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Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut

Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut

Titel: Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut
Autoren: Jack Higgins
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wieder zu sich kam, war er keinesfalls verwundert. Die beiden Soldaten hielten ihn links und rechts fest. Der Unteroffizier klopfte an, dann traten sie ein.
     Zum zweitenmal an diesem Abend hatte Chavasse Gelegen­ heit, sich in dem kleinen Spiegel hinter Lis Schreibtisch zu betrachten. Ein Auge war halb zugeschwollen, und die eine Gesichtshälfte war von einer rotvioletten Schwellung entstellt. Seine zerschlagenen Lippen bluteten, und die Vorderseite seines Hemdes war blutverschmiert.
     Oberst Li blickte hoch und seufzte. »Sie sind ein ziemlicher Dickschädel, mein Freund – und was nützt es Ihnen?« Whisky­ flasche und Gläser standen noch auf dem Schreibtisch. Li füllte ein Glas und schob es hinüber. Der Unteroffizier hielt es Chavasse an die Lippen.
     Als der starke Alkohol mit den Wunden in Berührung kam, stöhnte Chavasse unwillkürlich auf. Aber dann breitete sich eine warme Glut in seinem Körper aus und verscheuchte zum Teil die Übelkeit.
     »Sie haben da eine prächtige Schau abgezogen, Oberst!«
    ächzte Chavasse.
     Lis Gesicht zeigte Ärger. »Glauben Sie vielleicht, mir macht das Spaß? Halten Sie mich für einen Barbaren?« Er drückte auf den Klingelknopf an seinem Schreibtisch. »Lassen wir doch dieses kindische Katz-und-Maus-Spiel, mein Freund. Ich weiß alles über Sie.«
     Die Tür ging auf. Eine junge Chinesin trat ein und legte ihm ein Aktenstück auf den Tisch. Geistesabwesend stellte Chavas­ se fest, daß die Uniform das Mädchen wie eine zweite Haut umgab. An den schlanken Beinen trug sie russische Lederstie­ fel.
     »Hier steht alles drin!« sagte Li und hob den Aktendeckel auf. »Ich habe mit Lhasa telefoniert, und von dort aus hat man sofort unser Nachrichtenbüro in Peking verständigt. Sie wollen es mir nicht glauben?«
     Chavasse hob die Schultern. »Das werden wir ja sehen.«
     Oberst Li klappte den Aktendeckel auf und las vor: »Paul Chavasse, geboren neunzehnachtundzwanzig in Paris, Vater Franzose, Mutter Engländerin, Studium an der Sorbonne, in Cambridge und Harvar. Abschluß als Doktor der modernen Sprachen. Bis neunzehnvierundfünfzig Lehrstuhl an der Manningham-Universität. Seitdem Mitarbeiter des Bureau, einer Geheimorganisation, die von der britischen Regierung bei ihrer ständigen Wühlarbeit gegen freie kommunistische Staaten eingesetzt wird.«
     Es erschreckte Chavasse nicht einmal, daß sie so viel über ihn wußten. Er fürchtete sich auch nicht. Sein ganzer Körper schmerzte, und er brauchte all seine Energie, um wenigstens die Augen offenzuhalten.
     »Ihr seid mit einer verdammt blühenden Phantasie gesegnet«, sagte er.
     Oberst Li sprang zornig auf. »Warum zwingen Sie mich, Sie so zu behandeln? So benimmt sich doch kein intelligenter Mensch!« Er kam um den Schreibtisch herum und setzte sich dicht vor Chavasse auf die Schreibtischkante. Als er weiter­ sprach, klang seine Stimme so freundlich, als müßte er ein dickköpfiges, eigensinniges Kind überreden: »Sagen Sie mir, was Sie hier wollen, mehr möchte ich gar nicht wissen. Danach besorge ich Ihnen einen Arzt, eine Mahlzeit, ein warmes, weiches Bett – alles, was Sie sich wünschen.«
     Jetzt verließen Chavasse die Kräfte. Es kostete ihn eine übermenschliche Anstrengung, die Augen offenzuhalten. Lis Gesicht schwoll zu einer grotesken Maske an. Er öffnete den Mund, brachte aber keinen Laut hervor.
     Der Oberst rückte noch näher. »Beantworten Sie mir doch meine Frage, Chavasse, mehr verlange ich von Ihnen nicht. Um alles andere werde ich mich kümmern, das verspreche ich Ihnen.«
     Chavasse brachte es fertig, in dieses übertrieben große, un­ deutliche Gesicht zu spucken, bevor in seinem Schädel grelle, bunte Lichter explodierten und er in einen grundlosen, tinten­ schwarzen Schacht stürzte.

    2

    Chavasse stand im Eingang des Caravel-Klubs in der Portland Street und blickte mißvergnügt in den peitschenden Regen hinaus. Ein eigentümliches Liebesverhältnis zu dieser grauen Stadt hatte ihn seit mehreren Jahren in London festgehalten, doch als er jetzt auf den nassen Bürgersteig trat, sagte er sich, daß um vier Uhr morgens, noch dazu im November und bei diesem scheußlichen Wetter, die schönste Romanze nasse Füße bekommen mußte.
    Zahllose Zigaretten hatten in seinem Mund einen pelzigen
    Geschmack zurückgelassen. Die hundertfünfzehn Pfund, die er am grünen Tisch des Caravel-Klubs verloren hatte, trugen auch nicht gerade zur Besserung seiner miserablen Stimmung
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