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Generation Laminat - mit uns beginnt der Abstieg

Generation Laminat - mit uns beginnt der Abstieg

Titel: Generation Laminat - mit uns beginnt der Abstieg
Autoren: Kathrin Fischer
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Anlagen investiert, die als sicher galten, aber nur die Blase aufpumpten, die jetzt geplatzt ist. Mit dem Zerplatzen der Blase ist die Gefahr jedoch nicht vorbei. Weltweit gibt es einen Milliardärs- und Millionärsboom. Auch in der oberen Mittelschicht profitieren viele von der steigenden sozialen Ungleichheit – es ist also weiterhin viel Geld in diesem System, in dem sich das Geld nicht mehr in einem realwirtschaftlichen Kreislauf befindet, sondern aus Finanzprodukten besteht, die durch die Finanzindustrie konstruiert sind – und dann durch ihr rein spekulatives Wesen die Wirtschaft abstürzen lassen. 166 Weshalb auch Stephan Lessenich zu dem auf den ersten Blick überraschenden Schluss kommt: »Die Finanzkrise ist – jedenfalls teilweise – auch ein Effekt der Renditegier der Mittelschicht.«
    166 Christoph Deutschmann: Sozialstrukturelle Bedingungen wirtschaftlicher Dynamik, S. 53 f.
    Mit dem Finger auf die bösen Bankmanager, skrupellosen Finanzdienstleister und versagenden Aufsichtsgremien zu zeigen, reicht also nicht. Auch wenn man angesichts der Tatsache, dass drei Viertel der 147 Unternehmen, die die Kerngruppe der globalen Wirtschaft bilden, zur Finanzindustrie gehören, sicherlich nicht die Falschen ins Visier nimmt. Aber wir sollten die Widersprüche unseres eigenen Verhaltens nicht aus dem Blick verlieren, die Lessenich so kennzeichnet: »Wir profitieren gerne von den Segnungen, die eine solche Wirtschaftsordnung bietet, aber wenn die Logik zurückschlägt, dann versuchen wir, uns rauszuziehen.«
    Wir sind also keineswegs nur Opfer, indem wir Adressaten ungerechter Politik sind, wir sind auch Täter, indem wir Produzenten von Handlungen sind. Oder eben auch von Unterlassungen. Das ist keine Neuigkeit, der Konsument hat Macht: »Tag für Tag tun wir jede Menge Dinge, die mit darüber entscheiden, ob das Klima geschützt, knappe Ressourcen geschont oder Menschenrechte geachtet werden: Das fängt beim morgendlichen Frühstücksei an, geht weiter mit der Wahl des Verkehrsmittels für den Weg zur Arbeit und endet noch lange nicht, wenn wir abends im Katalog blättern, um herauszufinden, welcher neue Kühlschrank infrage kommt.« 167
    167 http://www.nachhaltigkeitsrat.de/projekte/eigene-projekte/nachhaltiger-warenkorb/?blstr=0 (29.12.2011)
    Unter dem Stichwort »Nachhaltigkeit« findet man im Internet viele Seiten, die Informationen über die Gegenstände unseres alltäglichen Konsums bieten. Auch hier war ich wieder überrascht, wie wenig ich über die Welt, in der ich lebe, weiß. Zum Beispiel, dass 1925 die Verbraucher in Deutschland noch rund die Hälfte ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben mussten, 2009 dagegen nur noch knapp zwölf Prozent. Und auch wenn man im Supermarkt kaum umhinkommt, die rasant wachsenden Regalmeter zu bemerken, die mit Tütensuppen, Bratkartoffel-Gewürzmischungen und fertigem Pizzateig gefüllt sind – das Ausmaß des Booms von stark vorverarbeiteten Lebensmitteln hat mich doch erstaunt: 2009 wurden viermal mehr Convenience-Produkte verkauft als 2000. Weiß denn überhaupt noch jemand, wie man einen Pfannkuchen backt, frage ich mich da manchmal, oder warum benötigen die Leute für jeden Unsinn Gewürz- und Backmischungen? Demnächst erfindet noch einer das Tüten-Spiegelei. Gleich wo, von Kühlschrank über Kantine bis Supermarkt und Werbung, wir sind ständig von Essen umgeben. Die eigentliche Lebensmittelproduktion dagegen ist vollkommen aus unserem Blickfeld verschwunden. Wir erfahren wenig über den Aufwand, mit dem etwa die Verpackung unserer Lebensmittel hergestellt wird, noch weniger über seine Inhaltsstoffe oder über seine Entstehung. Erst recht verborgen bleibt uns der enorme Verbrauch von Ressourcen, der nötig ist, um massenhaft günstige Lebensmittel herzustellen. 168 Metalle und Holz, Getreide und Fisch, Schweine und Hühner schippern über die Weltmeere, sausen über Autobahnen oder müssen erleben, wie sie lebend gehäutet werden. Was als Kunststoffflasche begann, kehrt als Pullover wieder, um irgendwann als Teilchen eines gigantischen Meeresmüllstrudels zu enden. Die Folgen unseres Lebensstils sind fatal.
    168 Armin Reller/Heike Holdinghausen: Wir konsumieren uns zu Tode, S. 79
    4. Politische Forderungen entwickeln. Politische Parteien führen nicht, sie folgen, ist Ulrike Herrmann überzeugt. Wenn man Gewalt als Mittel zur Durchsetzung von Interessen in einer Demokratie ablehnt, dann bleiben nur politische und zivilgesellschaftliche Formen der
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