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Geld im Mittelalter

Geld im Mittelalter

Titel: Geld im Mittelalter
Autoren: Jacques Le Golf
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die Stadtgemeinde einspringen musste. Das war 1218/19 in Agde der Fall, wo Stadt und Bischof gleichermaßen Geld für den Bau von Mühlen am Fluss Hérault beisteuern mussten. Darüber hinaus waren viele Städte gezwungen, die Kosten für den Bau von Aquädukten, Brunnen und Kanälen zu übernehmen. In Provins ließ im Jahr 1273 der Bürgermeister Wasserleitungen in die Häuser und Straßen legen, 1283 bekam die Stadt vom König das Recht eingeräumt, vier neue Brunnen auf Kosten der Bewohner aufzustellen. Das 13. Jahrhundert war auch die Zeit, in der die Rathäuser entstanden. Die ersten wurden Ende des 12. Jahrhunderts erbaut, so in Toulouse zwischen 1190 und 1204. Wenn wir Brügge als Beispiel nehmen, so setzten sich die laufenden Kosten einer Stadt aus der Vergütung der Ratsmitglieder und den festen Jahresgehältern der städtischen Amtsträger, also Beamten, zusammen. Hinzu kamen der Sold der Polizeisergenten, die Prunkgewänder für die Ratsherren und die Livreen für die Stadtbediensteten sowie der Ehrentrunk, der hochrangigen Gästen gereicht wurde und manchmal auch der Gunstgewinnung diente. Nicht zu vergessen die Kosten für die Boten, die Raymond de Roover zufolge beträchtlich waren. Schließlich ist im Rahmen der Wohlfahrtspolitik der Städte noch die Einrichtung von Hospitälern und Leprahäusern zu nennen. Jacqueline Caille hat am Beispiel von Narbonne sehr überzeugend die von ihr sogenannte Kommunalisierung und Säkularisation der Krankenhäuser aufgezeigt.
    Ein weiteres, ebenfalls von Caille untersuchtes Beispiel sind die kommunalen Ausgaben für den Bau von Brücken. Die Städte waren meist an Flüssen gelegen, und so fiel von Rom bis Paris der Brückenbau von Anfang an in die Zuständigkeit der Stadtregierung und machte einen erheblichen Teil der städtischen Ausgaben aus. Ab 1144, als der Graf von Toulouse die Bastide Montauban gründete, verpflichtete er die Zugezogenen zum Bau einer Brücke über den Tarn, die sie selbst bezahlen mussten. Kennzeichnend für das Mittelalter, was das Bauen betraf, war der unterschiedlich stark ausgeprägte, einmal mehr, einmal weniger abrupte Übergang von der Holz- zur Steinbauweise dieser städtischen Brücken. Das neue Material führte zwar zu höheren Kosten, aber die mit Holz verbundenen waren unter Umständen horrend: Brückenholz war, wie die meisten Behausungen, ein willkommenes Opfer der Flammen und widerstand den Fluten weniger als Stein. In Narbonne wurden gleich drei Brücken gebaut – Manifestation und Vehikel zugleich für die Ausbreitung der Geldwirtschaft. Die erste – genannt Pont-Neuf – entstand 1275 anstelle der alten Brücke mit dem Namen Pont-Vieux (den Stadthistorikern zufolge entweder eine mittelalterliche Brücke aus dem 12. Jahrhundert oder eine antike römische Brücke), die zweite 1329 und die dritte 1341. Letztere hatte einen Belag aus Eichenholz und Pfeiler aus Mauerwerk, nachdem der Pont-Neuf durch ein schlimmes Hochwasser 1307 teilweise zerstört worden war. 15 Gesichert wurde die Finanzierung der Brücken durch die Stadtherren von Narbonne und einige Honoratioren, für die sie von großem Nutzen waren, vor allem aber durch zwei Zollstellen, wo ein Bauer, der aus einer Kerzenauktion als Gewinner hervorgegangen war, die Zölle einkassierte. Die Gebote für diese Zollstellen waren sehr hoch gewesen, weil sich vor allem wohlhabende Kaufleute und Handwerker für sie interessierten. Obwohl der König weit weg war, musste er mehrmals intervenieren, zumeist um Ausgaben im Zusammenhang mit dem Bau oder der Instandhaltung dieser Brücken zu genehmigen. Der Brückenbau fällt mit dem Ende der Hochblüte des ökonomischen und sozialen Aufschwungs der Städte im langen 13. Jahrhundert zusammen.
    Im Allgemeinen war das Mittelalter mit dem im Ver gleich zu heute schlechteren technischen Instrumentarium und Wissen besonders anfällig für Katastrophen (Überschwemmungen, Brände, Erdrutsche), was einen verstärkten Rückgriff auf Geldmittel für die Reparaturarbeiten erforderlich machte. Jacques Berlioz hat diese Geschichte der Katastrophen im Mittelalter zwar skizziert, aber eine lückenlose Darstellung fehlt bis heute, ein erhebliches Manko in der Geschichte des Mittelalters. Obwohl die größten Finanziers der Bauarbeiten in Narbonne die Kirche und das Volk waren, wie im Übrigen auch in vielen anderen Städten jener Zeit, spielte der Markgraf eine sehr wichtige Rolle bei der Prägung von Münzen, die in der Stadt und im Umland verwendet
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