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Gegen jede Vernunft

Gegen jede Vernunft

Titel: Gegen jede Vernunft
Autoren: Lynn Raye Harris
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Altar stehen lassen wie in einem schlechten Film. Und warum? Weil er nicht in ihr Leben passte. Seine Beziehungen zu Frauen waren immer rein physisch gewesen und hatten mit Gefühlen nichts zu tun gehabt.
    Aber mit ihr hatte er es doch versucht, oder nicht? Wahrscheinlich war er einfach nicht gut genug und noch weniger überzeugend gewesen. Sie hatte ihn durchschaut, seine emotionalen Defizite erkannt und ihn abserviert.
    Als er in der Limousine saß, war Leo bis auf die Haut durchnässt, ohne es überhaupt zu merken. Endlich in Bobbys Apartment angekommen, verschwendete er keinen Gedanken ans Umziehen, sondern schenkte sich zunächst ein großes Glas Scotch ein, ließ sich auf die Couch fallen und starrte ins Leere.
    So fand Bobby ihn eine Stunde später. Seine Kleider waren nahezu getrocknet, aber steif und unkomfortabel, und zu seinen Füßen hatte sich eine Pfütze gebildet. Aber das schien ihn alles nicht zu kümmern.
    „Was ist dir denn passiert, Sohn?“, fragte Bobby ruhig und nahm ihm das leere Glas aus der Hand.
    Leo blinzelte und schaute hoch. Seine Augen brannten, ebenso wie seine Kehle. „Ich habe einfach nur bekommen, was ich verdiene“, erwiderte er dumpf.
    „Wovon, zur Hölle, redest du?“
    „Anna hat mich verlassen.“
    Bobby hob die Brauen. „Hmm, verstehe“, sagte er gedehnt und ließ sich auf der Kante des Couchtischs nieder. „Liebst du sie?“
    Das war genau das, worüber Leo die gesamte letzte Stunde nachgedacht hatte. „Ich denke, das tue ich.“
    „Denken oder wissen?“
    Leo seufzte und fuhr sich mit der Hand über die Augen. „Wie kann man das genau wissen?“ Er wusste, dass er den falschen Mann fragte. Nicht nur, weil Bobby eine ganz eigene Philosophie vertrat, was die Liebe betraf, sondern weil Leo ihm insgesamt nur wenig Substanz und Kompetenz unterstellte. Und trotzdem sehnte sich der kleine Junge in ihm danach, Bobby einmal nicht als eine Art Komplizen, sondern als echten Vater zu erleben.
    „Tja“, sagte Bobby und schlug sich mit der Faust auf die Brust, „du merkst es daran, wenn es dich innerlich fast zerreißt, dass sie so einfach gegangen ist. Genau hier, mein Junge. Es schmerzt höllisch und wird auch durch Alkohol nicht besser. Kein noch so heißer Sex mit einer anderen Frau wird es auslöschen. Nichts außer der Zeit kann diese Wunde heilen, wenn sie dich nicht zurücknimmt. Und selbst dann wird der Schmerz nie ganz vergehen.“
    Überrascht und seltsam gerührt schaute Leo seinen Vater an. „Bei wem hast du so empfunden?“, fragte er dann spontan.
    „Das wird mein Geheimnis bleiben. Es reicht, wenn du weißt, dass es allein meine Schuld war. Aber du hast es immer noch in der Hand, alles in Ordnung zu bringen, Leo. Geh zu ihr und sag ihr ehrlich, was du fühlst.“
    Als wenn das so leicht wäre! Er hatte es doch versucht, und es hatte nicht geklappt. Anna war gegangen, ohne ihm eine weitere Chance zu geben. „Und wenn es ihr egal ist? Wenn ich ihr gleichgültig bin?“
    Da sagte Bobby das Profundeste, was Leo ihn jemals würde sagen hören, selbst wenn sie beide noch hundert Jahre lebten. „Sie hätte dich nicht verlassen, wenn es so wäre. Frauen laufen weg, wenn ihnen etwas Angst macht. Ginge es ihr nur um dein Geld oder den Schutz deines Namens, hätte sie längst ihr Eheversprechen abgegeben. Vertrau mir.“
    Damit erhob sich Bobby von der Tischkante und legte seinem Sohn die Hand auf die Schulter. „Ich liebe dich, Leo. Ich habe nicht immer alles richtig gemacht, aber das ändert nichts an meiner Liebe zu dir. Du wirst einen prachtvollen Vater abgeben. Nicht wegen des guten Vorbilds, wie wir beide wissen, sondern weil es einfach dein Wesen ist. Du bist in allem erfolgreich, was du anfasst, weil du dich ernsthaft bemühst und deine selbst gesetzten Ziele mit ganzem Herzen verfolgst.“
    „Warum hast du mir das nie zuvor gesagt“, fragte Leo heiser. Irgendwie konnte er immer noch nicht fassen, was er gerade gehört hatte.
    „Ich war mir nicht sicher, ob es willkommen gewesen wäre. Du warst von jeher so verdammt unabhängig. Das hast du von deiner Mutter. Und so kompetent, dass ich mich neben dir immer etwas unwohl gefühlt habe.“
    „Unwohl?“, fragte Leo verständnislos.
    Erneut hob Bobby die Schultern. „Wer gibt schon gern zu, dass er sich seinen Kindern gegenüber unterlegen fühlt? Und hättest du mich dann überhaupt respektieren können?“ Leos Vater schüttelte den Kopf. „Nein, mir erschien es einfacher, so viel Zeit wie möglich mit
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