Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition)
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
Fachzeitschriften über Österreich-Ungarn im 19. Jahrhundert, eine dicke, mit Post-its gespickte Ausgabe von
Mein Kampf
. Adolf Hitlers Foto auf dem Umschlag von Alan Bullocks Biographie starrte mich an.
    Ich starrte zurück.
    »Aus unerfindlichen Gründen habe ich dir das Leben geschenkt, mein Führer«, sagte ich. »Bin ich jetzt ein schlechter Mensch? Und aus irgendwelchen Gründen hat sich Rudolf Gloder deinetwegen nie einen Namen gemacht. Was hast du ihm angetan? Ist er in der Nacht der langen Messer umgekommen?Ist er mit dir zusammen zum Treffen dieser mickrigen Deutschen Arbeiterpartei im Hotelzimmer der Münchner Brauerei gekommen? Wollte er gerade was sagen, als du aufgestanden bist und ihm die Schau gestohlen hast? Ist er mit eingekniffenem Schwanz und frustriertem Ehrgeiz davongedackelt? Vielleicht bist du ihm auch nie begegnet. Ach doch, ihr wart im Ersten Weltkrieg ja im selben Regiment, stimmt’s? Vielleicht hast du ihn irgendwie beseitigt. Das wird’s gewesen sein. Aber wenn du wüßtest, wenn du nur einen blassen Schimmer davon hättest, mit welchem Abscheu dein Name heute weltweit genannt wird, was würde das für dich ändern? Würdest du lachen? Dagegen protestieren? Zeigen sie dir in der Hölle Fernsehsendungen und demonstrieren dir den Sieg der Geschichte über deine Pläne? Mußt du die Filme sehen und die Bücher lesen, in denen deine Phantasien und dein Pomp als vulgärer, abstoßender Tinnef entlarvt werden? Oder wartest du nur darauf, daß deinesgleichen wieder hochkommt wie Galle? Ich hab dich satt. Ich hab Gloder satt, den es nie gegeben hat. Ich hab euch alle so satt. Die ganze Geschichte hab ich satt. Geschichte nervt. Sie nervt einfach.«
    Ich knallte das Buch mit der Titelseite auf den Tisch und griff nach dem Telefon.
    »Können Sir mir bitte die Nummer der internationalen Auskunft geben?«
    Jane war, offen gestanden, nicht gerade begeistert, als sie meine Stimme hörte. Andererseits klang sie auch nicht völlig unwirsch. Nur wie immer leicht gelangweilt und leicht amüsiert.
    »Dir ist nicht zufällig aufgegangen, daß es hier erst sechs ist?«
    »Ach du Schiet. Tut mir leid, Schatz. Total vergessen. Soll ich später noch mal anrufen?«
    »Nein, wenn ich schon mal wach bin, kann ich auch mit dir reden. Ich nehme an, du hast Donald ausgequetscht, dir meine Nummer zu geben, was?«
    »Donald hat geschwiegen wie ein Grab. Der hätte sein Leben gegeben, um dich zu schützen, das weißt du doch. Nein, ich hab sie ganz allein rausbekommen.«
    »Oh, bist du aber ein schlauer kleiner Puppy.«
    »Und? Gefällt’s dir in Princeton?«
    »Weckst du mich in dieser Herrgottsfrühe, nur um das zu erfahren?«
    »Du fehlst mir einfach. Ich bin einsam.«
    »O Pup, versuch nicht, mich rumzukriegen. Bitte nicht am Telefon.«
    »’tschuldigung. Nein, ich hab dich auch angerufen, weil ich dich um einen Gefallen bitten wollte.«
    »Brauchst du Geld?«
    »Geld? Wie kommst du denn darauf? Wann hätte ich dich je um Geld gebeten?«
    »In chronologischer Reihenfolge oder nach Höhe der Summe?«
    »Schon gut, verarschen kann ich mich alleine. Nein, ich möchte, daß du mir einen Studenten im Junior Year raussuchst.«
    »Du möchtest
was

    »Er heißt Steve Burns. Ich glaube, er wohnt in Dickinson Hall, aber auf eurer Homepage kann ich ihn nicht finden. Er frühstückt einigermaßen regelmäßig in PJs Pfannkuchenhaus auf der Nassau und gönnt sich ab und zu ein Glas Sam Adams im A & B.«
    »Pup, du willst mir doch nicht etwa weismachen, daß du dich in Princeton
auskennst
? Ich dachte, dein Österreichaufenthalt im letzten Jahr wäre das erste Mal gewesen, daß du was Spannenderes als Inverness gesehen hast.«
    »Ich hab voll den Durchblick«, sagte ich lässig. »Wenn du selbst mal bei PJ bist, dann richte Jo-Beth doch bitte etwas aus. Sie kellnert da. Sag ihr bitte, daß Ronnie Cain total auf sie abfährt, aber sie soll sich vorsehen. Er hat Filzläuse, und sein Pillermann ist ’ne Bonsaipflanze. Aber vergiß das nicht.«
    »Pup, bist du betrunken?«
    »Betrunken?
Ich?
«
    »Gestern war Selbstmordsonntag, stimmt’s? Sag nicht, du warst auf der Seraphenparty.«
    »Ich hab kurz mal vorbeigeschaut, aber …«
    »… und hast ein einziges Glas Wodkapunsch getrunken, und dann hast du genau wie vorige Woche den ganzen Rasen vollgereihert. Du gehst jetzt sofort wieder ins Bett, Pup. Ach übrigens, hast du deine Diss fertig?«
    »Fix und fertig«, sagte ich, griff nach der Maus neben der Tastatur und zog die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher