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Gefesselte Lust

Gefesselte Lust

Titel: Gefesselte Lust
Autoren: Jasmin Eden
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seine Hände sind ständig in Bewegung, als wären sie rastlose Tiere. Seine Nervosität steckt auch mich an. »Wir haben uns noch nicht kennengelernt«, sagt er zu mir. »Ich bin der Mann, der dich in Szene setzen wird. Mein Name ist Mario.«
    Ich lächle verhalten und blicke dann hilflos zu Jonah. Ist unsere gemeinsame Zeit bereits vorbei? Sagte er nicht, es würde mindestens einen Monat dauern?
    Jonah weicht meinem Blick aus. Fast wirkt es, als würde er sich schämen. Nun legt er mir die flache Hand auf den nackten Rücken. Ich schaudere. Mario kümmert sich nicht darum. Er bietet mir seinen Arm an und führt mich vor die Leuchtschirme, die so ausgerichtet sind, dass sie die rote Backsteinwand der Halle perfekt ausleuchten. Das Licht der Birnen mischt sich mit dem Rot der Steine und erzeugt dabei ein Farbenspiel von hellem Orange bis hin zu dunklem Purpur. Jetzt erst bemerke ich, dass die Seile eine ähnliche Farbpalette aufweisen. Wir stehen also am Set zu meinem Bild. Die Erkenntnis trifft mich hart. Ich fühle mich betrogen; was habe ich falsch gemacht? Warum ist es auf einmal so plötzlich vorbei?
    Ich kämpfe mit den Tränen und drehe mich zu Jonah um. »Warum?«, flüstere ich mit brüchiger Stimme, die mir jeden Moment zu versagen droht. »Warum so schnell?«
    Jonah kommt näher. Er würdigt Mario keines Blickes, alles, was er sieht, bin ich. Sanft, nahezu zärtlich, zieht er mich an sich und streichelt mein Haar. Seine Hände umfassen mein Gesicht, und seine Blicke streicheln über meine Haut. »Helena«, sagt er leise, »meine wunderschöne Helena. Du hast all meine Erwartungen übertroffen, in nur einer einzigen Nacht. Aber ich habe auch etwas erkannt. Und dem muss ich treu bleiben.«
    Ich kann es nicht fassen – ein Teil von mir will schreien, will sich einfach auf den Boden werfen und wie ein kleines Kind weinen, bis keine Tränen mehr in mir sind. Aber ich bleibe ruhig. Ich weine nicht, als Mario mich zu dem Stuhl vor der Wand führt und mich bittet, mich zu setzen. Ich schreie nicht, als er hinter seiner Kamera verschwindet und mir Anweisungen gibt, wie ich zu posieren habe, ›um locker zu werden‹, wie er sagt. Jonah steht neben ihm, und ich kann es einfach nicht fassen. In seinen Augen ist kein Verlangen. Nur Trauer. Und ich kann nicht einmal sagen, ob es nicht nur meine eigene Traurigkeit ist, die sich in seinen spiegelt.
    Ich ertrage es nicht mehr. Mitten während in der Fotosession stehe ich auf und laufe hinaus. Dieses Foto werde ich Jonah nicht geben. Nicht das.

    Ich sehe Jonah außerhalb des Büros nicht wieder. Und bei den unvermeidlichen Redaktionskonferenzen wage ich es nicht einmal, ihn anzusehen. Aliyah schafft es in den nächsten Tagen immer wieder nachzufragen, was genau zwischen mir und ›Mr. Sexy‹ gelaufen ist. Sie hat schon längst eins und eins zusammengezählt und hört nicht auf zu fragen, ob Jonah meine ominöse Affäre ist. Aber selbst wenn ich wollte, ich kann ihr einfach nicht antworten. Der Schmerz versiegelt meine Lippen, und schließlich hört auch sie auf nachzubohren. Ich erledige meine Arbeit mechanisch und trinke literweise Kaffee, denn seit Neustem wälze ich mich nachts nur noch grübelnd im Bett hin und her. Es fällt mir schwer einzuschlafen, und wenn es dann doch klappt, träume ich immer nur von einem Mann.
    Allein Marcus fängt mich in dieser Zeit auf. Wir verbringen fast jede Mittagspause gemeinsam. Ich habe ihm, in wesentlich entschärfter Form, erzählt, was zwischen Jonah und mir vorgefallen ist, und er verurteilt mich nicht für das, was ich getan habe.
    »Ich hasse es, dir das sagen zu müssen«, meint er, »aber genau davor hatte ich dich gewarnt.«
    Wir sitzen in demselben Restaurant, in das er mich bereits an meinem ersten Arbeitstag geführt hat. Mittlerweile ist es unser Lieblingslokal geworden, und ich fühle mich nicht mehr befangen, wenn wir hier essen.
    »Ja, das hattest du. Aber ich war zu dumm, um zuzuhören.«
    Marcus schüttelt den Kopf. »Aber nein. Im Gegenteil.« Er wischt sich den Mund mit der Stoffserviette ab und sieht mir in die Augen. »Eigentlich war es gut, dass du es versucht hast. Ich muss zugeben, ich habe Jonah in letzter Zeit als sehr fahrig erlebt, um nicht zu sagen, ungewöhnlich zerstreut. Offensichtlich beschäftigt ihn etwas.«
    Die Hoffnung, diese verräterische heimtückische Hoffnung regt sich bei diesen Worten in mir. Ich könnte mich selbst dafür ohrfeigen, dennoch frage ich: »Ach ja? Seit wann
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