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Gesichter der Nacht

Gesichter der Nacht

Titel: Gesichter der Nacht
Autoren: Jack Higgins
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Becken. Als der erste
Schuß knallte, hechtete er ins Wasser und tauchte in die
Röhre hinein. Seine Finger tasteten wild nach den Steinen. Dann
war er draußen und kam wieder an die Oberfläche.
    Es war keine Zeit zu verlieren. Er
löste sich von der Mauer und ließ sich am Mühlrad
vorbeitreiben. Die Strömung trug ihn jetzt aufs Ufer zu. Er packte
einen Ast, der in den Fluß hing, und zog sich aus dem Wasser.
      Er stand vor einem steinernen, an die Mühle
gelehnten Nebengebäude. Ein Stück darüber klafften die
unteren Fenster – wie blinde Augen. Marlowe setzte zum Sprung an.
Seine Finger schlossen sich fest um die Dachkante, und er hievte sich
hoch.
      Das erste Fenster befand sich nur neunzig Zentimeter
über dem Flachdach des Nebengebäudes. Die Scheibe war schon
längst eingeschlagen. Im Nu war Marlowe im Hauptgebäude. Er
fand sich in einem leeren, verwahrlosten Raum wieder, ging rasch zur
Tür und öffnete sie. Ein schmaler Flur. An seinem Ende eine
Tür, die schief in den Angeln hing. Marlowe hörte Stimmen und
ging auf Zehenspitzen durch den Raum, auf ein rundes Fenster zu. Und
nun blickte er auf den Heuboden des Gebäudes, das er eben so
überstürzt verlassen hatte.
      Faulkner stand beim Feuer, die Pistole drohend auf
Maria und den Jamaikaner gerichtet. Harris fluchte aus vollem Hals.
»Das Schwein hat uns ausgetrickst«, tobte er. »Der
hatte keine Sekunde vor, uns das Geld zu geben.«
      »Halt die Klappe«, sagte Faulkner.
»Und laß mich nachdenken.« Harris drehte sich um,
heftete den Blick auf Maria. Er zog sein Schnappmesser aus der Tasche
und ging auf sie zu. »Ich werde dafür sorgen, daß es
ihm leid tut«, sagte er bösartig. »Er wird seine
Freundin nicht wiedererkennen, wenn ich mit ihr fertig bin.«
      Mac sprang auf und stellte sich schützend vor
Maria. »Rühr' sie ja nicht an. Sonst schlag' ich dir die
Visage ein – und wenn es das letzte ist, was ich mache in meinem
Leben.«
      Faulkner richtete die Pistole jetzt auf Harris und
sagte: »Hör auf mit dem Quatsch, du Idiot. Das bringt uns im
Moment auch nicht weiter.«
    Marlowe kletterte durch das runde Fenster
und stieg behutsam auf den Heuboden. Die Bohlen knarrten ein wenig.
Marlowe duckte sich und arbeitete sich auf allen vieren bis zur Kante
vor.
      Harris und Faulkner führten einen erbitterten
Wortwechsel. Marlowe sah sich verzweifelt nach etwas um, das er als
Waffe gebrauchen konnte. Und plötzlich fuhren draußen Wagen
vor.
      Faulkner sprintete zur Tür, schaute hinaus. Dann
drehte er sieh mit bleichem Gesicht um und sagte knapp: »Die
Bullen. Und ausgerechnet Oberinspektor Masters.«
      Masters erhob vor dem Gebäude die Stimme. »Marlowe, sind Sie da drin?«
      Mac schrie, so laut er konnte: »Passen Sie auf! Hier ist ein Mann mit Pistole!«
      Kurzes Schweigen. Dann Alpins Stimme: »Wenn Sie
nicht hoffnungslos dumm sind, werfen Sie die Waffe weg und kommen
raus.«
      Faulkner begann zu lachen. Er holte ein elegantes
Zigarettenetui aus der Tasche, entnahm ihm eine Zigarette und
zündete sie mit einem Goldfeuerzeug an. »Es ist wirklich
komisch«, sagte er.
    Harris fluchte. »Von wegen komisch. Wir müssen hier weg.«
      Faulkner schüttelte milde den Kopf. »Das
ist das Problem mit Leuten wie dir, Harris. Ihr wißt nie, wann
man aufgeben muß. Ich weiß es.«
      Harris starrte ihn verwundert an und sagte
wütend: »Aufgeben? Warum denn? Wir haben die Knarre, und wir
haben das Mädchen als Geisel. Wir können hier ohne Probleme
raus.«
      Faulkner warf ihm einen mitleidigen Blick zu. »Das funktioniert nicht mal im Kino«, sagte er.
      Er drehte sich um und ging auf die Tür zu. Harris
jagte ihm nach. Er ließ sein Messer aufschnappen und stieß
es Faulkner in den Rücken.
    Als Faulkner zu Boden sackte, geschahen
mehrere Dinge auf einmal. Maria schrie gellend. Die Polizei versuchte,
die Tür aufzubrechen. Das Holz quietschte.
      Harris hob die Pistole auf, die Faulkner aus der Hand
gefallen war, und ließ einen Schuß auf die Tür los. Er
hatte Schaum vor dem Mund, kicherte wie irr. Dann gab er noch zwei
Schüsse auf die Tür ab.
      Die Knallerei hörte abrupt auf. Harris fuhr sich
mit der Hand über die Augen und wandte sich um. Er heftete den
Blick auf Maria und den Jamaikaner. Ein furchtbarer Ausdruck erschien
in seinem Gesicht. Als er die Waffe hob, schrie Marlowe: »Hier
bin ich, Harris!« und sprang vom Heuboden.
      Die Wucht des Aufpralls erschütterte seinen
ganzen Körper.
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