Unter den argwöhnischen Blicken des Personals, der Bewohnerinnen und des Verwaltungsrats hatte sie sich an die Arbeit gemacht. Sie hatte viel umorganisiert und neue Geldquellen erschlossen. Damals hatte sie vier Stunden Schlaf pro Nacht als Luxus angesehen.
    Inzwischen war ihr oft genug versichert worden, sie habe ein Wunder bewirkt. Aber sie kannte sich mit Wundern aus. Es gab sie nicht.
    “Willst du mit Mona reden, oder soll ich das übernehmen?” fragte Martha. Martha war eine ältere Frau, die vier eigene Kinder großgezogen hatte, bevor sie das College besuchte. Sie behauptete, es gebe nichts, was ein Kind ihr sagen könne, das sie nicht vorher von ihren eigenen Kindern gehört habe. Die Bewohnerinnen hatten schon vor langer Zeit den Versuch aufgegeben, sie zu schockieren.
    “Ich werde mit ihr reden.” Chloe stand auf und reckte sich. Ihre Glieder schmerzten. Am Tag vorher hatte sie mit Egan und sechs Mädchen den ganzen Nachmittag damit verbracht, eine Schneeburg zu bauen. Jetzt erinnerte sie sich an Muskeln, die sie längst vergessen hatte. “Wenn ich heute Abend zurück bin.”
    “Du gehst aus?”
    Chloe schaute auf den Schreibtisch. “Ich habe Egan versprochen, mit ihm seine Eltern zu besuchen.”
    “Oho, das klingt aber ernst.”
    “Martha …” Chloe sah ihre Kollegin zurechtweisend an.
    Martha, die auch durch ein Diätprogramm die überschüssigen sechzig Pfund nicht losgeworden war, ließ sich nicht einschüchtern. “Er ist ganz verrückt nach dir.”
    “Es ist nur eine Einladung zum Abendessen.”
    “Und du bist verrückt nach ihm.”
    “Woher willst du das wissen?”
    “Du wirst ganz sanft, wenn du ihn ansiehst. Du schmilzt dahin wie ein Sahnebonbon auf der Zunge.”
    “Das ist doch lächerlich.”
    “Pass gut auf, dass er dir zu Weihnachten nicht einen Ring schenkt.”
    Chloe dachte über Marthas Warnung nach, als sie kurze Zeit später vor dem Haus auf Egan wartete. Sie stand draußen, denn wenn Egan erst ins Haus kam, würden sie sich bestimmt verspäten. Es gab kein Mädchen im Haus, das sich die Gelegenheit
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