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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne
Autoren: Rebecca Michéle
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angegriffen, um ihn zu töten. Wir hatten keine andere Wahl …«
    »Als einen meiner Männer zu ermorden?«, unterbrach der König zornig. Seine hellen Augen funkelten, und eine Falte bildete sich über seiner Nasenwurzel. »Ihr wisst, welche Strafe auf Mord steht, Lady Hayla?«
    Aus den Augenwinkeln sah Hayla, wie sich Lady Elfgiva durch die Menschenmenge zwängte und sprechen wollte, aber plötzlich wurde sie von einem Mann, den Hayla nie zuvor gesehen hatte, von hinten gepackt und grob aus der Halle gezerrt. Offenbar handelte es sich um einen Getreuen von Constance oder Ralph, der Elfgiva daran hindern wollte, die Wahrheit zu sagen. Diese Beobachtung blieb dem König jedoch verborgen, dessen Blick starr auf Hayla gerichtet war. Während Hayla überlegte, ob es Sinn machte, von ihrer Beobachtung zu berichten, verzog Constance plötzlich das Gesicht und stöhnte laut. Die Farbe wich aus ihren Wangen, und sie presse beide Hände auf ihren Bauch. Bevor jemand ihr zu Hilfe eilen konnte, sank Constance zu Boden. Es entstand Unruhe, und der König starrte beunruhigt auf Constance. Niemand hinderte Hayla daran, zu ihr zu eilen. Constance war nicht bewusstlos, denn sie stöhnte leise: »Mein Bauch … ich habe so starke Schmerzen … seit gestern Abend schon …«
    Unwillkürlich legte Hayla ihre Hände auf Constances geschwollenen Leib, dann hob sie den Kopf und blickte in die Runde. »Das Kind droht zu früh zu kommen. Man muss sie von hier fortbringen, irgendwohin, wo sie Ruhe hat.«
    »Bringt sie in meine Kammer«, erklang der Befehl des Königs. Während seine Männer die wimmernde Constance hochhoben, beobachtete Hayla den König – und sie begann zu verstehen. Sein asketisches Gesicht, auf dem sich bisher keine andere Gefühlsregung als Misstrauen und Zorn abgezeichnet hatte, war nun von Sorgenfalten durchzogen, und in seinen Augen schimmerte sogar ein Ausdruck von Angst. Hayla räusperte sich und trat mutig vor den König. »Sire, ich kenne mich mit solchen … weiblichen Problemen aus. Gestattet mir, mich um Lady Constance zu kümmern.«
    William hob die Augenbrauen. »Ausgerechnet Ihr, Lady Hayla? Ihr habt am meisten Grund zu hoffen, Constance Aubrey würde sterben.«
    Hayla holte tief Luft und ballte für alle sichtbar die Hände zu Fäusten, dann antwortete sie scharf: »Bei allem Respekt, Sire, aber ich bin eine gute Christin, und anderen zu helfen ist selbstverständlich. Unabhängig von irgendwelchen persönlichen Zuneigungen oder Abneigungen werde ich einen Menschen, der Not leidet, nicht im Stich lassen. Wenn Ihr nicht wollt, dass Lady Constance ihr Kind verliert und vielleicht sogar ihr eigenes Leben, dann lasst mich zu ihr.«
    Die Umstehenden warteten gespannt auf des Königs Antwort. Hayla sah, wie er angestrengt nachdachte, dann nickte er. »Also gut, man soll aber zusätzlich einen Bader holen. Wenn Ihr irgendetwas unternehmt, das Constance schadet, dann kostet Euch das Euren Kopf, Lady Hayla.«
    Hayla sah sich, bevor sie den Männern folgte, rasch in der Halle um, konnte Bosgard jedoch nirgends ausmachen. Man brachte Constance in des Königs Gemach im ersten Stockwerk und legte sie aufs Bett, dann bat Hayla die Männer, die Kammer zu verlassen. Nur eine ältere Dienerin blieb im Raum, die Hayla skeptisch musterte. Abwartend blieb sie neben dem Bett stehen, als Hayla Constances Gürtel löste, das Kleid öffnete und vorsichtig ihren Leib abtastete. Hayla schätzte, dass Constance im vierten oder fünften Monat war, aber es hatten bereits leichte Wehen eingesetzt. Sollte das Kind jetzt geboren werden, so würde es unweigerlich sterben. Ebenso bestand Lebensgefahr für Constance. Hayla vergaß, dass vor ihr eine Frau lag, die ihr nach dem Leben trachtete und die zu hassen sie allen Grund hatte. Constance brauchte Hilfe, und sie würde alles tun, das Leben ihres ungeborenen Kindes zu erhalten. Routiniert gab sie der Dienerin Anweisung, einen Trank aus Gänsefingerkraut und Schafgarbe herzustellen. Diese Mischung hatte Waline immer eingesetzt, wenn bei den Frauen der Arbeiter sich die Geburt zu früh ankündigte.
    »Ich hoffe, diese Kräuter sind hier vorrätig, und bringt feuchte, warme Tücher mit, um die Krämpfe zu lindern«, fügte Hayla hinzu, als sich die Dienerin anschickte, die Kammer zu verlassen. An der Tür traf diese auf den König und hinderte ihn nicht daran einzutreten.
    »Wie geht es ihr?« Er warf einen Blick auf Constance, die sich immer noch in Krämpfen wand, vor Schmerzen
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