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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane
Autoren: Courtney Milan
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Brief zusammen und gab ihn ihr zurück.
    „Ich hatte nie das Gefühl, dich idealisieren zu müssen oder dich zur Heldin einer Romanze zu machen. Mir scheint indes, das hast du längst selbst getan.“
    „Ich werde nicht zulassen, dass er dich ruiniert.“ Entschieden reckte sie das Kinn.
    „Nein“, sagte Mark. „Das nicht. Aber du wolltest zulassen, dass er dich ruiniert.“
    Sie atmete tief aus. „Allerdings“, sagte sie leise. „Doch eines ist mir klar geworden.“ Sie sah Mark in die Augen. „Ich habe Besseres verdient.“
    Und das, so ging Mark auf, war genau das, was er hatte hören wollen.
    Früh am Morgen trat George Weston aus dem Nebel, der noch über dem Harford Square lag. Einen Platz konnte man den kleinen Grünflecken kaum nennen, eher war es ein Park, an einer Seite von Bäumen bestanden. Mit einem selbstgewissen Grinsen im Gesicht marschierte Weston auf Jessica zu. Einzig die rötlich schimmernden Schürfwunden im Gesicht, die blutunterlaufenen Prellungen trübten den siegessicheren Eindruck ein wenig.
    „Ich wusste, dass du Vernunft annehmen würdest“, sagte er. „Und nun gib mir den Wechsel und den Ring, dann ist die Sache aus der Welt.“
    Wenn sie nun machte, was er von ihr verlangte, würde sie ihn nie loswerden. Bis in alle Ewigkeit würde er Macht über sie haben.
    „Nein, das werde ich nicht tun“, sagte Jessica.
    Hinter sich hörte sie Schritte, danach eine Männerstimme.
    „Ach, sieh an, Weston. Haben Sie mir das eingebrockt, dass ich um vier Uhr früh aus den Federn gescheucht wurde? Das war nicht nett. Verdammt, das war gar nicht nett.“
    Weston spähte an Jessica vorbei. „Godwin?“, fragte er ungläubig. „Godwin, was zum Teufel treiben Sie denn hier?“
    Jetzt meldete Mark sich zu Wort. „Das fragen Sie noch? Er ist Ihr Sekundant.“
    Nur Silas Godwin käme infrage, hatte Mark ihr erklärt. Godwin sei ein gutmütiger Mensch. Und er könne den Mund halten, was noch entscheidender sei. Als Mark ihn wissen ließ, dass er gebraucht werde, war er bereitwillig mitgekommen – ohne Fragen zu stellen und der ungewöhnlichen Stunde zum Trotz.
    „Turner?“ Ein Speicheltropfen flog aus Westons Mund. „Turner? Sie wollen sich mit mir duellieren? Sind Sie des Wahnsinns? Und wer ist das noch, den Sie da bei sich haben?“
    „Das ist Doktor Agsley.“ Mark sah Weston an. „Es ist üblich, bei einer Auseinandersetzung dieser Art einen Arzt zugegen zu haben.“
    Während Mark sprach, hatte Jessica ihren Handschuh ausgezogen.
    „Hat Ihnen wohl nicht gereicht, mich grün und blau zu schlagen, was?“, ereiferte sich Weston. „Nein, jetzt wollen Sie mich auch noch zum Duell herausfordern! Sagen Sie bloß, Sie wollen um die Ehre einer Hure kämpfen. Nicht mal Sie können so …“
    Jessica schlug ihm mit dem Handschuh ins Gesicht. „Sei nicht dumm, Weston. Ich werde mich mit dir duellieren.“
    Sie würde sich niemals darauf eingelassen haben, hätte sie sich ernsthaft in Gefahr geglaubt. Aber sie kannte Weston. Oft genug hatte sie ihn schießen sehen, und sie bezweifelte, dass er auf dreißig Schritt Entfernung auch nur irgendetwas treffen würde.
    „Du?“ Er warf den Kopf zurück und lachte. „Du? Oh, das ist wirklich ein guter Witz. Dass einmal der Tag käme, an dem ich vor einer wie dir stünde und …“
    Wieder schlug sie ihm mit dem Handschuh ins Gesicht. Und noch während er sich die Wange rieb, zog sie eine Pistole aus ihrer Rocktasche. „Du stehst nicht vor der Wahl, dich zu duellieren oder entehrt davonzugehen. Du stehst vor der Wahl, dich zu duellieren oder kaltblütig erschossen zu werden. Als wir uns das letzte Mal sahen, hatte ich dir gesagt, ich würde dich erschießen, wenn du mich nicht in Ruhe lässt.“ Ihre Stimme war ruhig, doch tief im Innern bebte sie. Sie wusste nicht, ob vor Angst oder vor Zorn.
    „Ich kann mich nicht duellieren“, schnaubte Weston. „Ich habe meine Duellpistolen nicht dabei.“
    „Die habe ich hier“, rief Sir Godwin vergnügt, dann sah er Weston an und runzelte die Stirn. „Stimmt etwas nicht?“
    Was außer seiner Gutmütigkeit und Verschwiegenheit noch für Godwin sprach, war seine nicht gerade überschäumende Intelligenz.
    „Natürlich stimmt etwas nicht“, schnauzte Weston ihn an. „Ich duelliere mich nicht mit Frauen. Das wäre eines Gentleman nicht würdig. Das geht nicht, Jess. Es wäre falsch.“
    „Nenn mich nicht Jess.“ Sie richtete ihre Pistole auf ihn.
    „Aber, Jess …“
    Sie trat einen Schritt zurück.
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