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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Junggesellentage
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schenkte sie keine Beachtung, sondern fragte eifrig: «Hat Lord Lindeth
das getan? Das freut mich! Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, Sir Waldo?»
    «Durchaus
nicht! Sie ist ein außergewöhnliches Mädchen und wird ihm eine gute Gattin
sein.»
    «Das glaube
ich auch. Sie hat – wie er – wenig weltlichen Ehrgeiz und gute Anlagen. Aber
wird es seiner Mutter recht sein?»
    «Nein,
nicht gleich, aber sie wird sich daran gewöhnen. Obwohl sie den weltlichen
Ehrgeiz besitzt, der Julian fehlt; sie hat erst kürzlich alles mögliche getan,
um ihn für einige Sterne auf dem Mädchenhimmel zu interessieren. Trotzdem! Ich
glaube, sie beginnt zu verstehen, daß es sinnlos wäre, ihn auf die Gesellschaft
loszulassen. Auf jeden Fall ist sie eine viel zu liebende Mutter, um seinem
Glück nur das kleinste Hindernis entgegenzusetzen. Außerdem teilte mir Julian
mit, daß Mrs. Chartley mit einer der besten Freundinnen seiner Mutter verwandt
sei. Seine Beschreibung dieser Dame – die ich glücklicherweise nicht kenne –
könnte Anlaß zum Staunen geben, daß meine Tante diese Verwandtschaft als
Vorteil ansieht, aber Julian ist anderer Meinung. Soweit ich mich erinnere,
sagte er, sie sei ein richtig muffiger Typ – aber ich hoffe, er übertreibt.»
    Sie lachte
herzlich. «Was für ein Kind er doch noch ist! Sagen Sie mir bitte, wann hat das
Ereignis stattgefunden?»
    «Heute
morgen. Er erzählte es mir eine halbe Stunde ehe ich Lauries Botschaft bekam.»
    «Dann weiß
ich, warum Tiffany das Weite gesucht hat», sagte Miss Trent mit einem Seufzer.
«Sie war heute morgen im Pfarrhaus, und da haben sie es ihr wohl mitgeteilt.
Sie werden sie abscheulich nennen – und natürlich ist sie es oft –, aber man
kann sie nur bedauern, das arme Kind! Sie wurde ihr ganzes Leben verwöhnt, sie
ist so hübsch und wurde immer nur verhätschelt und bewundert. Können Sie nicht
verstehen, was es für sie bedeutete, daß, nach dem gestrigen Ball, noch dieses
Ereignis hinzukam?»
    Er blickte
sie fragend an: «Der gestrige Ball? Was geschah, das sie so erregte?»
    «Mein Gott,
das müssen Sie doch bemerkt haben! Alle dummen Jungen, die bis jetzt hinter ihr
her waren, scharten sich um Miss Chartley – fast schnitten sie Tiffany.»
    «Nein, das
habe ich nicht bemerkt, ich war im Spielzimmer. Aber ich kann natürlich ihre
Gefühle verstehen, als man ihr die kalte Schulter zeigte. Mir ging es ebenso,
und ich kann Ihnen versichern, ich habe alles Mitgefühl.» Er blickte sie wieder
an, diesmal nur von der Seite. «Das ist der Grund, Miss Trent, warum ich
Zuflucht im Spielzimmer suchte.»

20
    Sie fühlte das Blut in ihre Wangen
steigen und wandte sich ab. Er sagte: «Ich kann mich nicht erinnern, jemals so
trübsinnig gewesen zu sein!»
    Obwohl sie
wußte, daß es unklug wäre, ihm zu antworten, konnte sie sich nicht enthalten zu
sagen: «Das, Sir Waldo, ist nach Ihren eigenen Worten Schwarzmalerei. Sie sehen
nicht aus, als litten Sie je unter schlechter Laune!»
    «O doch,
seit es mir scheint, daß auch Sie schlechter Laune sind.»
    «In einen
Straßengraben geworfen zu werden, genügt wohl, übelgelaunt zu sein!»
    «Was,
zweimal? Ich wußte nicht, daß Ihnen ein solcher Unfall auf dem Weg zum Ball
zugestoßen war!»
    «Das war
auch nicht der Fall. Gestern abend habe ich mich nicht wohl gefühlt. Ich hatte
Kopfschmerzen.»
    «Wieder!»
sagte er im Ton tiefster Anteilnahme. «Meine liebe Miss Trent, ich glaube, Sie
sollten Ihrer häufigen Kopfschmerzen wegen einen Arzt aufsuchen.»
    Sie bezwang
sich, nicht zu lachen, aber er hörte das Glucksen in ihrer Kehle. «Wissen Sie,
von allen Ihren Abweisungsversuchen bezaubert mich am meisten das Glucksen in
Ihrem Hals, wenn Sie sich Mühe geben, nicht zu lachen. Ich wollte, Sie
wiederholten es!»
    Nur der
Gedanke, welcher Meister in der Kunst der Verführung er war, hielt sie davon
ab, seinen Wunsch zu erfüllen. Mit Schrecken wurde sie gewahr, daß trotz ihrer
strengen Erziehung und ihrer festen Grundsätze jede Fiber ihres Körpers auf den
Charme des Unvergleichlichen reagierte, und sie sagte unpersönlich, als wollte
sie es den Leitpferden in die Ohren flüstern: «Sir Waldo, die Umstände zwangen
mich, einen Platz in Ihrem Wagen anzunehmen. Als ich zustimmte, mit Ihnen nach
Leeds zu fahren, vertraute ich Ihrer Ritterlichkeit, Ihrem Sinn für Anstand,
der Ihnen verbieten würde, ein bestimmtes Thema wieder zu berühren.»
    «Taten Sie
das?» fragte er voll Mitgefühl. «Und jetzt finden Sie Ihr
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