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Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Titel: Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)
Autoren: Svetlana Sekulic
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gehalten,
aber ich war nicht fähig es auszupacken und mich daran zu
erfreuen. Ich starrte unentwegt über Jahre hinweg nur auf das
Geschenkpapier. Die Welt an sich oder auch nur das Drumherum, alles
was sich um mich herum bewegte, konnte ich nicht wirklich erklären
und weil ich den Sinn darin nicht ausmachen konnte, deswegen konnte
ich mich auch nicht daran erfreuen. Ich konnte mich des Lebens nicht
erfreuen. Und je mehr Leila versuchte mir Freude zu schenken, umso
schwarzer wurde ich innerlich, mein Herz und meine Seele mitten
darin. Du bist das Leben Leila und ich war der Tod. Tod und Leben
sind eins und doch konnten wir nicht gemeinsam bestehen. Ich war
dunkel, du bist der Sonnenschein. Immer wieder kehrte ich dem Leben
den Rücken zu. Ich konnte eines Tages nicht mehr lachen, ich
konnte meinen Mund nicht bewegen und ich wurde still, so still, dass
sich jedes weitere Wort als überflüssig und als Blödsinn
heraus kristallisierte. Meine Füße konnten sich zu keiner
Musik mehr bewegen und ich hörte keinen Klang einer Melodie in
meinem Ohr. Ich hatte mich von dem Leben draußen verabschiedet
und mich in einer Höhle darinnen verkrochen. So zog ich es vor,
in Kneipen einzukehren und meine Seele zu verspielen und verlor alles
was ich hatte an Glück und Freude. Ich verlor meine Liebe, meine
Leila, mein Kind, meinen Stolz. Ich trug Babu zu Grabe und wäre
am liebsten selbst mit begraben worden. Mein Leben hatte sich
verdunkelt und ich fand keinen Weg wieder heraus, bis zu dem Tag, an
dem ich ein seltsames Gefühl in mir trug. Ein Gefühl, jetzt
würde sich mein Leben ändern und da es nicht schlechter
werden konnte, spürte ich, dass es sich nur um meine geliebten
Sonnenstrahlen handeln konnte, die sich in mein Herz eingeschlichen
hatten. Das war der Tag, an dem ich den Brief von Fjodor in der Hand
hielt. Ich weder ein, noch aus wusste, aber begriffen hatte, das war
der Anfang. Das war mein Neubeginn eines neuen Lebens. Da ich sowieso
den Tod nicht freiwillig anzustreben vermochte, erfreute ich mich an
dem interessanten Angebot, das sich mir plötzlich nach über
zwanzig Jahren anpries. Die Adresse stand auf dem Kuvert, ich musste
mich nur auf den Weg dahin machen. Aber ich musste erst etwas anderes
erledigen. Ich musste zuerst meiner Leila begegnen und obwohl sie mit
ihrem Leben haderte, wollte ich ihr da wieder heraushelfen und ihr zu
einem gemeinsamen Glück mit mir verhelfen. Ich musste mich
langsam und behutsam auf sie einlassen und ihr Zeit lassen mit der
Wahrnehmung und der Feststellung, dass ich es wieder mit ihr
versuchen wollte. Mein ganzes Elend ist auf einen Schlag vergessen.
Ich bin wie neugeboren. Ich werde wieder richtig leben können,
weil du, meine Liebe wieder lebendig geworden bist, ganz tief in mir
drin. Das wird die Chance. Beim Beerdigungsinstitut wurde alles
geregelt und besprochen. Der Tag nahte heran. Das wurde der Tag, an
dem alles auf dem Spiel stand. Ich mietete eine Beerdigungskutsche
mit sechs schwarzen Pferden. Mein Plan war der, dass ich auf der
Kutsche saß und vor der Irrenanstalt herum fuhr, den Namen
meiner Angebeteten rief und ihr mitteilte, wie sehr ich sie noch
liebte. Georg hatte mich aus einer sicheren Entfernung zu beobachten
und nach einer gewissen Zeit in der Anstalt anzurufen, dass mit mir
etwas nicht stimme und ich gerade am Durchdrehen bin. So war ich
bereits vor Ort und hatte es nicht mehr weit zu Leila.

    Nicola
wachte auf. Er musste lange geschlafen haben, zumindest kam es ihm so
vor. Er versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, denn er wusste
nicht, wo er sich befand. Es war ein kleines Zimmer, in dem er
erwachte. Ein Zimmer mit Bett, Schrank und Tisch. Er war nicht zu
Hause und nicht bei Georg und nicht bei Olga und nicht bei irgend
jemanden, dessen Zimmer er gekannt hätte. Sofort blickte er auf
das Fenster und war erleichtert, dass es nicht vergittert war. Er
stand auf, ging zum Fenster, um es zu öffnen. Es ließ sich
nicht öffnen. Er war also doch in einem Gefängnis. Nicola
setzte sich wieder hin. Wie konnte das geschehen? Was war überhaupt
geschehen? Man hatte ihn eingesperrt. Er fühlte sich eigentlich
so, wie er sich immer fühlte, wenn er die Nacht hindurch
getrunken und gespielt hatte. Aber er wusste hinterher immer, wo er
sich befand. Er war noch nie aufgewacht und die Fenster waren
verschlossen und er in einem Zimmer gefangen. Die Tür wurde
geöffnet und ein Mann trat ein. Nicola sah, wie ein großer
Mann langsam auf ihn zukam, während seine Augen
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