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Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Titel: Geraeuschkiller - Mutige Liebe
Autoren: Eva Severini
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Clara erwachte. Unter ihrem Kopf spürte sie einen
warmen weichen Körper, der sich in ruhigen Atemzügen hob und senkte. Eine Hand
lag warm auf ihrem Kopf.
    Sie
blinzelte. Alles wirkte so freundlich, so hell. Träume ich?, dachte sie. Die
Angstklammer packte wieder zu, das Entsetzen der letzten Tage wollte sich
wieder breit machen. Sie bewegte vorsichtig den Kopf.
    »Bist du
wach?«, hörte sie eine unbekannte Stimme fragen. Die Hand streichelte ihr Haar.
Ganz zart. Es fühlte sich vertraut an und löste ihre Angst, sie wünschte, dass
die Hand nie mehr aufhören würde sie zu streicheln. Sie hob den Kopf und
erschrak. Es war Orthors Hand!
    Er
lächelte. »Ausgeschlafen?«
    Clara
nickte – unfähig ein Wort zu sagen.
    Er war es –
und er war es nicht.
    Ohrthor
löste sich von ihr und stand auf. Seine Augen glitzerten wie das Meer im
Sonnenlicht und sein Körper vibrierte vor Kraft. Wie schön er ist, dachte
Clara, so schön wie das Kind aus der geheimnisvollen Hörschnecke. Nur dass ihm
die Ohrmuscheln fehlten.
    »Die große
Stille«, sagte er und seine Stimme klang verändert. »Weißt du, Clara, sie
sollte ewig dauern, und das schien mir noch zu wenig.« Er schaute zu Boden.
»Mein Hass war so groß. Ich habe den Klang der Einsamkeit in mir nicht mehr
ertragen, den Klang der Traurigkeit, das Toben der Wut da drinnen. Sie waren
immer da, gaben keine Ruhe. Sie bedrängten mich, sie quälten mich. Oft habe ich
sie auch in anderen Menschen gehört ... diese Klänge...«
    »Bei Dragu
auch?«
    Ohrthor
nickte. »Ja – und in Musik habe ich sie gehört. Manche Menschen können diese
Klänge in Musik fließen lassen, und vielleicht macht sie das frei. Aber ich bin
kein Musiker, ich bin Erfinder. Und so wollte ich etwas erfinden, was mich
befreien sollte. - Es hat sehr lange gedauert, bis es fertig war.«
    »Goldmund?«,
fragte Clara.
    »Ja.« Er
schwieg.
    Dragu saß
etwas abseits und verfolgte das Gespräch schweigend. Er traute dieser seltsamen
Verwandlung nicht.
    Ohrthor sah
Clara unsicher an: »Rache tut gut ... Aber besser ist es davon nicht geworden.«
    Sein Blick
senkte sich warm in ihre Augen. »Das Geheimnis, Clara, die Erlösung, liegt
woanders.« Und er drückte sie an sich.
    Wie gut er
sich anfühlt, dachte sie, wie vertraut er ihr war, sie schmiegte sich an ihn.
    Dragu war
der Frieden nicht geheuer. Er stand auf und kam näher. »Und was wird aus den
Menschen, die du für deine Rache benutzt hast?«, fragte er. »Schwamm drüber?
Oder wie stellt sich der großartige Erfinder das vor? – Ich versteh dich nicht,
Clara. Wie kannst du dich mit diesem Verbrecher verbrüdern?«
    Ohrthor zog
seinen Schlagring vom Finger und betrachtete ihn nachdenklich von allen Seiten.
Sofort ging Dragu in Angriffshaltung. Aber Ohrthor warf seinen Ring in großem
Bogen in den See. »Jetzt ist es vorbei«, sagte er, und der Totenkopf mit den
Wackelohren versank ein für alle Mal in den smaragdgrünen Fluten.
    Da bebte
plötzlich der Boden unter ihren Füssen.
    Clara
umklammerte Ohrthors Hand. Der See gurgelte und fauchte, Wellen schäumten auf,
und aus seiner Tiefe schob sich ein riesiger Fischlaich herauf. In ihn
eingewoben, Menschen in Kokons.
    Der
Fischlaich waberte ans Ufer, zerrann vor ihren Augen zu Wasser. Und aus den
Fischwaben lösten sich Mädchen und Jungen, Frauen und Männer. Kraftlos und wie
betäubt lagen sie im Sand. Clara rannte durch die gallertige Masse, sprang über
Füße und Arme.
    »Pedro!«,
schrie sie. »Pedro!«
    Die
grünlichen Kokons hingen nur noch in Fetzen an den Gefangenen des Fischlaichs.
Dass sie alle wieder natürliche Menschenohren hatten, entging ihr in ihrer
Angst um Pedro. Das Zeug war so glitschig, dass sie ausrutschte und bäuchlings
in die grüne Brühe fiel. Sie rappelte sich auf, suchte weiter ... Doch sie
konnte Pedro nirgendwo entdecken.
    Etwas
abseits, noch halb bedeckt von der gallertigen Masse, glaubte sie schwarze Locken
zu erkennen und lange sehnige Beine. Sie rannte hinüber zu der reglosen
Gestalt.
    »Pedro!« Er
war es! Endlich!
    Sie warf
sich neben ihm auf die Knie und befreite ihn ganz aus dem Kokon. Behutsam
bettete sie seinen Kopf auf ihren Schoß, streichelte sein klatschnasses
Gesicht, das immer noch weiß war wie Marmor. Tränen liefen ihr über die Wangen
vor Glück. Die Pantherohren waren verschwunden. Nur zwei kleine blassrote
Schlitze an seinen Ohrmuscheln erinnerten an das, was er durchgemacht hatte.
Dass seine Ohren sich kaum sichtbar verändert hatten, bemerkte
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