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Gesichter der Nacht

Gesichter der Nacht

Titel: Gesichter der Nacht
Autoren: Jack Higgins
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Er knickte in den Knien ein, ließ sich mit
einem Purzelbaum abrollen. Harris drehte sich um und feuerte wild
drauflos. »Jetzt hab' ich dich, du Schwein!« brüllte
er. »Jetzt hab' ich dich!«
      Marlowe wandte sich verzweifelt zur Seite und griff
nach dem Ölkanister, in dem das Feuer brannte. Ein
Streifschuß traf ihn an der Schulter. Er schloß die
Hände um den Kanister, drehte sich um, hob den Kanister empor und
warf ihn Harris ins Gesicht.
      Mit einem gräßlichen Aufschrei taumelte
Harris zurück. Die Pistole fiel ihm aus den Fingern, und er ging
zu Boden. Er rappelte sich hoch, hastete auf die Tür zu. Seine
Kleider brannten, und er schlug mit bloßen Händen nach den
Flammen. Ein Querbalken versperrte die Tür. Harris schob ihn weg,
riß die Tür auf und verschwand, immer noch schreiend, im
Regen.
      Maria lief Marlowe in die Arme. »O Hugh, Gott
sei Dank! Gott sei Dank!« rief sie und begann zu schluchzen.
      Marlowe berührte sie behutsam und zuckte
zusammen. An seinen Händen bildeten sich Brandblasen, seine Haut
war an mehreren Stellen geschwärzt und aufgeschürft. Er
übergab Mac das weinende Mädchen und wandte sich Faulkner zu.
    Faulkner atmete unregelmäßig.
Als Marlowe neben ihm in die Knie ging, floß ein dünner
Faden Blut aus seinem Mund. Er grinste matt und sagte: »Du bist
ein schlauer Hund, Marlowe. Viel heller als der Durchschnitt. Ich hab's
ja immer schon gesagt.«
      Faulkner schloß die Augen. Ein Zucken durchlief
seinen Körper, und Marlowe schüttelte ihn. »Faulkner,
wer hat dir verraten, daß ich mich in Litton verstecke?
Masters?«
      Faulkner schlug die Augen wieder auf und betrachtete
Marlowe mit der Andeutung eines Lächelns. »Großer Gott
– nein«, sagte er. »Eine Bekannte von dir, ein
flachsblondes Mädchen. Hieß O'Connor, glaube ich. Ich habe
neulich in einem Restaurant in der Shaftesbury Avenue
gefrühstückt, da ist sie reingekommen und direkt auf mich
zugegangen und hat mich gefragt, ob ich dich kenne.«
      Marlowe merkte, daß sich neben ihm etwas
bewegte. Er wandte sich zur Seite und blickte in Masters' Gesicht.
Marlowe schüttelte den Kopf. »Den hat's erwischt«,
sagte er.
      Als er sich wieder umdrehte, lächelte Faulkner
dünn. »Armer Hugh. Trau den Weibern nicht – wie oft
hab' ich dir das gesagt! Aber du warst immer weichherzig unter deiner
rauhen Schale.« Er fing an zu lachen. »Es ist wirklich
verdammt komisch.« Plötzlich hustete er, und ein Schwall von
hellem Blut schoß ihm aus dem Mund. Dann fiel sein Kopf zur
Seite.
      Marlowe erhob sich langsam. Widerstreitende
Gefühle tobten in ihm. Er spürte eine Hand auf seiner
Schulter, wandte sich um und blickte in Macs bekümmerte Augen.
»Er hat gelogen, Hugh«, sagte der Jamaikaner. »Er
muß gelogen haben. Miß Jenny würde so was nie
machen.«
      Marlowe schüttelte den Kopf. »Nein, er hat
nicht gelogen, Mac. Man lügt nicht, wenn man stirbt. Weil man
nicht genau weiß, was danach kommt.«
    Er legte Maria den Arm um die Schultern
und brachte sie zur Tür. Masters lief neben ihnen her. »Tut
mir leid, Marlowe«, sagte er. »Wir waren zu
mißtrauisch. Wir haben Ihnen einfach nicht geglaubt, bis Sie mit
dem Geld über alle Berge sind. Dann hat Alpin einen Blick auf die
Karte geworfen und den Kreis gesehen, den Sie um die Garvald-Mühle
gezogen haben. Er hat ein paar Leute zusammengetrommelt, und wir haben
beschlossen, hier vorbeizuschauen.«
    »Was ist mit Harris?« fragte Marlowe.
      Masters zuckte die Achseln. »Dem geht's nicht
besonders. Wird gerade ins Krankenhaus gefahren.« Er
schüttelte den Kopf. »Diese Verbrennungen haben übel
ausgesehen.«
      Marlowe zog die Schultern hoch. »Mir tut er
nicht leid. Er hat Faulkner erstochen, und er wollte Mackenzie und das
Mädchen umbringen. Ich mußte etwas ziemlich Drastisches
unternehmen.«
      Masters seufzte. »Ja, und das haben Sie auch
getan. Bei Ihnen scheint es immer so auszugehen, daß Sie etwas
ziemlich Drastisches unternehmen, wie?«
      Sie kamen zu den beiden Streifenwagen, die am Waldrand
parkten, und Alpin trat mit trauriger Miene näher. »Na, da
haben Sie uns ja zu einiger Abwechslung verholfen.« Er richtete
den Blick auf Marlowes Verletzung an der Schulter und schnalzte mit der
Zunge. »Dagegen sollten wir was machen. Ich möchte,
daß Sie überleben, bis Sie all meine Fragen beantwortet
haben.«
      Maria und der Jamaikaner stiegen in den Fond des einen
Streifenwagens, Marlowe stand gegen die Tür gelehnt.
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