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Geheimnisvolle Beruehrung

Geheimnisvolle Beruehrung

Titel: Geheimnisvolle Beruehrung
Autoren: Nalini Singh
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    »Nein«, sagte er, das musste er sofort richtigstellen. »In dem Fall wäre ich gleich zu den Ärzten teleportiert.« Er trug sie zum Bett und nahm sie trotz der blutverschmierten Hose auf den Schoß.
    Sie klammerte sich noch mehr an ihn, barg ihr Gesicht an seiner Brust. Er wusste nicht, wie er sie sonst trösten sollte, deshalb hielt er sie nur, hielt die einzige Person fest in seinen Armen, die je um ihn geweint hatte.
    Zum ersten Mal hatte sie das sechs Monate nach ihrem ersten Treffen getan, als sie die fast schon vergessenen schwärzlichen Flecken auf seinem Arm entdeckt und die Ärmel seines Sweatshirts hochgeschoben hatte. Auch damals wusste er nicht, was er tun sollte, sagte nur, sie würde Schwierigkeiten bekommen, wenn man sie beim Weinen erwischte, doch ganz egal, was er sagte, die Tränen flossen still, und sie streichelte seinen Arm.
    Ich kann das nicht heilen. Tut mir leid. Das kann ich nicht.
    Nun streichelte sie ihn wieder genauso. Zärtlich glitten die Finger über den Oberarm. Und er sagte dasselbe, was auch damals den Tränenfluss endlich gestoppt hatte. »Bitte hör auf zu weinen. Ich lasse dich fliegen, wenn du nicht mehr weinst.«
    Ich lasse dich fliegen, wenn du nicht mehr weinst.
    Erinnerungen schossen Sahara durch den Kopf, und plötzlich saß sie an dem kleinen, versteckten Teich ganz am Rande des NightStar-Geländes, die bunten Kois bewegten sich faul im klaren Wasser, und sie schmeckte Salz auf ihren Lippen.
    »Was hast du gesagt?«, fragte sie leise den Jungen, dessen Arm eine Geschichte erzählte, über die er nie sprechen würde.
    »Schau.« Er hielt den schönen blauen Stein hoch, den sie ihm geschenkt hatte. Er hatte zwischen anderen in dem kleinen Kasten gelegen, den sie von ihrem Vater zum Lernen bekommen hatte. Sie sollte herausfinden, woher die Steine stammten, doch sie hatte auch alles über sie gelesen, was nicht streng wissenschaftlichen Kriterien genügte. Lapislazuli stand für Freundschaft.
    Der Stein schwebte in der Luft. »So etwa.«
    Lächelnd griff Sahara nach dem Stein und wischte mit der Hand die Tränen fort. Die Erinnerungen wichen der Gegenwart.
    Sie sah in vollkommen schwarze Augen und umfing Kalebs Gesicht mit beiden Händen. »Das hat Spaß gemacht, nicht wahr?« In einem abgelegenen Teil des Geländes, wo niemand sie entdecken konnte, war sie dann selbst geflogen.
    »Du wolltest auf dem höchsten Ast der größten Kiefer im Wald sitzen.«
    Sahara lachte unter Tränen. »Und du hast mich dorthin gebracht.« Begeistert hatte sie dort oben gesessen, fern aller Sorgen, hatte mit den Beinen gebaumelt und Kaleb zugewunken. »Ich glaube, du hattest Angst, ich könnte fallen.«
    »Ich könnte … ein wenig unsicher gewesen sein, was dein Gleichgewicht anbelangt.«
    Saharas Lachen schwand, als sie sich an andere Gelegenheiten erinnerte, als er verletzt gewesen war und versucht hatte, es vor ihr zu verbergen. »Wie hast du als Junge die Kontrolle über deine Kräfte behalten, ohne die schmerzhafte Dissonanz? Hatte die Bestie nie Angst, du könntest zurückschlagen?«
    Kaleb wurde ganz starr, und sie hätte die Worte gern zurückgenommen, die Fragen unterdrückt wie so oft, doch manche Geheimnisse enthielten ein schleichendes Gift, und die Zeit war gekommen, sich der blutigen Nacht zu stellen, die bei ihnen beiden Narben hinterlassen hatte. Und der Anfang war eine Kindheit, ein schrecklicher Albtraum aus Schmerzen und Einsamkeit.
    »Du und ich«, flüsterte sie. Er war nicht allein im Dunkeln, würde es nie mehr sein. »Auf immer und ewig.«
    Undurchdringliche schwarze Augen in einem schönen Antlitz, doch er legte den Arm um ihre Taille, und sie spürte seine Hand warm durch das Sweatshirt. »Santano hatte meinen Geist telepathisch an die Leine gelegt.« Er ballte die Faust in ihrem Rücken. »Selbst wenn ich dachte, ich sei frei, war ich es nicht. Er konnte mich immer zwingen, zuzuschauen.«
    Sahara hätte die Erinnerungen löschen, hätte seinen Schmerz lindern können, doch damit hätte sie das Vertrauen zwischen ihnen unwiderruflich zerstört. »Er hat versucht, dich zu brechen«, sagte sie stolz. »Doch du hast nicht nur überlebt, sondern bist sogar mächtiger geworden als jeder andere.«
    Die leidenschaftliche Frau auf seinem Schoß liebte ihn so sehr, dass sie den Kampf mit seinen Dämonen aufnahm; er musste es ein für alle Mal zu Ende bringen, musste ihr alles erzählen. »Hast du dich nie gefragt, wie er alles über dich herausfinden konnte, da wir
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