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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne
Autoren: Rebecca Michéle
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seinen Arm. »Gleichgültig, was geschehen mag – solange wir beisammen sind, fürchte ich mich nicht.«

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    24. Kapitel
    S ie redeten die halbe Nacht. Bosgard verzieh Hayla, dass sie sich heimlich aus Penderroc Castle geschlichen hatte, und er bewunderte sie für den Mut, der sie zu diesem Schritt veranlasste. Als Hayla erfuhr, dass Waline sich erstaunlich rasch wieder erholt hatte, als diese ausreichend zu essen bekam, lächelte sie glücklich.
    »Somit habe ich mindestens ein Menschenleben gerettet. Das allein zeigt, dass meine Entscheidung richtig war.«
    Bosgard sah ein, dass der Plan, die Belagerer zu überfallen, von wenig Erfolg gekrönt gewesen wäre. Die Männer von de Mantes waren in der Überzahl, seine Männer geschwächt, und es wäre nur unnötig Blut vergossen worden. Der Versuch, mit dem Ausfall Hayla und die anderen Frauen mit deren Kindern aus Penderroc Castle zu bringen, wäre kläglich gescheitert und hätte nur noch mehr Leid über die Menschen gebracht. Damals war Bosgard in seiner Verzweiflung nichts anderes eingefallen, heute jedoch verstand er, dass Hayla mit ihrer selbstlosen Tat Dutzenden von Leuten das Leben gerettet hatte.
    »Du hast nicht nur Waline geholfen.« Liebevoll sah Bosgard sie an. »Alle Bewohner von Penderroc haben sich erholt, und im Dorf geht das Leben wieder seinen gewohnten Gang.« Ausführlich erzählte er Hayla, wie er nach London gelangt und welche Hilfe er in der Bordellbesitzerin Ilvy gehabt hatte. Als der Name dieser fremden Frau fiel, verspürte Hayla einen schwachen Stich der Eifersucht, aber Bosgard zeigte ihr sogleich auf seine Art und Weise, dass in seinem Herzen nur Platz für eine einzige Frau war. Sie liebten sich die ganze Nacht und lösten sich irgendwann atemlos und erschöpft voneinander. Hayla, die am Morgen noch gedacht hatte, niemals wieder in Bosgards Armen zu liegen, genoss jeden einzelnen Augenblick. Liebevoll streichelte sie sein dichtes, gelocktes Brusthaar. Vielleicht war diese Nacht dennoch die letzte, die sie gemeinsam verbringen durften. Alles hing nun davon ab, ob der König ihr glauben würde.
    »Das ist nicht das Ende, sondern der Anfang.« Bosgard schien ihre Gedanken gelesen zu haben und strich Hayla beruhigend übers Haar.
    Hayla tastete vorsichtig über den Verband an seiner Schulter. Die Wunde, die Ralphs Messer in sein Fleisch geschnitten hatte, war nicht tief und würde schnell und gut heilen, aber es würde eine Narbe bleiben. Ein weiteres Mal, das ihn für den Rest seines Lebens an die verhängnisvollen Ereignisse dieses Tages erinnern würde.
    »Erzähl mir von deiner Heimat«, bat Hayla, um ihre Gedanken von dem kommenden Tag abzulenken. »Frankreich muss ein schönes Land sein.«
    »Ja, die Landschaft ist wunderschön, und die Normandie ist England gar nicht so unähnlich. Ich wuchs in einem großen Gut auf, dessen Ländereien sich, so weit das Auge reicht, erstrecken. Unsere Familie ist nicht ausgesprochen reich, aber wir haben ein gutes Auskommen.« Bosgard seufzte und wickelte eine Haarsträhne Haylas um seinen Finger. »Mir tat es nicht leid, als mein Bruder den Besitz erbte und ich mich Herzog William anschloss. Manchmal jedoch wünsche ich mir, meine Heimat wiederzusehen.«
    »Vielleicht lässt uns der König gehen, dann reisen wir in die Normandie, und du zeigst mir alles.«
    »Ja, das würde ich sehr gerne tun.« Bosgard versuchte, überzeugender zu klingen, als ihm zumute war. Er kannte William zu gut, um zu wissen, dass dieser Hayla nicht ins Exil schicken würde, wenn sie Harolds Tochter war. Selbst wenn sie William davon überzeugen konnten, dass Hayla niemals einen Aufstand gegen den König plante, würde ihr das vielleicht das Schafott ersparen, nicht jedoch eine langjährige Inhaftierung. Vielleicht für den Rest ihres Lebens … Ohne Hayla wollte er England nicht verlassen, und ihr Schicksal lag in den Händen des Königs. Eine gemeinsame Flucht war ausgeschlossen, denn es würde ihnen nie gelingen, unbemerkt die Insel zu verlassen. Alle Häfen waren in den letzten Jahren befestigt worden, und jeder Reisende und selbst jedes kleine Fischerboot wurden von Williams Truppen kontrolliert. Eine Hand unter ihrem Kinn, hob er Haylas Kopf und küsste ihre vollen Lippen. Als sich ihre Zungenspitzen umkreisten, erwachte in Hayla erneut die Leidenschaft, obwohl sie müde und erschöpft war. Sie wollte jedoch nicht schlafen, wollte keinen einzigen Moment dieser kostbaren, vielleicht letzten Nacht mit Bosgard
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