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Geld im Mittelalter

Geld im Mittelalter

Titel: Geld im Mittelalter
Autoren: Jacques Le Golf
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den geistigen, ökonomischen und sozialen Fragen zusammen, die die wachsende Bedeutung des Geldes in der Christenheit des Mittelalters aufwarf.
    Einen siebenteiligen Predigtzyklus, zum Großteil verfasst in der Volkssprache, also auf Deutsch, hielt Albertus Magnus, einer der größten scholastischen Denker des 13. Jahrhunderts, im Jahr 1257 oder 1263 in Augsburg. Nach Studien in Padua und Köln erwarb der Dominikanermönch zwischen 1245 und 1248 den Magister der Theologie an der Universität von Paris. Danach leitete er in Köln das Studium generale seines Ordens (zu seinen Schülern zählte auch Thomas von Aquin) und führte seine Tätigkeit als Prediger an verschiedenen Orten Deutschlands bis zu seinem Tod 1280 in Köln fort. Er war der erste bedeutende christliche Interpret der Schriften des Aristoteles. Thema aller sieben Predigten des Augsburger Zyklus, die er an sieben Tagen hintereinander vortrug, ist ein Kommentar des Augustinus zu einem Kernsatz der Bergpredigt: »Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben« (Matthäus 5,14). Albertus entwickelt darin ein Lob und eine »Theologie« der Stadt. Er hebt die wichtige Rolle der Kaufleute und Reichen hervor, die die Stadt mit allem Nötigen versorgen, damit die Armen ein Auskommen haben und die Stadt sich mit Bauwerken schmücken kann. In der Liste der von ihm genannten Hauptlaster steht die Genusssucht (luxuria) an erster Stelle und ist damit die schlimmste, während die Habsucht (avaritia) auf Platz drei landet (die Reihenfolge, in der die Theologen, Moralisten und Prediger des Mittelalters die Hauptlaster aufzählten, gibt mit am deutlichsten Aufschluss über ihre Einstellung zu Fragen der Sozialordnung und der Moral). Der herausragende amerikanische Mediävist Lester K. Little stellt in seinem großartigen Buch Religious Poverty and the Profit Economy in Medieval Europe (1978) treffend fest, Albertus Magnus bekräftige mit diesem Predigtzyklus, dass nicht das Kloster, sondern der zentrale Platz einer Stadt das Abbild des Paradieses auf Erden sei. Damit nimmt der Theologe die zunehmende Bedeutung der Stadt und des Geldes in seine Reflexionen auf.
    Die dramatisch wachsende Anzahl der Armen in den Städten war die andere Seite der Medaille. Michel Mollat, Historiker der Armen im Mittelalter, hat festgestellt, dass im 13. Jahrhundert die Städte die neuen Sammelplätze der Armen waren, wenngleich es auch viele Arme in den ländlichen Gebieten gab, und er führt Florenz als Beispiel auf, obwohl uns bis zum 15. Jahrhundert Zahlenangaben in den Quellen fehlen, die eine Auswertung ermöglichen. Ich werde später noch auf den scheinbar widersprüchlichen Zusammenhang von steigendem Geldumlauf und zunehmender Wohltätigkeit in monetärer Form zurückkommen. Der offensichtliche Grund dafür liegt in der ungleichen Verteilung der gestiegenen Geldmenge, denn in historischen Gesellschaften ging ökonomischer Wohlstand generell mit einer Zunahme sozialer Ungleichheit einher.
    Investitionen als neuer Kostenfaktor für die Städte
    Während die Grundherren den zunehmenden Geldumlauf wohl mehr mit Schwierigkeiten als mit Vorteilen verbunden sahen, gestaltete sich für die Städte die Finanzproblematik als weitaus schwieriger. Von der Entwicklung des Handwerks und vor allem des Handels profitierten in erster Linie Einzelpersonen oder Familien. Die Städte selbst mussten Ausgaben für die Gemeinschaft, Einzelpersonen und Amtsträger (Bürgermeister, Schöffen und andere) bestreiten, die sie – seit der Emanzipation der Städte, die sich vor allem im 12. Jahrhundert vollzog – nach außen vertraten. Dafür brauchten sie ein Fiskalwesen mit dem nötigen Instrumentarium. Den größten Ausgabenposten machten die Bauvorhaben aus, darunter in erster Linie die Instandhaltung der Befestigungsmauern, die in jener Zeit der heftigen Auseinandersetzungen zwischen Fürsten und Grundherren die meisten Städte umgaben. Die Intensivierung des Handels zog, wie etwa in Ypern und Paris, den Bau von Markthallen nach sich, die nicht nur einen praktischen Nutzen für den Warenverkehr hatten, sondern auch beinahe zur Konkurrenz für den Dom als Wahrzeichen der Stadt wurden. In Agde mussten sich 1305 die Stadtkonsuln mit dem Bischof einigen, um auf dem Hauptplatz eine Halle zu errichten, »die größte und breiteste, die gebaut werden kann«.
    Auch für den Bau von Öfen, Lagerhäusern, Pressen und vor allem Mühlen reichten die privaten Investitionen häufig nicht aus, sodass
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