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Geheimsache Labskaus

Geheimsache Labskaus

Titel: Geheimsache Labskaus
Autoren: Ina Martin und Rometsch Verg
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verraten.“ Elektra schien für einen Moment ganz in ihre Kartoffeln versunken. Dann blickte sie den Jungen neugierig an: „Pudeldiebstahl klingt aber auch nicht schlecht. Erzähl mal!“
    Zack erzählte, und Elektra lauschte gebannt.
    „Tja, und deswegen bin ich hier“, schloss der Junge und griff nach der nächsten Kartoffel. Er setzte das Messer an – doch diesmal rutschte ihm die Knolle aus der Hand, und die Klinge fuhr tief in seinen Zeigefinger. Zack schrie vor Schmerz auf, Blut quoll hervor.
    Mit schnellem Schritt kam Anderling herbei. Er hatte die Szene auf dem Bildschirm der Überwachungskamera beobachtet. „Ungeschickt sind wir also auch noch“, zischte er. Dann nahm er sein Funkgerät vom Gürtel: „Frau Direktorin, ein Zwischenfall in der Küche.“
    Paloma Hansen betrat kurz darauf auf klackernden Pfennigabsätzen den Raum. „Du Armer“, sagte sie mit gespielter Anteilnahme, „lass mal sehen.“ Zack hielt ihr den Finger hin. „Noch mal Glück gehabt, wir müssen nichts nähen“, befand die Heimleiterin. „Anderling, das Verbandszeug!“
    Die Pflaster waren viel bunter als die Dinger, die Zacks Mutter immer aus dem Krankenhaus mitbrachte. Auf jedem einzelnen war ein kleines Bildchen aufgedruckt. „Nee, oder?“, rief er entsetzt. „Bitte keine Schlümpfe!“ Aber Hansen hatte schon einen breiten Streifen über seinen Finger geklebt – ein quietschgelbes Pflaster, darauf das Gesicht eines breit grinsenden blauen Schlumpfs. „Ich bin doch kein Baby, Mann, ich bin fast zwölf!“, protestierte Zack.
    „Auch mit fast zwölf nennst du mich bitte Frau Direktorin Hansen. Höflichkeit ist eine wertvolle Tugend. In jedem Alter.“ Mit diesen Worten stöckelte sie aus der Küche.
    „Elektra, ich muss hier raus“, sagte Zack, plötzlich fest entschlossen.
    Elektras Antwort ging in einer ohrenbetäubenden Lautsprecher-Durchsage unter. Als der Krach verhallt war, hörte Zack sie sagen: „Komm, es gibt Frühstück!“
    Zack hatte richtig Hunger. Er stellte sich vor, wie er gleich knusprige Brötchen mit Butter und Schokocreme vertilgen würde. Und mindestens drei Tassen Kakao. Und eine große Schüssel Erdbeerquark. Im Frühstücksraum war bereits angerichtet: Für jeden gab es einen schwabbeligen Brei, der fast dieselbe Farbe hatte wie Zacks Jacke, garniert mit Essiggurke, Rollmops und Spiegelei. „Elektra“, rief Zack sichtlich angewidert, „sag mir, dass ich träume!“
    Aber Elektra futterte bereits gierig drauf los. „Donnerstags gibt’s hier immer Labskaus“, sagte sie kauend. „Sieht schlimmer aus, als es schmeckt.“
    Zögerlich nahm Zack einen Bissen von dem lauwarmen Matsch: leicht säuerliche Bröckelchen und zähe Fasern, die beim Kauen zwischen seinen Zähnen hängen blieben. Mit Mühe kämpfte er gegen den Ekel an und würgte das Gemisch herunter. „Boah! Was ist denn das für Fleisch?“
    Elektra runzelte die Stirn. „Tja. Das fragen wir uns hier auch“, antwortete sie. „Das genaue Rezept kennt wirklich nur die Hansen.“

Donnerstag, 23. Juli, 8.33 Uhr
    Zur selben Zeit stand Charlie Pollack mit angestrengtem Gesichtsausdruck vor dem Spiegel. Ja, „Traum in Kastanienbraun“ war die richtige Farbwahl gewesen. Ihre neue Frisur sah eigentlich ziemlich gut aus. Eigentlich. Nur die frisch eingeflochtenen, knallorangefarbenen Rastazöpfe nach dem Waschen wieder in den Griff zu bekommen, war gar nicht so einfach! Oder hätte sie die vorher rausnehmen müssen?
    Das Klingeln an der Wohnungstür riss sie aus ihrer Grübelei. „Zacharias, mach mal auf!“ So konnte sie unmöglich an die Tür gehen. Schlimm genug, wenn ihr kleiner Bruder sie so zu Gesicht bekam. „Zacharias, bitte!“
    Nichts. Wieder klingelte es.
    „Mensch, Zack, bist du taub oder was?“ Genervt riss Charlie die Tür zum Zimmer ihres Bruders auf. Aber da war kein Bruder. Das Bett war leer.
    Es klingelte zum dritten Mal. Einen Moment stand Charlie unschlüssig da. Wo war der Kerl? Dann eilte sie den Flur entlang und drückte auf den Summer.
    Sie blickte kurz prüfend in den großen Spiegel neben der Wohungstür. Mist, die Haare! Noch blieben ihr ein paar Augenblicke: Ohne Fahrstuhl in den fünften Stock zu kommen, dauerte schließlich eine Weile. Flugs schlang sie sich ein Handtuch um die Mähne, kontrollierte noch einmal ihr Spiegelbild und öffnete schließlich die Tür. In diesem Moment kam Oskar die letzten Treppenstufen heraufgestürmt. „Guten Morgen, Charlie“, schnaufte er, „gibt’s schon was
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