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Generation Laminat - mit uns beginnt der Abstieg

Generation Laminat - mit uns beginnt der Abstieg

Titel: Generation Laminat - mit uns beginnt der Abstieg
Autoren: Kathrin Fischer
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Steuer könnte dem deutschen Staat zwischen 12 und 36 Milliarden Euro einbringen und sie würde das Geschehen auf den Finanzmärkten entschleunigen.
    Auch die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen kann man getrost stellen. Es gibt viele gute Gründe dafür. Der schlagkräftigste: Erfolg ist schon längst nicht mehr an Leistung gekoppelt, und damit steht eine der Grundvoraussetzungen der »Leistungsgesellschaft« ziemlich schlecht da. Zeit für ein Grundeinkommen. 800 Euro für jeden. Das würde die Gehälter derjenigen sparen, die sich die immer irrsinnigeren Einzelfallregelungen der ausufernden Sozialstaatsbürokratie ausdenken und sie anschließend bearbeiten müssen. Es würde der prächtig verdienenden Wohlfahrtsindustrie das Wasser abgraben, die auf Kosten des Staates mit Hartz-IV-Empfängern Kaufmannsladen spielt, um in einem »Aktivierungs-Center« Tugenden wie Fleiß und Pünktlichkeit zu »aktivieren«. Und es würde die Demütigungskultur in den Jobcentern und Arbeitsagenturen beenden, die ihre »Kunden« wie würdelose Bettler behandelt.
    Was wir dringend benötigen, ist ein alternatives Wirtschaftsmodell. Das klingt noch illusorischer und utopischer und unmöglicher als ein Grundeinkommen. Aber es gibt jede Menge Ökonomen, die sich genau damit beschäftigen und nachhaltige Wirtschaftsweisen entwickeln. Etwa der Professor für Ökologische Ökonomie Niko Paech. In seinem Aufsatz »Vom grünen Wachstumsmythos zur Postwachstumsökonomie« 172 entwickelt er ein wirtschaftliches Szenario, in dem die Menschen weniger Konsummöglichkeiten haben, sich teilweise selbst versorgen und mit regionalem Geld bezahlen, das den Vorteil hat, das es nicht dem Wachstumszwang unterliegt, der dem globalen Geld- und Zinssystem innewohnt. Auch Tim Jackson stellt in seinem Buch Wohlstand ohne Wachstum einige sehr konkrete Rechenmodelle an und gibt konkrete Empfehlungen.
    172 http://www.google.de/search?hl=de&site=&q=grünen+Wachstumsmythos+zur+Postwachstumsökonomie&oq=grünen+Wachstumsmythos+zur+Postwachstumsökonomie&aq=f&aqi=&aql=&gs_sm=e&gs_upl=547l547l0l1126l1l1l0l0l0l0l182l182l0.1l1l0 (2.1.2012)
    Natürlich, gegen all diese Ideen kann man Einwände erheben. Sie können ideologischer oder praktischer Natur sein. Peter Sloterdijk würde wohl ideologische Einwände erheben, der Herr im Zug praktische: Geht ja doch nicht. Wie soll man Milliarden von Menschen alternativ ernähren? Doch wenn die jetzige Lebensweise die Unmöglichkeit weiterer Zukunft bedeutet, ist es dann wirklich sinnvoll, jeglichen Alternativgedanken als unmöglich von der Hand zu weisen?
    5. Politisch handeln. Wenn Politik folgt und nicht führt, dann ist es an uns, eine Stimmung zu erzeugen, die Politiker, wenn sie gewählt werden wollen, nicht mehr übersehen können. Ich bin immer wieder überrascht, wie kreativ die Menschen weltweit darin sind, dieser Stimmung Ausdruck zu geben, welch vielfältige Formen des Protestes sie finden, die sich nicht einfach in einem »Dagegen« erschöpfen. Denn es geht nicht einfach nur darum, Nein zum Bestehenden zu sagen, es geht auch um eine Bejahung dessen, was möglich ist. Wenn Denken und Wünschen sich vereinen, können Utopien entstehen.
    Nachbarschaftsgärten beispielsweise. Die Idee dahinter ist so einfach wie genial und findet immer mehr Anhänger in Deutschland. Anwohner erobern brachliegendes Gelände, das von niemandem genutzt wird, und wandeln in oft mühevoller Arbeit in grüne Rückzugsorte um. Auch Gemeinschaftswohnprojekte nehmen zu. Ich selbst habe mich eine Weile für eines in Frankfurt interessiert. Da sich in der Stadt immer weniger Menschen Eigentum alleine leisten können, legen sie zusammen, kaufen als Genossenschaft Grundstücke oder leer stehende Gebäude, sanieren sie, bauen sie um und aus und bilden so Eigentum und Gemeinschaft.
    Harald Welzer ist ein großer Fan solchen Tuns, das er als Veränderung kultureller Praxis begreift. Eine neue außerparlamentarische Opposition, die er APO 2.0 nennt, hat er gemeinsam mit Claus Leggewie in dem Buch Das Ende der Welt, wie wir sie kannten ausgerufen. Zu dieser APO 2.0 »gehören die geduldigen und enttäuschungsfesten Initiativen der Bürgergesellschaft ebenso wie große öffentliche Protestfeste, Kundgebungen politischen Willens und die Mobilisierung Gleichgesinnter«. All das bildet einen Bezugsrahmen der Wünsche, Hoffnungen, Forderungen und Aktivitäten und holt die große Gruppe der Veränderungsbereiten aus dem toten Winkel heraus, in
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