Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesichter der Nacht

Gesichter der Nacht

Titel: Gesichter der Nacht
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
weil du's ihr
gesagt hast.«
      Marlowe konnte es immer noch nicht glauben.
»Aber warum das alles?« fragte er. »Und was war mit
O'Connor?«
    Monaghan zuckte die Achseln und tastete
vorsichtig seinen Hals ab. »O'Connor war mit ihr
verheiratet«, sagte er. »Sie hat bei einer billigen
Strip-Show unter ›ferner liefen‹ gearbeitet. Ist in
Birmingham aufgetreten, und da hat O'Connor sie gesehen. Hat keine
Woche gedauert, bis sie verheiratet waren. Er hat ihr versprechen
müssen, daß er's geheim hält. Er war verrückt nach
ihr. Er wäre auf dem Bauch von hier nach London gerutscht, wenn
sie's ihm angeschafft hätte. Vorher war er nur ein kleines Licht. Sie hatte
die Ideen. Sie hat ihn dazu gebracht, daß er in den
Großhandel eingestiegen ist. Na ja, und ein paar andere Sachen
hat er auch noch angefangen.«
      Marlowe war wie betäubt. Aber er konnte
seltsamerweise klar denken. »Was ist an dem Abend passiert, an
dem du die Bremsen von meinem Lastwagen unbrauchbar gemacht
hast?«
      Monaghan zog die Schultern hoch. »Sie hat
gemeint, du würdest in der Nacht nach London fahren. Sie wollte
dich aus dem Weg haben, damit ich mir den Lastwagen vornehmen
konnte.«
      Marlowe packte den Iren mit der linken Hand.
»Das ist alles, was ich wissen wollte, du Drecksau.« Er
ballte die rechte Hand zur Faust und schmetterte sie Monaghan wieder
und wieder ins Gesicht.
      Durch das Rauschen des Regens drang plötzlich der
hohe, schrille Laut einer Trillerpfeife. Marlowe ließ den Iren
los – er hatte inzwischen das Bewußtsein verloren –
und kletterte die Böschung hinauf. Als er über den Zaun
stieg, blickte er zurück und sah, wie drei Polizisten über
die Gleise auf den Güterzug zuliefen.
      Es war jetzt fast vollständig dunkel. Marlowe
rannte den Bürgersteig entlang, bog in die erste
Seitenstraße, spurtete weiter. Die Polizei konnte später mit
ihm reden, wenn sie wollte. Aber nicht jetzt. Er mußte mit Jenny
O'Connor abrechnen.
      Marlowe rannte weiter, an den gelben Laternen vorbei,
durch die Straßen, die wie ausgestorben dalagen im Regen. Nach
einigen Minuten kam er auf den Marktplatz. Er zögerte einen
Moment. Dann lief er in die Straße, die zu Jennys Wohnung
führte.
      Im Hof war alles still. In der Wohnung brannte kein
Licht. Marlowe drückte die Klingel und läutete Sturm. Keine
Reaktion.
    Er drehte sich fluchend um und lief den
Weg zurück, den er gekommen war, über den Platz, auf das
Lagerhaus zu. Furcht hatte von ihm Besitz ergriffen. Vielleicht war
Jenny nicht mehr da. Vielleicht kam er zu spät.
      Die Fassade des Lagerhauses war dunkel. Als Marlowe
auf die Laderampe stieg, fand er die kleine Seitentür so vor, wie
er sie hinterlassen hatte: zersplittert und schief in den Angeln
hängend.
      Er trat ein, stand im Dunkel. Ein Lichtstreifen war
unter einer Tür am anderen Ende des Raumes zu sehen. Marlowe ging
leise darauf zu, verharrte einen Augenblick, lauschte. Nichts. Er
öffnete die Tür.
      Und nun war er in der Garage an der Rückseite des
Gebäudes. Vor ihm ein großes Tor, das offen stand. Eine
Betonrampe fiel steil zu einer Ladebühne ab. Während Marlowe
um sich schaute, dröhnte plötzlich ein Motor und ein
Lastwagen fuhr durchs Tor und stoppte auf der Rampe. Jenny O'Connor
blickte Marlowe einige Sekunden verdutzt an. Dann stellte sie den Motor
ab, zog die Handbremse an und sprang aus dem Fahrerhaus.
      Sie trug eine schwarze Lederjacke und enge Jeans. Ihr
Haar schimmerte im harten Weißlicht der Lampe. Sie sah schön
und begehrenswert aus. Ein seltsames Lächeln kräuselte ihre
Lippen. »Na, Hugh, was gibt's?«
    »Du verdammtes Miststück«, sagte Marlowe tonlos.
      In ihren Augen flackerte etwas auf. »Du
weißt es also?« Sie lachte. »Armer Hugh, du warst dir
so sicher. Du hast auf deine Kraft gebaut – in jeder Hinsicht.
Aber ich habe einen Esel aus dir gemacht, wie?«
      Marlowe schüttelte langsam den Kopf.
»Dieses ganze Geschwätz über deinen Vater«, sagte
er. »Alles gelogen. Und die Geschichten, die du mir über
O'Connor erzählt hast.« Er schnaubte angewidert. »Und
mit diesem Fettsack hast du geschlafen.« Er schüttelte
erneut den Kopf. »Was bist du nur für eine Frau?«
    Zorn flammte in ihrem Blick. »Ich
bin in London geboren, in einer winzigen Wohnung in Poplar«,
begann sie. »Für dich hat das wahrscheinlich nicht viel zu
sagen, aber für mich eine ganze Menge. Fünf in einem Bett.
Dreck, Verkommenheit und Armut.« Sie schüttelte den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher