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Geht's noch?

Geht's noch?

Titel: Geht's noch?
Autoren: C Phillips
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ihr Zuhause und ihre Familie in Florida bedeuteten Vertrautheit.
    Ihr Vater war an einem Herzinfarkt gestorben, als sie noch ein Kind gewesen war. Dank ihrer Mutter und ihrer Tante sowie der regelmäßigen Besuche ihres Onkels hatte sie sich nicht allein oder vernachlässigt gefühlt. Sie war jedoch alt genug gewesen, um sich an ihren Vater erinnern zu können, und spürte daher stets seine Abwesenheit in ihrem Leben. Während ihre Mutter wild, temperamentvoll und ohne jede Hemmungen war, hatte sie ihren Vater zurückhaltender, als ein Vorbild an Manieren und gutem Benehmen in Erinnerung.
    In ihren Kinderjahren hatte sie selbst ihre wilden Launen gehabt, etwa als ihr Vater darauf bestanden hatte, dass sie den Welpen, der ihr zugelaufen war, in ein Tierheim brachten. Es handelte sich zwar um ein
Heim, das aufgelesene Tiere grundsätzlich nicht einschläferte, aber sie wollte diesen Hund unbedingt behalten, und um ihrem Willen Nachdruck zu verleihen, hielt sie einen Demonstrationsmarsch, inklusive Transparente und Schilder, auf dem Garagendach unterhalb ihres Schlafzimmerfensters ab. Ihr Vater hatte darauf bestanden, dass sie herunterkam, wobei er sowohl seine Ablehnung hinsichtlich der von ihr gewählten Taktik zum Ausdruck brachte wie seine Angst um ihre Sicherheit. Er bat sie, künftig gängigere, ungefährlichere Wege zu wählen, um ihren Standpunkt zu vertreten, und nicht mehr die Nachbarn in eine solche Aufregung zu versetzen, dass diese nicht nur ihn, sondern auch gleich die Polizei alarmierten.
    Beim Gedanken an diesen Vorfall musste sie lachen, denn es war eine der wenigen Gelegenheiten gewesen, an denen sie die in ihr verschlossenen Gene ihrer Mutter freien Lauf gewährt hatte. Von diesem Moment an hatte sie sich bemüht, dem Rat ihres Vaters zu folgen und alle Wildheit zu beherrschen. Selbst nach seinem Tod hatte Amy nie aufgehört, seinem Wunsch zu entsprechen.
    Als Sozialarbeiterin tätig zu sein und bedürftigen Menschen zu helfen, war etwas, auf das ihr Vater sicherlich stolz gewesen wäre, und als sie diesen Job wegen eines der haarsträubendsten Ausfälle ihrer Mutter verlor, war sie am Boden zerstört gewesen und hatte sich zu Hause verkrochen, um ihre Wunden zu lecken. Dort hatte sie es sich angewöhnt, ihrer Mutter
und deren Freundinnen zur Seite zu stehen, was ebenfalls ganz im Sinne ihres Vater gewesen wäre. Am Ende hatte sie den Leitungsposten in der Seniorenanlage übernommen und musste rückblickend zugeben, dass diese Aufgabe gut zu ihr gepasst hatte.
    Aber sie hatte nun genug Zeit damit verbracht, auf ihre Mutter aufzupassen, und sehnte sich danach, mit Leuten ihres Alters zusammen zu sein. Amy war an ihrem Geburtstag aufgewacht und hatte festgestellt, dass sie nicht nur ihre einstigen Träume nicht verwirklicht, sondern auch vergessen hatte, sich neue Ziele zu erträumen. Der Bruch mit dem Vertrauten bot ihr die Möglichkeit, ein neues Leben für sich zu gestalten. Ein Leben, in dem sie bei Hot Zone – dank ihres Onkels Spencer und der Großzügigkeit der Geschwister Jordan, die ihr eine Chance gaben – auch von einer erfolgreichen Karriere träumen konnte.
    An diesem Silvesterabend stieg sie nun bei den Park-Avenue-Büros von Hot Zone aus dem Fahrstuhl, betrachtete die Gäste, insbesondere die männlichen, und sofort befiel sie ein Déjà-vu-Gefühl. Genau wie auf der Hochzeit von Sophie und Riley befand sie sich plötzlich auf unvertrautem Terrain. Würde sie sich jemals daran gewöhnen, von durchtrainierten, heißen Männern umgeben zu sein? Hoffentlich nicht, dachte sie, während sie ihr neues Alltagsumfeld musterte.
    Die Garderobiere begrüßte sie und nahm ihren Mantel entgegen. Ein Kellner bot ihr ein Glas Champagner
an, das Amy ablehnte. Sie wollte einen klaren Kopf behalten, um sich all die neuen Gesichter und Namen merken zu können und um sich an jene zu erinnern, die sie bereits auf der Hochzeit kennengelernt hatte. Die Erinnerungen daran waren noch sehr lebendig. Vor allem diejenigen an John Roper und wie enttäuscht sie über sein unaufrichtiges Verhalten gewesen war. Andererseits hätte er ihr womöglich von seiner Begleiterin erzählt, wenn ihm mehr Zeit geblieben wäre.
    Und vielleicht hatte er sich ja gar nicht so dicht zu ihr herabgebeugt, dass er ihre Wange küssen konnte, dachte sie und ärgerte sich noch immer über den Ausgang der Begegnung. Wie sehr sie auch dem Wunschdenken nachhing, er könnte von der wechselseitigen Anziehungskraft genauso unvermutet
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