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Geschichte Irlands

Geschichte Irlands

Titel: Geschichte Irlands
Autoren: Benedikt Stuchtey
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Zeit lang die Grenzen der englischen Rechtsprechung symbolisiert. Außerhalb war bestenfalls mit sporadischer Anerkennung der königlichen Autorität zu rechnen, schlimmstenfalls jedoch mit Anarchie und Aufstand. Die Old English waren Nachkommen der Anglo-Normannen, sprachen Englisch, begriffen sich als loyale Untertanen der Krone und brachten den Großteil der Insel unter ihre politische und ökonomische Kontrolle. Militärisch mussten sie sich auf lange Auseinandersetzungen mit den gälischen Stammesfürsten gefasst machen. Das Problem verschärfte sich dadurch, dass die Grafen von Kildare das Amt des Lord Lieutenants für sich allein beanspruchten und der englischen Krone bei Aberkennung dieses Privilegs drohten, Irland in ein bürgerkriegsähnliches Chaos zu stürzen.
    Um dem zu begegnen, wurden im 16. Jahrhundert neue Wehrburgen in den anglisierten Teilen des Landes gebaut. Die Militärorganisation und -verwaltung wurde massiv verstärkt, zugleich wurden zwischen 1534 und etwa 1610 zahlreiche Klöster aufgelöst. Kulturlandschaftlich wirkte sich einschneidend aus, dass allein in Ulster etwa 20 Städte neu gegründet wurden oder das Stadtrecht verliehen bekamen. Diese «Plantation Towns» – die größten unter ihnen waren Derry, Enniskillen und Coleraine – gaben dem Land ein neues Gefüge. Stadtplanerisch von kontinentaleuropäischen Vorstellungen beeinflusst, wurden sie nach militärischen und verkehrsstrategischen Gesichtspunkten angelegt und dokumentierten politisch ihre Verbundenheit mit England. Damit waren sie Fremdkörper im gälischen Irland. Weil die City of London das beträchtliche Gründungskapital aufbrachte, wurde Derry in Londonderry umbenannt. An wirtschaftlich wichtigen, das Hinterland kontrollierendenKnotenpunkten entstanden neue Dörfer, «Plantation Villages», deren Hauptkennzeichen der zentrale Marktplatz, der «Common» oder «Green», wurde. Wie in England konnte hier Sport, etwa Ballspiele, betrieben werden, jedenfalls blieb der Common außerhalb der Kontrolle der Kirchen und ihres sonntäglichen Verbots gesellschaftlicher Spiele.
    Miteinander rivalisierende Parteien warben besonders im nördlichen Ulster um schottische Söldner, die dem ohnehin verarmten Land ihren Blutzoll abverlangten – und Naturalien. Irlands unterentwickelte Landwirtschaft produzierte vor allem Hafer, auch Milchprodukte wie Butter, dagegen wenig anderes Getreide, wenig Gemüse und Fleisch, so dass schon die eigene Bevölkerung kaum ausreichend und ausgewogen ernährt werden konnte. Die Mehrzahl der Menschen lebte in Armut, wohnte in einfachsten Behausungen und kleidete sich das ganze Jahr über mit den typischen schweren Wollmänteln. Das primitive ländliche Leben kannte kaum den Pflug und meist nur den Spaten. Wo die anglo-irischen Familien siedelten, war das Land gewöhnlich nicht nur viel fruchtbarer, sondern auch stärker durch kleine Städte und Dörfer aufgeteilt statt durch einzelne Bauernhöfe. Das machte es aber auch anfälliger für die marodierenden Truppen.
    Im südlichen Munster herrschten die mächtigen Old-English-Familien der Desmonds, Ormonds und MacCarthys. Die dortige Landbevölkerung wurde durch die Kriege der 1580er und 1590er Jahre am stärksten dezimiert. Die Rebellion des Grafen von Tyrone, Hugh O’Neill, löste den Neunjährigen Krieg (1594–1603) aus und hatte die Vernichtung der gälischen Lordschaft bei Kinsale und die vollständige englische Herrschaft über Irland zur Folge.
    Spätestens seitdem lag das Schicksal der Insel nicht mehr allein in den Händen der Iren und Engländer. Es war verwoben mit den persönlichen Interessen des spanischen Königs Philipp II. und Papst Gregors XIII. Besser als ihre Vorgänger erkannte Elisabeth I. die strategische Bedeutung Irlands für europäische Machtkalküle. Innerhalb weniger Jahre schickte sie ihre besten Generäle und mehr als zwölf Mal massive Truppenverbändenach Irland, die dort die vereinigten Verbände der katholischen Mächte und der gälischen Fürsten bekämpften.
    Anfang des 17. Jahrhunderts betrug Irlands stagnierende Gesamtbevölkerung nicht mehr als etwa 800.000 Menschen. Zur gleichen Zeit konnte das westliche Europa ein gewaltiges Bevölkerungswachstum verzeichnen. Man hat diese Rückständigkeit auf verschiedene Faktoren
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