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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Venetia und der Wuestling
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zuzulassen, daß ein
Mädchen – und ich bitte dich sehr, sage jetzt ja nicht, daß du großjährig bist!
–, ein Mädchen, sage ich, das in meinem Haus wohnt, unter meinem Schutz,
wegläuft, ohne Begleitung, und in der ausdrücklichen Absicht, Schutz
ausgerechnet unter diesem Dach zu suchen! Und du nennst es töricht und unnötig
von mir, mich der größten Anstrengung auszusetzen, damit ich deinen Ruin und
meine eigene Demütigung verhindere?»
    «Nein, nein», sagte sie beruhigend.
«Aber vergessen Sie nicht, daß ich einen Bruder habe, der unter diesem Dach
lebt, Sir! Ich habe Ihrer Dienerschaft gesagt, daß man um mich geschickt hat,
weil er krank sei, und bestimmt doch ...»
    «Ich habe weder Aubrey vergessen,
noch bin ich hier, um dein Ansehen wahren zu helfen!» unterbrach er sie streng.
«Ich bin hier, wie du sehr gut wissen mußt, um dich davor zu bewahren, eine Handlung
von nicht wieder gutzumachender Torheit zu begehen! Ich entschuldige mich
nicht, Damerel, daß ich so offen spreche, denn meine Ansicht kennen Sie ja
bereits!»
    «Aber bitte, bitte, sagen Sie nur,
was Sie zu sagen haben», sagte Damerel achselzuckend. «Schließlich sind wir ja
beide völlig einer Meinung!»
    Venetia, die sah, wie ihr Onkel die
Fingerspitzen an seine Schläfe preßte, stand auf und ging leise aus dem Zimmer.
Sie blieb nicht lange fort, aber als sie zurückkam, sagte ihr der Onkel, er
habe mit Damerel ihren Besuch bei den Steeples diskutiert. «Ich zögere nicht,
dir zu versichern, meine liebe Nichte, daß das, was bereits Seine Lordschaft
dir gesagt hat, vollkommen richtig ist. An dir bleibt kein wie immer geartetes
Stigma hängen, und wenn auch jeder regelmäßige Verkehr zwischen dir und Sir
Lambert sowie Lady Steeple höchst unerwünscht wäre, könnte nichts unziemlicher
– ich darf sogar sagen, unanständiger – für eine Tochter sein, als ihre Mutter
zu schneiden! Ich verberge dir nicht, daß ich bei diesem peinlichen Thema niemals mit deiner Tante noch mit
deinem seligen Vater übereingestimmt habe. Meiner Meinung nach war das
Heimlichtun, auf dem alle beharrten, ebenso unklug wie albern!»
    «Sehr richtig!» sagte Venetia. Sie
schaute beide Männer mit einem Lächeln in den Augen an. «Und was habt ihr sonst
noch diskutiert? Habt ihr zwischen euch ausgemacht, was meine Zukunft sein
soll? Oder soll ich euch sagen, was eigentlich ich darüber bestimmt habe?»
    Mr. Hendred, der sah, daß sich
dieses Lächeln in Damerels Augen spiegelte, sagte schnell: «Venetia, ich bitte
dich, überlege dir, bevor du etwas tust, das du, wie ich allen Ernstes
befürchte, nur bereuen mußt! Du hältst mich für gefühllos, aber glaube mir,
dem ist nicht so! Ich halte es jedoch für meine Pflicht, dir zu sagen – und ich
hoffe, Eure Lordschaft werden mir verzeihen! –, daß man sich keine unpassendere
Heirat vorstellen kann als diejenige, die du vorhast!»
    «Mein lieber Onkel, wie können Sie
nur so übertrieben reden?» protestierte Venetia. «So besinnen Sie sich doch ein
bißchen! Damerel mag ja ein Wüstling sein, aber wenigstens wird sich bei ihm
nicht herausstellen, daß er mein Vater ist!»
    «Nicht herausstellen, daß er dein
Vater ist?» wiederholte Mr. Hendred verblüfft. «Was in Himmels Namen ...?»
    Damerels Schultern hatten zu zucken
begonnen. «Ödipus», sagte er. «Zumindest vermute ich das, aber sie hat das ein
bißchen durcheinandergebracht. Was sie meint, ist, daß es sich bei ihr nicht
herausstellen wird, daß sie meine Mutter ist.»
    «Na, das ist schließlich ein- und
dasselbe, Damerel!» sagte Venetia, ungeduldig über eine solche Pedanterie.
«Das wäre ganz genauso unpassend!»
    «Ich wäre dir sehr verbunden,
Venetia», sagte Mr. Hendred scharf, «wenn du ein Thema fallen ließest, das ich
für überaus unanständig halte. Ich darf sagen, ich bin äußerst schockiert bei
dem Gedanken, daß Aubrey – denn ich vermute, daß er es war! – die Ohren seiner
Schwester mit einer derartigen Geschichte besudeln konnte!»
    «Aber Sie müssen doch wirklich
sehen, Sir, daß Damerel nicht im geringsten schockiert ist!» erklärte sie.
«Hilft Ihnen denn das nicht, zu verstehen, warum er eigentlich der passendste
aller denkbaren Gatten für mich wäre?»
    «Nein, das hilft mir nicht!»
erklärte Mr. Hendred rundheraus. «Auf mein Wort, ich weiß nicht, wie ich dich
zur Vernunft bringen kann! Du scheinst mir in einer – in einer ...»
    «Seifenblase zu leben», ergänzte
Damerel.
    «Ja, sehr gut! Seifenblase!»
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