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Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare

Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare

Titel: Gehen oder bleiben? - Entscheidungshilfe für Paare
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Und man kann jemanden lieben, ohne in diese Person je verliebt gewesen zu sein. Verliebtheit und Liebe sind nicht dasselbe. Aber genaudas erwarten wir heute von der Liebe: dauernde Verliebtheit und damit prickelnde Leidenschaft. Setzen wir beide gleich, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn nachlassende Leidenschaft und Nähe nicht als normaler Verlauf der Liebe betrachtet werden, sondern als Indiz dafür, dass man nicht in der bestmöglichen aller Beziehungen lebt. Und schon ist man dann weg!
    Im Wesentlichen sind es heute fünf Erwartungen, die mit einer Liebes-Beziehung verknüpft sind. Erstens die Erwartung an den perfekten Partner und die perfekte Partnerschaft. Die Gefahr dabei: Der jetzige ist nie gut genug, es gibt noch einen besseren. Wenn das große Glück sozusagen hinter jeder Ecke lauert, dann müssen wir uns ständig fragen: Habe ich mich jetzt richtig entschieden? Verpasse ich etwas? Sollte ich weitersuchen, um noch zufriedener zu sein? Das erzeugt einen ungeheuren Vergleichsdruck. Und damit verkehren sich die besten Voraussetzungen, die die Liebe jemals hatte, in ihr Gegenteil. Zwischen den Partner schafft dies ein Klima von Misstrauen, Eifersucht und Gehetztheit. Wir vergleichen uns und den Partner ständig mit anderen, ahnen, dass er oder sie es umgekehrt genauso mit uns macht – und haben oft Angst, nicht zu genügen. Mein Eindruck aus vielen Gesprächen: Viele Paare verwechseln »Attraktivität« mit Liebe. Das eine geht sehr schnell – das andere braucht Zeit.
    Dazu kommt die Erwartung, dass durch den Liebsten die eigene Person aufgewertet wird: »Mach, dass ich mich als etwas Besonderes fühle!« In der romantischen Liebe suchen wir eine Idealmöglichkeit zur Selbstverwirklichung. Damit wird die Partnerschaft zum Ort gefühlsbezogener Sinnfindung.
    Drittens die Erwartung: Versteh mich! Und: Mach mein Leben interessant! Damit sind heute Bindung und Stimulation gleichberechtigte Bestandteile unseres Begehrens – und unserer Enttäuschung.
    Viertens die Erwartung, die Liebe soll es richten, und wehe, sie tut es nicht. Dann sucht man sich eine neue Liebe. Dies kommt einer Überschätzung der Liebe gleich, die sie in die Flucht treibt. Die Liebe ist eine zu schöne Sache, als dass man sie ständig überfordern sollte.
    Und fünftens die Erwartung dauerhaften Liebesglücks. Früher stellte Zufriedenheit einen wichtigen Wert für eine Partnerschaft und Ehe dar. Für ältere Paare gilt dies auch heute noch großenteils. Man hatte ein »gutes Auskommen« miteinander. Auch dass man überhaupt so lange zusammenbleibt und sich zwei Menschen auf Dauer ertragen, war früher ein wichtiger Wert für die Partner. Gerade bei den jüngeren Paaren hat sich mittlerweile die Messlatte radikal verändert. Es geht nicht mehr um Zufriedenheit, sondern um nicht mehr und weniger als das Glück in der Liebe.
    Verliebtheit und Liebe können ohne Frage sehr glücklich machen. Und auch die Erotik bietet Momente des Glücks. Man kann aber das Glück nicht herbeizwingen. Dem Glück kann man zwar Gelegenheiten geben, aber ob das ersehnte Gefühl auch eintritt, liegt oft jenseits unseres direkten Einflusses und ist das Nebenprodukt ganz anderer Zielsetzungen. Dauerhaftes Liebesglück ist kein durchgängiges Rezept für eine gelingende Beziehung, sondern eine unrealistische Erwartung.
    Zweifellos: Ohne Erwartung läuft in der Liebe gar nichts. Deswegen hilft es auch nicht weiter, sich von allen Erwartungen zu befreien zu suchen. Erwartungen gehören untrennbar zur Liebe. Der Prozess der Abstimmung ist jedoch eine heikle Angelegenheit, der direkt ins Unglück führen kann.
    Von einem Menschen, der meint, uns zu lieben, erwarten wir sowohl ein intuitives Verständnis wie ein absichtliches, also bewusstes Einlassen auf unsere Befindlichkeit. Die Fähigkeit zum Mitgefühl und die Erwartung, Mitgefühl und Anteilnahme eines anderen zu erhalten, sind wichtige Bausteine der Liebe. Wenn die Erwartungen weit darüber hinausgehen, und wenn sie wie Ansprüche gesetzt und vom Partner eingefordert werden, führen sie insgesamt zu einer zu hohen Erwartungshaltung, die Paare in die Knie zwingt. Es mag banal klingen, aber im Grunde ist die Liebe als solche nie in der Perfektion zu bekommen, wie man sie gerne hätte.
Lösungsversuche
    Es gehört einiges dazu, das Dilemma zwischen dem Ideal der romantischen Liebe und dessen Scheitern nicht dadurch lösen zu wollen, dass man sich auf die eine oder andere Seite schlägt. Nach der einen Seite
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