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Geschichte des Kapitalismus

Geschichte des Kapitalismus

Titel: Geschichte des Kapitalismus
Autoren: C.H.Beck
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der vollentwickelte, alle genannten Merkmale aufweisende Kapitalismus ein Phänomen der Neuzeit war, und er unterschied deshalb den
modernen Kapitalismus
von älteren, weniger entwickelten Formen («Frühkapitalismus», «politisch orientierter Kapitalismus», «Rentenkapitalismus», «Beutekapitalismus»). Weber war überzeugt, dass der moderne Kapitalismus nur im Okzident entstanden sei, nicht zuletzt wegen der nur hier auftretenden Form von Staatsbildung. Er war kein unkritischer Bewunderer des modernen Kapitalismus. Er arbeitete dessen «formale rechnungsmässige Rationalität» heraus, doch unterstrich er auch, dass die dadurch dauerhaft erzielte Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz nicht mit dauerhafter Wohlstandsmehrung in allen Bevölkerungsteilen einhergehen musste. Vielmehr werde, so fasst Wolfgang Schluchter Webers Überzeugung zusammen, im Kapitalismus «nicht Begehr befriedigt, sondern ausschließlich kaufkräftige Begehr.» Darin sah Weber eine «grundlegende und letztlich unentrinnbare Irrationalität».[ 8 ]
    Auch an Weber ist viel Kritik geübt worden. Seine These vom Zusammenhang zwischen der Ethik des puritanischen Protestantismus und dem Geist des Kapitalismus ist empirisch immer wieder in Frage gestellt und stark relativiert worden (das gilt erst recht für Sombarts Betonung der jüdischen Herkunft des kapitalistischen Geistes, die überholt ist). Weber saß bei der Beurteilung der Kapitalismusfähigkeit nicht-westlicher Zivilisationen, etwa der islamischen Gesellschaften, manchem Vorurteil auf und fußte auf einem Forschungsstand, der nach einem Jahrhundert selbstredend überholt ist.[ 9 ] Doch seine Analysen gehören bis heute zum Besten, was über Kapitalismus jemals geschrieben worden ist.
    Joseph A. Schumpeter
hat nicht nur den Begriff «Kapitalismus» für seine eigenen Forschungen benutzt, sondern auch mitseinem Buch «Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie» (erstmals 1942) die wissenschaftliche Diskussion über den Kapitalismus nachhaltig beeinflusst. Privateigentum, Marktmechanismus und Unternehmenswirtschaft gehörten für ihn zur Definition von «Kapitalismus» dazu. Er definierte: «Kapitalismus ist jene Form privater Eigentumswirtschaft, in der Innovationen mittels geliehenen Geldes durchgeführt werden, was im allgemeinen.… Kreditschöpfung voraussetzt.» Mit der Betonung der Kreditvergabe – und damit des Schuldenmachens, aber auch der Spekulation – als eines zentralen Merkmals des Kapitalismus leistete Schumpeter einen Beitrag, der nach dem überproportionalen Wachstum des Finanzkapitalismus in den letzten Jahrzehnten heute besondere Aktualität besitzt.
    Schumpeter ging es vor allem um die Erklärung wirtschaftlicher Dynamik. Er suchte nach dem Mechanismus, durch den sich die Wirtschaft aus sich selbst heraus verändert. Er fand ihn in der
Innovation,
also in der Kombination von Elementen, Ressourcen und Möglichkeiten in einer Weise, dass daraus wirtschaftlich Neues entsteht: neue Methoden der Produktion und Verteilung, neue Organisationsformen in oder auch zwischen den Unternehmen, die Erschließung neuer Beschaffungs- und Absatzmärkte, die Herstellung neuer oder doch stark verbesserter Güter, die Weckung neuer Bedürfnisse u.a.m. Schumpeter machte deutlich, dass die Einführung von Neuem mit Notwendigkeit die Ablösung und oft die Zerstörung von Altem bedeutet. Er sprach in diesem Zusammenhang – in begrifflicher Anlehnung an Sombart – von «kreativer Zerstörung» als dem Kern der kapitalistischen Entwicklung.
    Aus dieser Perspektive entwickelte er seine Theorie des Konjunkturwechsels, denn Innovationen stellen aus seiner Sicht Wachstumsschübe dar und bewirken Wellen des wirtschaftlichen Ausbaus, an denen nach den innovationstragenden Pionier-Unternehmern dann auch viele andere Unternehmer «scharenweise» teilnehmen, bevor die Welle ihre Anschubkraft verliert, ausläuft und in einen Abschwung übergeht, bis ein neues Bündel von Innovationen zum Beginn eines neuen Zyklus führt. Von daher ergab sich das große Interesse Schumpeters am Unternehmer,den er als Träger des untersuchten Veränderungsmechanismus sah.
    Von daher ergab sich aber auch Schumpeters Überzeugung von der Wichtigkeit des Kredits, denn da der Erfolg der Innovationen nie völlig sicher sein kann und, wenn überhaupt, erst
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