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Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Titel: Geheimnummer. Kein Sex nach Plan
Autoren: Sabine Leipert
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Dann verließ ich in einem undefinierbaren Zustand die Praxis. Mein Zustand war so undefinierbar, weil ich weder glücklich noch nervös, weder geschockt noch überrascht war. Ich war einfach nur schwanger. In der nächstbesten Kneipe bestellte ich mir ein Wasser, obwohl mir eher nach einem doppelten Whisky war. Ich starrte auf das Ultraschallbild, aber ich konnte noch nicht einmal meine Gebärmutter erkennen, geschweige denn ein Baby.
    Es kam mir absolut unwirklich vor. Dabei waren die Anzeichen irgendwann nicht mehr zu übersehen gewesen. Nachdem ich aus Hamburg zurückgekommen war, hatte ich mich sofort an den Artikel gesetzt. Ich arbeitete Tag und Nacht, und als ich Tim am Dienstag nach Redaktionsschluss endlich wiedersah, hatte ich den Schwangerschaftstest vom Wochenende längst vergessen. Auch dass meine Tage immer noch auf sich warten ließen, ging in dem anschließenden Trubel völlig unter. Mein Artikel wurde von allen Seiten gelobt, und an dem Tag, als Udo mir eine eigene Reihe über Jungstars in der Bundesliga anbot, führte ich die Übelkeit noch auf meine Aufregung und das schlechte Kantinenessen zurück. Aber als ich am dritten Tag in Folge meinen Kopf morgens über die Kloschüssel halten durfte, klingelten endlich die Signalglocken.
    Ich nahm einen Schluck von dem Wasser und versuchte, endlich einen klaren Gedanken zu fassen. In der siebten Schwangerschaftswoche war ich laut Ärztin schon und hatte nichts gemerkt. Ich rechnete nach, auch wenn sich am Ergebnis nichts mehr ändern würde. Vor fünf Wochen musste es also passiert sein. Schon möglich. Ziemlich gut möglich sogar. Damals im Auto. Als Tim und ich uns wieder einmal versöhnt hatten, oder vielmehr, bei der Versöhnung. Es war der perfekte Moment zum Schwangerwerden gewesen. Es hatte in Strömen geregnet, aber ich war trotzdem zu Fuß durch den Regen zu Tims Wohnung gelaufen. Weil ich die Nase voll hatte, von unserem Streit, von seiner ewigen Sorge, ich würde ihn betrügen, die ich trotz meiner Vorgeschichte für übertrieben hielt. Zwei Wochen hatte ich ihn zappeln lassen, geschmollt, getobt, den Telefonhörer nicht abgenommen, die Tür nicht aufgemacht. Zwei Wochen ohne Tim, dann hielt ich es nicht mehr aus. Ich wollte zu ihm und er zu mir, und irgendwo in der Mitte hatten wir uns getroffen. Mitten auf der Straße. Tim öffnete die Beifahrertür, und ich setzte mich in seinen Wagen und fand es nur gerecht, dass seine tollen Ledersitze nun klitschnass wurden.
    Er sagte nur: »Tut mir leid!«
    Ich: »Das sollte es auch. Ich schlafe nämlich nicht mehr mit jedem, der bei drei nicht auf den Bäumen ist!«
    Er fing an zu lachen und fragte im Scherz: »So? Mit wem schläfst du denn jetzt?«
    »Mit dir, Blödmann!«
    Und das tat ich dann auch. Gleich da im Auto. Ich war zwar nicht sehr romantisch veranlagt, aber der Moment war wirklich prädestiniert dafür gewesen, ein Kind zu zeugen. Nicht nur, weil wir keine Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatten oder weil wir uns auch nicht im Geringsten um die nicht getroffenen Vorsichtsmaßnahmen geschert hatten, sondern weil es in dem Moment nur uns beide gab. Wir wollten nichts dringender als zusammen sein.
    Und jetzt war es da, das biologisch einwandfreie Resultat. Ich starrte wieder auf das Ultraschallbild. In ein paar Monaten würde dieser Zellenwirrwarr ein kompletter Mensch sein, der gefüttert werden wollte und mich Mama nennen würde. Mich. Mama. Mit zweiunddreißig fühlte ich mich noch längst nicht wie eine Mama. Ob Tim sich mit einunddreißig wie ein Papa fühlte? Ich leerte das Wasserglas, zahlte und fuhr zu ihm.

Gymnastikübungen
    Obwohl Tim die größere Wohnung von uns beiden hatte, trafen wir uns meistens bei mir. Das lag vor allem daran, dass Tim sich die Wohnung mit seinem Sandkastenfreund Chris teilte, dem ich möglichst aus dem Weg gehen wollte. Nicht nur wegen unserer kurzen, aber heftigen Affäre, ohne die, wie Chris wenig feinfühlig seinem Freund gegenüber gerne betonte, ich Tim gar nicht kennengelernt hätte. Sondern vor allem, weil Chris es gewagt hatte, sich auf meiner Geburtstagsfeier von meiner Mutter anbaggern zu lassen, und seitdem eine ›richtig ernsthafte Beziehung‹ mit ihr führte.
    Ich klingelte, auch wenn ich einen Schlüssel zu der Wohnung besaß, aber ich wollte Chris oder meiner Mutter wenigstens noch Zeit lassen, sich anzuziehen, falls sie da waren. Zum Glück öffnete Tim. »Was machst du denn jetzt schon hier?«, fragte er überrascht.
    »Dich besuchen.«
    Mein
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