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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane
Autoren: Courtney Milan
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hat? Gott bewahre.“ Weston sah zu Jessica auf. „Du hast übrigens danebengeschossen.“
    „Sie haben danebengeschossen“, sagte Mark. „Und das auf nur sechs Schritt Entfernung.“
    Der Arzt kniete neben Weston nieder, um dessen Schulter zu untersuchen. „Nur eine Fleischwunde“, meinte er gleichmütig. „Glatter Durchschuss. Aber wäre die Kugel nur eine Handbreit weiter links eingeschlagen …“ Er pfiff anerkennend und zog eine Flasche aus seiner Tasche. „Hier, das werden Sie brauchen.“
    Westons Blick begegnete dem von Jessica, und alles Blut wich ihm aus den Wangen.
    „Das nächste Mal“, ließ sie ihn wissen, „werde ich nicht so nachsichtig sein. Was du mir angetan hast – dafür hätte ich dich an den Galgen bringen können. Du kannst mir nichts mehr anhaben, Weston. Du kannst mich kompromittieren und bloßstellen vor aller Welt, aber ich kann dir weit Schlimmeres antun. Ich habe dein Leben in der Hand. Das hier“, sie zeigte auf seine Wunde, „soll dir Erinnerung sein, dass ich das nächste Mal, da du mir oder den meinen zur Bedrohung wirst, von meiner Macht Gebrauch machen werde.“
    Er schluckte.
    „Aber es wird kein nächstes Mal geben“, fuhr sie fort. „Nicht wahr, Weston?“
    Er schüttelte den Kopf. Und diesmal glaubte sie ihm.

23. KAPITEL
    M ark half Jessica in die Kutsche, die wartend bereitstand, und stieg dann selbst ein.
    Des Nachts hatte er während vieler schlafloser Stunden über ihre harschen, verletzenden Worte nachdenken können, hatte sie sich immer wieder durch den Kopf gehen lassen und sie von allen Seiten betrachtet. Auch ihren Artikel hatte er sich noch einmal durchgelesen, alle fünf Teile – und war schließlich zu dem Schluss gelangt, dass sie ihn, tief in ihrem Innern, wirklich hasste. Einmal hatte sie es ihm gesagt, ganz zu Beginn, und danach hatten sie kaum mehr darüber gesprochen, weshalb es weiterhin ungelöst zwischen ihnen stand.
    Mit sichtlichem Unbehagen saß sie ihm gegenüber auf dem Kutschensitz und mied seinen Blick.
    „Es tut mir leid“, sagte sie und starrte auf ihre Hände. „Es tut mir so furchtbar leid. Ich hätte nicht sagen sollen, was ich gestern Abend gesagt habe.“
    „Entschuldige dich nicht.“ Sein Blick war fest und suchte den ihren. „Bei unserer ersten Begegnung bist du vor meiner Berührung zurückgezuckt. Leider ist mir aufgefallen, dass sich daran wenig geändert hat – zumindest unbewusst.“
    Seine Worte schienen sie zu treffen; sie schloss die Augen.
    „Ich glaube“, fuhr er fort, „du hast es mir damals in Shepton Mallet ganz gut erklärt. Du bist wütend auf mich, weil ich es so leicht hatte, während du immer um alles kämpfen musstest. Du hasst mich, weil ich mich mag. Und weil du noch immer nicht glauben kannst, dass du es verdient hast, glücklich zu sein.“
    Sie atmete flach aus. „Glück ist vergänglich. Und es schmerzt so schrecklich, wenn es vorbei ist.“
    „Versuch es einfach mal. Ich könnte mir vorstellen, du gewöhnst dich schnell daran. Lass es ein Jahr darauf ankommen.“
    „Ein Jahr lang glücklich sein?“, fragte sie ungläubig.
    „Meinetwegen auch ein ganzes Leben“, erwiderte er. „Glücklich und von Menschen umgeben, die dich lieben. Von Brüdern und Schwestern, Freunden und Kindern. Von Pferden, wenn du magst, von Katzen und Enten.“
    „Enten?“
    „Aber ja“, beharrte er. „Enten. Und deinem Ehemann.“
    Nun endlich sah sie ihn an. Tränen standen ihr in den Augen. „Heute“, sagte sie leise, „heute bin ich zum ersten Mal nicht vor meiner Vergangenheit davongelaufen. Vielleicht gelingt es mir ja ebenso, nicht länger vor einem Gemahl und Enten zu fliehen.“
    Er setzte sich neben sie, zog sie in seine Arme und küsste sie so sanft und zärtlich, als wäre es ihr erster Kuss. Und vielleicht war er das ja auch, in gewisser Weise. Vielleicht hatte wirklich etwas Neues begonnen, denn er spürte, wie sie sich gegen ihn sinken ließ, sich das erste Mal nicht innerlich sträubte. Mit den Händen umfing er ihr Gesicht, und sie küsste ihn, als wäre er ihre Zukunft, als wolle sie ihn für ewig behalten.
    „Ich liebe dich“, sagte sie und holte tief Luft. „Und wegen dieser Sonderlizenz: Vielleicht können wir sie ja doch gebrauchen.“
    Er küsste sie erst auf die eine Wange, dann auf die andere. Anschließend zog er sich zurück und sah ihr in die Augen. „Nein, Jessica“, bekundete er ernst. „Ich glaube, dieser Zeitpunkt ist vorüber.“
    Ihre Augen weiteten sich, ihre
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