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Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Titel: Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)
Autoren: Guido Knopp
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aufrechten Deutschen und selbstloser »Friedensflieger« verehrt wird: Rudolf Heß.
    Dieser Flug gehört noch immer zu den großen Rätseln der Weltgeschichte.
    Manfred Görtemaker, Historiker und Heß-Biograf

»Kultstätte für Neu- und Ewiggestrige«: Das Grab von Heß auf dem Stadtfriedhof in Wunsiedel, aufgenommen im August 2004.
    Picture Alliance, Frankfurt (dpa-Fotoreport)

Sein Leben blieb bis zuletzt rätselhaft: Der von Legenden umwobene Alleinflug nach Großbritannien im Mai 1941 ist noch immer eines der großen Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs. Wenige Wochen vor dem Beginn des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion hatte Heß eine Messerschmitt-Maschine in seinen Besitz gebracht, war über die Nordsee gen »Engeland« geflogen und in der Nähe von Glasgow mit dem Fallschirm abgesprungen. Kaum eine andere Episode aus dieser Zeit gab zu so vielen Mutmaßungen Anlass wie dieses waghalsige Unternehmen, dessen Hintergründe noch immer nicht restlos aufgeklärt sind.
    Bis heute findet jede noch so abenteuerliche Theorie über den Heß-Flug ihre Anhänger: Reiste er tatsächlich als chancenloser Friedensengel in eigener Mission – im Glauben, den Willen des »Führers« zu exekutieren, wie der überwiegende Teil der Forschung annimmt? Oder war er vielmehr im Auftrag Hitlers unterwegs, mit einem offiziellen Friedensangebot an Großbritannien im Gepäck, wie andere glauben? Lockte ihn womöglich der britische Geheimdienst unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in einem Intrigenspiel auf die Insel? Oder hatte sich Heß von Hitler losgesagt und kam als politischer Flüchtling? Selbst die irrwitzige Mutmaßung, er sei schon kurz nach dem Start abgeschossen und durch einen perfekt getrimmten Doppelgänger ersetzt worden, wurde schon zwischen zwei Buchdeckeln ausgebreitet.
    Die Chancen auf eine vollständige Lösung des Rätsels stehen schlecht. Alle unmittelbar Beteiligten sind tot, und entscheidende Hinweise in den Akten fehlen. Wichtige Unterlagen der britischen Geheimdienste MI 5 und MI 6 sind weiterhin »indefinitely closed« – auf unbestimmte Zeit gesperrt.

»Nach vorheriger Übereinkunft mit den Engländern erfolgt«: Die in Moskau entdeckte Erklärung von Karlheinz Pintsch wirft ein neues Licht auf Heß’ Englandflug 1941.
    Unbekannt

Zuletzt bekam die These, dass der Trip nach Schottland mit Hitler abgestimmt war, wieder neue Nahrung: Im Staatsarchiv der Russischen Föderation entdeckte der deutsche Historiker Matthias Uhl 2011 ein Dokument, das die Spekulationen wieder kräftig anheizte. Verfasst wurde das Papier vom Heß-Adjutanten Karlheinz Pintsch, der 1945 in sowjetische Gefangenschaft geriet. Pintsch war es, der Hitler am Obersalzberg das Abschiedsschreiben von Heß übergab – Zitat: »Mein Führer, wenn Sie diesen Brief erhalten, bin ich in England.« Der Adjutant berichtete, Hitler habe die Nachricht vom Abgang seines Stellvertreters keineswegs, wie zumeist angenommen, fassungslos aufgenommen. Hitler habe die Meldung vielmehr in Ruhe angehört und ihn, Pintsch, dann ohne eine Bemerkung entlassen. Hitler, so Pintsch, sei in Heß’ Pläne eingeweiht gewesen. Der Flug sei in »vorheriger Übereinkunft mit den Engländern erfolgt«. Heß habe den Auftrag gehabt, ein Militärbündnis mit den Briten gegen Stalin zu schmieden, zumindest jedoch eine »Neutralisierung Englands« zu erreichen. Ein Komplott von Briten und Deutschen gegen Stalins Sowjetunion? Muss die Geschichte des Zweiten Weltkriegs womöglich umgeschrieben werden?
    Ende Januar 1941 teilte mir Heß, nachdem er mich noch einmal durch Handschlag zum ehrenwörtlichen Stillschweigen verpflichtet hatte, mit, dass er auf Beschluss von Hitler die Absicht habe, in der nächsten Zeit nach England zu fliegen.

    Karlheinz Pintsch, Heß’ Adjutant, Moskau, 23. Februar 1948
    Ohne Zugang zu den britischen Akten wird sich die Wahrheit wohl kaum herausfinden lassen. Doch warum diese Geheimniskrämerei? Was hat London zu verbergen? Steht die Mauertaktik der Briten womöglich auch im Zusammenhang mit dem rätselhaften Tod von Heß im August 1987 im Spandauer Kriegsverbrechergefängnis? Der Häftling habe sich während eines Hofgangs im Gartenhaus des Gefängnisses in einem unbeobachteten Moment mit einem Elektrokabel erhängt, so die offizielle Version. Doch es bleiben Zweifel: Konnte sich ein fast vollständig erblindeter 93-jähriger Greis, der an Arthrose litt und ohne fremde Hilfe kaum noch bewegungsfähig war, wirklich auf diese Weise umbringen?
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