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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Lady April
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offen und ehrlich ins Gesicht. «Ich habe sie nach Hause gebracht,
Sir», sagte er.
    «Das sehe
ich», erwiderte Cardross. «Und das ist nur zu begreiflich.»
    Letty sah
ihn furchtsam, aber doch recht wütend an, sagte aber nichts.
    «Ich bin
Ihnen eine Erklärung schuldig», sagte Mr. Allandale. «Doch zuerst muß ich Sie
dringend bitten, wie sehr Ihr Zorn Sie auch beherrschen mag – und ich leugne
nicht, daß es ein gerechter Zorn ist –, die Schale dieses Zorns über mein Haupt
zu ergießen!»
    «Ich sehe
durchaus keinen Grund, weshalb ich die Schale meines Zorns über Ihr Haupt
ergießen sollte. Wenn Sie aber annehmen, daß ich an Letty grausame Rache zu
nehmen beabsichtige, dann lassen Sie sich von mir raschest beruhigen.»
    «Siehst du,
mein Liebling», sagte Mr. Allandale zärtlich.
    «Ich
f-fürchte m-mich nicht vor Cardross», sagte Letty leise, doch in rachsüchtigem
Ton.
    «Das wäre
für dich und für uns alle aber weitaus besser gewesen!» sagte Cardross. «Komm
ins Haus, aber lasse deinen Heroismus draußen!» Er schritt ihnen voran und sah
Farley mit halboffenem Mund inmitten der Halle stehen. «So ist's recht»,
bemerkte der Earl.
    «Ich hörte
einen Wagen vorfahren, Mylord», erklärte der Butler und starrte Letty wie einen
Geist an.
    «Ja, Lady
Letitia entschied sich schließlich doch dafür, die Nacht nicht am Bryanston
Square zu verbringen», sagte Cardross ironisch. «Ihr könnt beide in die
Bibliothek kommen.» Er schritt zur Tür und hielt sie weit offen. Durch die
Länge des Raumes begegnete er Nells Augen, die ihn überrascht und fragend
ansah. «Giles, ich dachte ... ich hörte...»
    «Du hörtest
richtig, mein Liebling. Kannst du dir etwas Beglückenderes vorstellen? Die
liebe kleine Letty befindet sich wieder in unserer Mitte!»
    «Ich hasse
dich!» rief Letty leidenschaftlich und brach in Tränen aus. «Letty! O Letty,
ich danke Gott, daß du zurückgekommen bist», rief Nell und eilte ihr entgegen.
    «Ich
wollte, ich hätte es nicht getan. Ich wollte, ich wäre tot!» rief Letty
schluchzend.
    «Nein,
nein, so etwas darfst du nicht sagen», rief Nell und legte einen Arm um sie,
während sie ihre andre Hand Mr. Allandale entgegenstreckte. «Mr. Allandale,
ich bin glücklich, daß ich mich in Ihnen nicht getäuscht habe. Ich hielt es für
ausgeschlossen, daß Sie etwas so Unschickliches tun könnten, wie mit Letty
durchzubrennen.»
    Er küßte
ihre Hand übertrieben förmlich und sagte: «Ich wollte, Mylady, ich fände die
richtigen Worte, um Ihnen die Gefühle meiner unauslöschlichen Dankbarkeit
auszudrücken. Denn wenn ich alle Umstände in Betracht ziehe, und wieviel Grund
Sie hatten – da Ihnen die volle Wahrheit nicht bekannt war –, mich für einen
infamen Menschen zu halten, bin ich völlig überwältigt und sprachlos.»
    «Was aber
keineswegs wahrnehmbar ist», sagte Cardross trocken.
    Nell biß
sich auf die Lippen und zog Letty zum Sofa. «Komm hierher, mein Liebling, setzte
dich neben mich und versuche, dich zu beruhigen.» Sie bemerkte, wie besorgt Mr.
Allandale Letty beobachtete, und lächelte ihm beruhigend zu. «Sie wird sich
gleich besser fühlen. Beachten Sie sie nicht weiter.»
    Er sah Nell
dankbar an und wandte sich hierauf entschlossen an Cardross. «Sir, ich habe
mich einer Pflicht zu entledigen. Ich spreche im Namen von Lady Letitia und
werde mich kurz fassen. Ich möchte Sie nur beschwören, an ihre große Jugend zu
denken, daß sie tief unglücklich war und sich Ihnen auf Gnade und Ungnade
ausgeliefert hat. Das, was ich Ihnen zu eröffnen habe, wird Sie zutiefst
erschüttern. Denn das Ärgste ist Ihnen noch nicht bekannt; und es ist meine
schmerzliche Pflicht, Sie davon in Kenntnis zu setzen.»
    «O ja, ich
weiß bereits alles», erwiderte Cardross. «Sie wollen mir mitteilen, daß Letty
das Cardross-Halsband gestohlen hat.»
    Letty hob
den Kopf von Nells Schulter. «Es war kein Diebstahl! Nein, das war es nicht!»
rief sie. «Denn es gehört nicht Nell, und überhaupt mochte sie es gar nicht. Es
gehört der Familie, Giles, und daher gehört es ebenso mir wie dir!»
    «Mein
Liebling, du vergißt, daß ich dir einige Male erklärt habe, daß dem nicht st
ist», sagte Mr. Allandale sehr ernst.
    «Ja. Aber
es ist doch so. Was hätte ich sonst tun sollen, wenn Giles mir mein Vermögen
nicht ausfolgen will?»
    Mr.
Allandale sah äußerst gepeinigt aus, entschied aber offenbar, daß jetzt kein
günstiger Augenblick war, um sich mit ihr auf eine Diskussion einzulassen.
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