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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition)
Autoren: Stephen Fry
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vergessen«, meinte ich zu dem Verkäufer in dem kleinen Lebensmittelladen gegenüber vom Corpus. »Sie haben nicht zufällig Ahornsirup, oder?«
    »Doch, im zweiten Regal, Sir. Gleich über dem Branston.«
    »Wunderbar«, sagte ich. »Der schmeckt nämlich prima auf gebratenem Speck, wissen Sie.«
    Plötzlich hatte ich Lust, in einem Plattenladen vorbeizuschauen. Das neue Album von Oily-Moily mußte in diesen Tagen rauskommen.
    »Oily-Moily? Nie gehört.«
    »Von dir laß ich mir doch nicht auf die Stulle furzen«, sagte ich. »Ich hab all ihre Alben bei euch gekauft. Oily-Moily. Weißt du, Pete Braun, Jeff Webb. Mensch, das ist eine der besten Bands der Welt.«
    »Pete Brown, hast du gesagt? James Brown kann ich dir anbieten.«
    »Nicht O-W … A-U! Braun. Wie die Rasierapparate.«
    »Nie von gehört.«
    Ich zog beleidigt ab. Die würden mich erst wiedersehen, wenn sie Personal mit Hirnpartikeln im Schädel eingestellt hatten.
    Aber als ich über die Straße lief, fiel mir etwas ein. Irgendwann hatte ich ein Porträt im
Q Magazine
gelesen.
     
    Peter Brauns Vater stammte aus Österreich, dem Lande Mozarts und Schuberts. Vielleicht waren deswegen auch Kritiker klassischer Musik Feuer und Flamme für sein Werk und machten sich zum Affen, indem sie einzelne Stücke auf
Open Wide
mit Schuberts
Winterreise
verglichen.
     
    Doktor Schenck hatte eine Patientin namens Braun gehabt.
    Nein, das durfte einfach nicht wahr sein: Ich sollte Oily-Moily verhindert haben? Das wäre einfach zu grausam.
    Aber es paßte auch nicht zusammen. Es hatte
geklappt
. Alles hatte geklappt. Ich war an unseren Ausgangspunkt zurückgekehrt. Das Wasser war nicht getrunken, und Hitlerwar geboren worden. Ich hatte die Bücher bei Leo im Regal gesehen. Double Eddie war wieder schwul, wie es sich gehörte.
    Ein trendy wirkender Student mit Ziegenbärtchen, wie ich auch mal eins in Angriff genommen hatte, kam mir entgegen.
    »Entschuldigung«, sagte ich.
    »Ja?«
    »Was hältst du von Oily-Moily?«
    »Oily-Moily?«
    »Ja. Schon mal was von gehört?«
    »Nee, tut mir leid, Mann …« Er schüttelte den Kopf und ging weiter.
    Ich fragte noch weitere Passanten, hatte die Hoffnung aber schon aufgegeben.
    Oily-Moily waren nicht mehr. Ausgelöscht.
    Ich schleppte mich nach St. Matthew’s zurück, aber der federnde Gang war fort.
    Am Portal lief ich Doktor Fraser-Stuart über den Weg.
    »Aha!« rief er. »Der junge Young. Schau mal einer an. Kommen Sie mit der Dissertation voran?«
    »Der Dissertation?«
    »Vermaledeit sei mein Hut, verdammt seien meine Socken, und meine Hose mögen Sie der Narrheit zeihen, aber spielen Sie nicht das Unschuldslamm. Sie hatten mir für heute Ihre Überarbeitung versprochen.«
    »Ach so«, sagte ich. »Natürlich. Ganz recht. Die liegt bei mir in Newnham. Ich wollte gerade los und sie ausdrucken.«
    »Los und sie ausdrucken? Ja, sind wir denn hier in Amerika? Also bitte
gehen
Sie los und drucken Sie sie aus. Ich erwarte Ihre Arbeit heute nachmittag.
Ohne
blödsinnige Sensationshascherei, möchte ich mir ausbedungen haben.«
     
    Nach einer fruchtlosen Suche nach CDs und Kassetten von Oily-Moily setzte ich mich in Newnham in die Küche und gönnte mir ein Frühstück aus gebratenem Speck, nicht sehrberühmten schottischen Pfannkuchen und glibberig gebliebenem Rührei. Am Ende ertränkte ich alles mit einem Viertelpint Ahornsirup.
    Dank dieser herrlichen Geschmackskombination zufrieden rülpsend, ging ich danach ins Arbeitszimmer und schaltete den Computer ein.
    Das Meisterwerk war da. Mit eingearbeiteten Korrekturen. Säuberlich ausgeführt. Ich fing an zu lesen und gab es nach zwei Abschnitten angeödet wieder auf. Dann kam mir ein Gedanke, und ich lud den Web-Browser.
    Als die PPP-Verbindung stand, gab ich » http://www.princeton.edu« ein und suchte im Menü der Homepage nach einem Studentenverzeichnis. Ich klickte ein obskures Etwas an, das sich »spigot« nannte, und fand mich auf einer neuen Seite namens » http://www.princeton.edu/~spigot/pguide/students . html«.
    Ich suchte nach »Burns«, fand aber nur eine ellenlange Liste todlangweiliger Bibliothekstitel über den schottischen Lyriker.
    Jane war auch nicht zu finden, aber sie lebte sich ja auch gerade erst ein. Ich ging wieder aus dem Internet raus und dachte eine Weile nach. Plötzlich fühlte ich mich einsam und verlassen.
    Über dem Computer stand die Bücherreihe, die ich für die Dissertation gebraucht hatte. Endlose Studien über den Nationalsozialismus,
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