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Gerettet von deiner Liebe

Gerettet von deiner Liebe

Titel: Gerettet von deiner Liebe
Autoren: CARLA KELLY
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sein.“
    Der Butler brachte Tee, verneigte sich und zog sich nach einem prüfenden Blick zu seinem Herrn wieder zurück. Susannah schenkte ein und hielt ihrem Patenonkel die Tasse an den Mund. Dankbar schaute er sie an, bevor er trank.
    Dann nippte auch Susannah an ihrem Tee. „Allem Anschein nach gehe ich demnächst öfter aus“, begann sie. „Papa hat mich zur Begleiterin des alten, gebrechlichen James Trevenen bestimmt, der uns demnächst besucht.“
    „Alt und gebrechlich?“, wiederholte ihr Patenonkel erstaunt. „Wie kommt mein Cousin zu dieser Schlussfolgerung?“
    „Papa geht davon aus, dass jemand, der fünf Jahre auf einer einsamen Insel verbannt war, ein siecher Mann sein muss. Und er behauptet, ein Grünschnabel könnte keine so fundierte Abhandlung verfasst haben.“
    „Ja, es ist eine glänzende Arbeit“, bestätigte Sir Joseph. „Vielleicht willst du sie lesen. Nur zu, meine Liebe! Sie liegt auf meinem Schreibtisch.“
    Susannah sprang auf und nahm das Manuskript zur Hand. „‚Die Gloriosa Jubilate: Schalentiere, beobachtet in einer stillen Bucht auf einer einsamen Insel irgendwo im Tuamotu-Archipel‘“, las sie laut. Beim Anblick der Zeichnung einer Krabbe auf dem Deckblatt musste sie lächeln. Offensichtlich lagen Mr. Trevenens Talente mehr in der Kunst des Schreibens als in der Malkunst.
    Die Widmung rührte sie: Für meine geliebte Mutter, die mir stets nah war, auch über weite Fernen hinweg. Atemlos las sie die einleitenden Worte:
    Glücklicher Vorsehung ist es zu verdanken, keineswegs meinen eigenen Anstrengungen, da ich mehr tot als lebendig war, als mein kleines Boot einen Durchlass im Korallenriff fand und mich an die sandigen Gestade meines Exils spülte. Ich war der einzige Überlebende.
    „Sir Joe“, hauchte sie. „Darf ich …?“
    „Nur zu. Noah wird sich den Bauch mit Makronen vollschlagen, und ich ruhe meine Augen aus.“
    Sie streifte die Schuhe ab, machte es sich auf dem Sofa bequem und las.
    Das Tuamotu-Archipel besteht aus Korallenriffen, die in keiner Seekarte verzeichnet sind. Die Orion , die Taifune und Angriffe der Maori in Neuseeland unversehrt überstanden hatte, wurde von einem Korallenriff der Länge nach aufge schlitzt und sank in weniger als zehn Minuten. Captain Sir Hugo Marsh warf mir das Logbuch zu, als ich ins Beiboot sprang.
    Als Susannah Spring Grove am späten Nachmittag verließ, nahm sie das Manuskript mit. Nach dem Dinner saß sie noch eine Weile mit ihrer Mutter und Loisa im Salon, bevor sie Noah zu Bett brachte.
    Anschließend inspizierte sie das Gästezimmer, das ihrem Schlafgemach gegenüberlag. Die Stubenmädchen hatten die weißen Hussen von den Möbeln genommen und das Bett frisch bezogen, nur die gewaschenen Bettbehänge waren noch nicht angebracht. Bald wäre alles für Mr. Trevenens Besuch bereit.
    Sie ging zu Bett und las weiter.
    Ich entdeckte, dass die Gloriosa Jubilate ein geselliges We sen ist, das sich gern in Gesellschaft artverwandter Krus tentiere aufhält. Wer konnte wissen, wie lange ich hier auf dieser gottverlassenen Insel bleiben würde? Ich hatte keinen Gefährten, also beschloss ich, mich mit diesen kleinen Ge nossen näher anzufreunden.
    Susannah ließ das Manuskript sinken und dachte über ihr eintöniges Leben in Alderson House nach. „Wahrhaftig ein Exil! Ich könnte von einer tropischen Insel träumen“, murmelte sie halblaut. „Die warmen Gewässer des Südpazifik, exotische Früchte, Fische in der Lagune.“
    Sie löschte die Kerze und legte das Manuskript auf den Nachttisch. „Ob Sie nun jung oder alt sind, Mr. Trevenen, Sie müssen mir von Ihrem Leben im Paradies erzählen“, sagte sie leise.
    Im fahlen Schein des Vollmondes schienen die winzigen Kugelaugen der Gloriosa Jubilate zu leuchten.

1. KAPITEL
    Mochte die Orion auch schon vor sechs Jahren gesunken sein, so sträubten sich James Trevenens Nackenhaare dennoch, als die Wirtsfrau das Tuch aufschlug, um für ihn den Tisch in der Schankstube zu decken. Denn das Geräusch erinnerte ihn erschreckend an das dumpfe Donnern, während das Riff den Schiffsrumpf aufgeschlitzt hatte.
    Verstohlen flog sein Blick durch den Raum. Hoffentlich hatte niemand bemerkt, wie er den Atem laut eingezogen hatte. Wie lange würde es noch dauern, bis er nicht mehr bei jedem nichtigen Geräusch zusammenfuhr? Die Gaststube war gut besucht, doch niemand achtete auf den Fremden.
    Der erzwungene Aufenthalt hier störte ihn nicht. Er hatte weiß Gott gelernt, geduldig zu sein.
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