Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichten aus der Müllerstraße

Geschichten aus der Müllerstraße

Titel: Geschichten aus der Müllerstraße
Autoren: be.bra Verlag , Hinark Husen , Robert Rescue , Frank Sorge , Volker Surmann , Heiko Werning
Vom Netzwerk:
entschlossen, mir das ganze Programm zu bieten. Ich wand mich vor Vorfreude, als ich lächelnd antwortete: »Doch, doch, ich brauche das.«
    »Und morgen woll’n Se los, oder was, und dann woll’n Se das womöglich jetzt sofort mitnehmen, oder wie?« Sie starrte mich an.
    »Ganz genau!« Ich strahlte. Sie holte tief Luft.
    »Und damit komm’ Se mir eine Stunde vor Schluss hier an? Junge, Junge, was glauben Se denn, was wir hier sind!«
    »Auf Ihrer Homepage steht, dass es den Internationalen Führerschein gleich zum Mitnehmen gibt!«
    »Was’n für ’ne Homepage?«
    »Im Internet!«
    »Ach, dit Internet. Glauben Se mir, junger Mann, da steht ’ne ganze Menge drin! Allerhand sogar! Dis sollten Se nu wirklich nich’ alles für bare Münze nehmen.«
    »Im Internet steht, dass es den Internationalen Führerschein gleich zum Mitnehmen gibt!«, beharrte ich fröhlich.
    »Junger Mann, woll’n Se mir verscheißern? Im Internet steht auch, dass Sie hier im Voraus Termine per Mehl vereinbaren können.«
    »Ja, stimmt, das habe ich auch probiert, das funktioniert aber gar nicht.«
    Sie sah mich entgeistert an. »Junger Mann, sind Se neu hier? Wo komm’ Se denn her …?«, sie schaute auf meinen Ausweis, »… aus Münster? Ach, wie die Spaßvögel vom
Tatort
ja, na, Sie sind wohl auch so’n ganz Lustiger, wa? Behördentermin per Mehl, Mann, Mann, Mann, wo leben Se denn?« Ich wand mich vor Wonne. Gut so!
    »Gib mir mehr davon!«, wollte ich schon rufen, fragte dann aber lieber doch: »Was ist denn nun? Ich brauche das blöde Ding wirklich heute, sonst kriege ich morgen in Chile kein Auto, der Vermieter da will das nämlich sehen, das steht da in den Vorschriften.«
    Sie schüttelte nur mit dem Kopf, knurrte irgendwas in Richtung »Sachen jibt’s, also echt«, dann sagte sie: »Kost aber zwanzig Euro.«
    Na also. Ich wollte mich gerade aufmachen zu dem legendären Kassenautomaten, da fiel mein Blick auf ein großes Schild auf dem Schreibtisch der Frau. Ich traute meinen Augen kaum: »Wir akzeptieren gerne Ihre EC-Karte« stand dort. Und fast hätte ich mein Gegenüber gefragt, ob ich tatsächlich bei ihr mit Karte bezahlen kann, aber jetzt allmählich mussten wir das hier mal zum Abschluss bringen, die Zeit für die zweifellos folgende Könn-Se-nich-lesen?-was-mein’-Se-denn-wozu-das-Schild-hier-steht-Orgie sollte ich uns doch besser ersparen, denn die magische Zwölf-Uhr-Marke nahte. High Noon, bis dahin mussten wir hier fertig sein, wer weiß, was sonst passieren würde. Also legte ich ihr einfach die Karte vor. Sie starrte mich ungläubig an.
    »Was soll dat denn?«
    »Zwanzig Euro! Sie sagten, es kostet zwanzig Euro.«
    »Ja, und was woll’n Se dann mit der Karte hier? Ist doch keine Bank hier! Geh’n Se mal lieber los, die zwanzig Euro zahlen, bald ist hier Feierabend!«
    Ich deutete auf das Schild direkt vor ihr. Sie drehte es zu sich um, las es mit hochgezogenen Brauen, schüttelte kurz fassungslos mit dem Kopf und verkündete: »Dit tut’s sowieso nich’.«
    »Ist die Maschine kaputt?«, fragte ich.
    »Keine Ahnung, hat noch nie funktioniert. Zahlen müssen Se am Kassenautomaten. Dafür isser ja da. Wissen Se, wo der ist?«
    Ich seufzte. »Beim letzten Mal war der in diesem Nebengebäude …«
    »Ganz genau. Dann machen Se mal hin, Sie haben nicht mehr viel Zeit, und der Weg ist weit. Verlaufen Se sich nicht, da ist jetzt so ’ne Baustelle zwischen. Folgen Se einfach den Schildern.«
    Ich rannte los. Der Kassenautomat des Bürgeramtes Wedding steht bestimmt auch unter Denkmalschutz. Aus irgendeinem Grund dürfen die Bürgeramtsmitarbeiter das Geld nicht selbst kassieren. Warum auch immer. Wahrscheinlich eine Regelung aus einer Zeit, als man noch Internationale Führerscheine brauchte. Man muss also zu diesem Kassenautomaten, um dort das Geld einzuwerfen, dann bekommt man einen Bon, mit dem man zum Schalter zurückgeht, um ihn dort abzugeben. Der Kassenautomat steht aber natürlich nicht in der Schalterhalle. Oder davor. Oder im Wartesaal. Der Kassenautomat steht in einem Nebengebäude, das man erreicht, indem man erst durch den Wartesaal und dann durch ein Treppenhaus und dann durch einen langen Verbindungsgang in Form einer überdachten Brücke zum Nebengebäude und dann wieder durch ein Treppenhaus und dann durch einen weiteren Gang und dann durch noch einen Gang und dann durch eine andere Eingangshalle und dann rechts geht. Zwischendurch muss man durch eine Baustelle, da die komplette Decke im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher