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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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koche ihnen Hühnerbouillon.« Er gab dem Servierwagen einen Schubs, setzte sich an den Tisch und blickte dem Wägelchen nach, das immer langsamer zwischen den Tischen dahinrollte. »Auf der Kallisto essen sie unter anderem auch Hühnersuppe.«
    »Wohl kaum«, erwiderte der Direktor zerstreut.
    »Wieso nicht?«, wollte Walnoga wissen. »Ich habe ihnen einhundertsechzig Büchsen gegeben. Mehr als die Hälfte unserer Reserve.«
    »Und der Rest der Reserve? Haben wir den schon gegessen?«
    »Natürlich.«
    »Dann haben die Leute auf der Kallisto sie auch schon gegessen. Dort leben doppelt so viele Menschen wie hier«, murmelte der Direktor kauend und dachte: Du schwindelst, Onkel Walnoga! Ich kenne dich gut, mein lieber Chefgastronom. An die zwanzig Büchsen hast du noch für Kranke und sonstige Zwecke versteckt.
    Walnoga seufzte. »Ist Ihr Tee nicht kalt geworden?«
    »Nein, alles in Ordnung.«
    »Die Chlorella lässt sich auf der Kallisto einfach nicht ansiedeln«, erklärte Walnoga und seufzte abermals. »Über Funk haben sie noch einmal zehn Kilo Gärstoff angefordert und mitgeteilt, dass sie schon ein Planetenflugzeug losgeschickt haben.«
    »Tja, dann müssen wir ihnen den Gärstoff geben.«
    »Natürlich müssen wir das. Aber ich habe schließlich nicht hundert Tonnen Chlorella, und ich muss sie auch wachsen lassen … Jetzt habe ich Ihnen sicherlich den Appetit verdorben?«
    »Halb so schlimm«, beruhigte ihn der Direktor. Er hatte überhaupt keinen Appetit.
    »Jetzt reicht es aber!«, sagte jemand.
    Der Direktor hob den Kopf und erblickte sogleich das verstörte Gesicht Sojka Iwanowas. Neben ihr saß der Kernphysiker Koslow. Die beiden saßen immer zusammen.
    »Jetzt reicht’s, hörst du?«, zischte Koslow böse.
    Sojka senkte errötend den Kopf; sie schämte sich, weil alle sie ansahen.
    »Gestern hast du mir schon deinen Zwieback zugeschoben«, fuhr Koslow fort. »Heute legst du mir deinen unglückseligen Zwieback schon wieder auf den Teller!«
    Sojka schwieg. Sie weinte beinahe vor Verlegenheit.
    »Schrei sie nicht an, du Stiesel!«, rief der Atmosphärenphysiker Potapow laut vom anderen Ende des Speiseraums. »Soika, warum fütterst du ihn, diesen Trottel? Gib lieber mir den Zwieback, ich esse ihn, ohne dich anzuschnauzen!«
    »Ist doch wahr«, sagte Koslow, nun schon etwas ruhiger. »Ich bin dick genug; sie sollte mehr essen als ich.«
    »Nein, Walja«, entgegnete Sojka beherrscht.
    »Kann ich noch Tee bekommen, Onkel Walnoga?«, fragte jemand.
    Walnoga stand auf. Dann hörte man Potapow durch den ganzen Saal rufen: »He, Gregor, machen wir nach der Arbeit ein Spielchen?«
    »Einverstanden«, antwortete Gregor.
    »Du verlierst ja doch wieder, Wadim«, rief jemand.
    »Das Wahrscheinlichkeitsgesetz ist auf meiner Seite«, erklärte Potapow.
    Alle lachten.
    Ein Mann mit verdrossener Miene lugte in den Speiseraum. »Ist Potapow hier? Wadim, auf dem Jupiter herrscht Sturm!«
    »Also los!«, rief Potapow und sprang auf. Rasch erhoben sich auch die anderen Atmosphärenphysiker. Das verdrossene Gesicht an der Tür verschwand, erschien dann aber noch einmal. »Bring meinen Zwieback mit, hörst du?«
    »Wenn Walnoga ihn herausrückt«, rief Potapow ihm nach.
    »Warum sollte ich ihn dir nicht geben?«, fragte Onkel Walnoga. »Stezenko, Konstantin – zweihundert Gramm Zwieback und fünfzig Gramm Schokolade.«
    Der Direktor wischte sich den Mund mit einer Papierserviette ab und stand auf, da fragte Koslow: »Genosse Direktor, was gibt es Neues über die ›Tachmasib‹?«
    Alle verstummten und sahen den Direktor an. »Vorläufig nichts«, antwortete er.
    Langsam ging er zwischen den Tischen hindurch zur Tür und begab sich in sein Arbeitszimmer. Schlimm, dass ausgerechnet jetzt auf der Kallisto die »Konservenepidemie« ausgebrochen war. Richtigen Hunger gab es vorläufig nicht; die Amalthea konnte sich Chlorella und Zwieback noch mit der Kallisto teilen. Aber wenn Bykow nicht bald mit den Lebensmitteln kam … Bykow war mit der »Tachmasib« irgendwo in der Nähe. Man hatte ihn angepeilt, nun aber schon seit sechzig Stunden nichts mehr von ihm gehört. Man wird die Rationen erneut kürzen müssen, dachte der Direktor. Hier muss man auf alles gefasst sein, und bis zur Marsbasis ist es verflixt weit. Hier kann alles passieren. Manchmal verschwinden Raumschiffe, die von der Erde oder vom Mars starten. Das geschieht zwar selten, nicht häufiger als die Pilzepidemien. Trotzdem ist es schlecht, dass so etwas überhaupt
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