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Gehirnfluesterer

Gehirnfluesterer

Titel: Gehirnfluesterer
Autoren: Kevin Dutton
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sagt McComb. Und bei Menschen
     löst dieses Aufforderungsschnurren offensichtlich mehr aus als bloßes Miauen.
    Mehr, als Worte sagen können
    Ein Schlüsselreiz ist Beeinflussung in der reinsten Form. Ein Schlüsselreiz ist eine elegante hundertprozentige Manipulation
     des Denkens, unbeeinträchtigt von Sprache und Bewusstsein, die dadurch einfach aus dem Feld geschlagen werden. Schlüsselreize
     sind simpel, eindeutig und leicht zu verstehen, Überzeugung im ursprünglichen Sinne. Die offizielle Beschreibung von Schlüsselreizen
     hört sich natürlich etwas anders an: Ein Schlüsselreiz kann definiert werden als Auslöser in der Umwelt, der durch sein Auftauchen
     festgelegte Verhaltensmuster in Gang setzt. Das Programm ist angeboren und läuft (im Regelfall) kontinuierlich ab, bis es
     erfüllt ist. Im Großen und Ganzen bedeuten aber beide Beschreibungen dasselbe.
    In der Natur gibt es dafür ungezählte Beispiele. Manche Schlüsselreize sind optisch, so wie der Adler, andere akustisch, wie
     das Aufforderungsschnurren. Manche auch kinetisch, so wie der Tanz der Honigbienen, wenn sie ihren Artgenossinnen den Weg
     zu einer Futterquelle weisen wollen. Manchmal kommen alle drei Elemente zusammen. Besonders wenn es um Paarung geht. Trihramahras
     Melodius etwa ist berühmt für seine kobaltblaue Kehle. Und für seinen süßen und melodischen Gesang.Und für sein ausgedehntes Balzritual, das bis zu zwei Minuten dauern kann. Nein, Trihramahras Melodius ist kein Latin Lover,
     sondern ein tropischer Singvogel, der tief im Dschungel des Amazonas lebt. Sein Hirn hat die Größe einer Bohne. Trihramahras
     Melodius ist auch kein Mitglied der Seduction Community. 2 Trotzdem weiß er bestens über das Aufreißen Bescheid. Wenn ein Männchen der Spezies ein passendes Weibchen sieht, schleicht es nicht um den heißen Brei herum. Ganz im Gegenteil. Es stürzt sich sofort darauf und macht Punkte.
    Nicht Bewegungen, sondern Geräusche sind die Sprache der Liebe bei bestimmten Froscharten. In Louisiana ist der Amerikanische
     Laubfrosch (
Hyla cinerea
) nicht zu überhören, vor allem wenn man müde ist und gerne eine Mütze Schlaf bekommen würde. Wegen ihres Paarungsrufs, dessen
     »quonk, quonk« an Glocken erinnert, auch Bell Frogs genannt, leben diese Tiere in den verschiedensten Umgebungen, in Teichen,
     Straßengräben und Sümpfen etwa, kommen aber auf der Jagd nach Insekten gerne auch auf erleuchtete Veranden und veranstalten
     dort ihr Konzert. Wobei ihr akustisches Arsenal einigermaßen vielfältig ist. Häufig koordinieren mehrere Exemplare ihr Unisono-Gequake,
     und herauskommt eine durchaus harmonische, gleichwohl entnervende Kakophonie, ein »Quonk-quack, quonk-quack«-Refrain. Untersuchungen
     haben ergeben, dass die Männchen ihre Rufe je nach den Umständen variieren können. In der Dämmerung etwa, als Vorspiel, wenn
     sie sich zum Aufzuchtteich aufmachen, geben sie ein »Territorial-Quaken« von sich, das Rivalen fernhalten soll, und wechseln
     dann, wenn sie auf ihre etwas träge Art aneinandergeraten sollten, zu eher gereizten Lauten. Erst wenn sie den Teich erreicht
     haben, geht es so richtig los und der Chorus schwillt zum »Quonk-quonk«-Finale. Dieses namengebende Paarungsgeläute können
     die Froschweibchen über 300   Meter Entfernung hören. Und andere Anwohner auch.
    Reden und Handeln
    Die bislang betrachteten Formen der Beeinflussung im Tierreich waren gewissermaßen ehrliche Versuche, die direkt zum Punkt
     kamen. Das können wir auch in der menschlichen Gesellschaft regelmäßig beobachten. Der einzige Unterschied besteht darin,
     dass diese Viecher es besser machen. Von dem Zeitpunkt an, wo man auf einen möglichen Partner trifft, bis zu dem Punkt, an
     dem man dieses existenzielle Geschäft abgeschlossen hat, hängt der Erfolg von einer gemeinsamen Sprache ab. Und mehr Gemeinsamkeit
     als den Schlüsselreiz gibt es nicht.
    Die Bedeutung dieser gemeinsamen Sprache, wenn es um Überzeugung geht, die Bedeutung der Empathie, 3 wird noch klarer, wenn wir eine ganz andere Art von Beeinflussung betrachten , nämlich Mimikry. In diesem Fall ahmt ein Mitglied einer Spezies die Eigenarten einer anderen Spezies nach, um einen persönlichen
     Vorteil zu erlangen. Das kann auch artüberschreitend stattfinden. Bleiben wir noch einen Augenblick bei den Bell Frogs. Bei
     den meisten von ihnen folgt das ganze Paarungspalaver einem feststehenden Muster. Nüchtern betrachtet bleibt ja auch nicht
     viel
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