Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefangene des Meeres

Gefangene des Meeres

Titel: Gefangene des Meeres
Autoren: James White
Vom Netzwerk:
Nahrung benötigten.
    Der zuletzt verwirklichte Plan erforderte nur beim Start und bei der Landung die jeweils volle Mannschaftsstärke an Bord der bemannten Schiffe. Während der eigentlichen Reise genügte es, wenn einzelne Besatzungsmitglieder zwecks neuer Positionsberechnungen und etwa notwendiger Kurskorrekturen alle vier oder fünf Jahre automatisch erwärmt und geweckt würden. Das Schiff, das für die gesamte Flotte navigieren sollte, bekam eine sechsköpfige Mannschaft, die Flaggschiffe der Unterabteilungen dreiköpfige Mannschaften, während die der einzelnen Geschwader jeweils nur einen Schiffsführer hatten. Der Rest der Flotte bestand aus unbemannten Schiffen, die unter Fernsteuerung liefen.
    Es war Sache des Flaggschiffes, bei der endgültigen Annäherung detaillierte Studien des Zielplaneten zu machen, die besten Landeplätze festzulegen, mit der Vorausabteilung niederzugehen, sich einzurichten und die letzten Untersuchungen an Ort und Stelle auszuführen, bevor das Gros der Flotte eintraf.
    Aber nun war alles in Frage gestellt.
    Deslann brachte die noch immer heftig argumentierenden Stimmen ärgerlich zum Schweigen. »Da Sie eben erst mit dem Problem bekannt gemacht wurden«, sagte er scharf, »und ich nicht glaube, daß Sie dem Heiler schon jetzt vernünftige Vorschläge unterbreiten können, schlage ich vor, daß sich jeder von Ihnen in sein Quartier zurückzieht und darüber nachdenkt, was getan werden kann. Wir haben viel Zeit. Sofern Sie es nicht vorziehen, sich in Tiefschlaf versetzen zu lassen, können Sie jederzeit zu mir kommen, wenn Sie konstruktive Vorschläge zu machen haben.«
    Als sie aus dem Raum schwammen und sich auf ihre Quartiere verteilten, wanderten Deslanns Gedanken wieder in die Zeit seiner Jugend zurück, und es fiel ihm ein, wie sein Vater, ein Archäologe, ihn einmal auf eine Überlandreise zum anderen Ozean mitgenommen hatte. Sie hatten ein mit Druckausgleich und Kühlung ausgerüstetes Landboot benützt und waren bei Nacht gereist, um der Hitze direkter Sonneneinstrahlung zu entgehen. Die Tage hatten sie auf dem Grund der tiefen Seen verbracht, Überbleibsein des breiten Meeresarmes, der früher einmal die beiden Ozeane verbunden hatte. Deslann hatte den trockenen, pulverigen Boden bestaunt – zu Hause fand man trockene Substanzen nur in Laboratorien – und sich über die Tatsache gewundert, daß diese unglaublich dünne Gasmischung, die den Planeten einhüllte, einmal in der Lage gewesen war, Pflanzen, Tiere und sogar intelligente Wesen am Leben zu erhalten.
    Aber eines Tages waren sie gezwungen gewesen, statt auf dem Grund eines Sees in einer Höhle Zuflucht zu suchen, und dort hatte Deslann die Überreste einer Familie jener seltsamen, luftatmenden Landbewohner gesehen; die großen und kleinen, eigenartig gegliederten Skelette, die Behälter und Utensilien aus gebranntem Lehm und Knochen, die angekohlten, brüchigen Reste eines langen hölzernen Gebildes, das sein Vater für ein Seeboot erklärt hatte. Sein Vater hatte von alten Aufzeichnungen gesprochen, die frühere Generationen über diese primitiven aber intelligenten Wesen gemacht hatten. Danach hatten die Landbewohner solche Seeboote benutzt, um in ihnen auf der Meeresoberfläche herumzufahren und mit Speeren die kleineren und mehr dummen Tiere zu jagen, die sich zu nahe an die Oberfläche und das Boot heranwagten.
    Diese Familie, hatte sein Vater gesagt, war offenbar zu einer Zeit in die Höhle geflüchtet, als der Eingang noch in gleicher Höhe mit dem Meeresspiegel gelegen hatte. Hier hatten sie sich vor der unerträglichen Tageshitze und der Sonne in Sicherheit gebracht, nachdem die kleinen Landtiere, die sie früher gejagt hatten, ausgestorben waren und es unmöglich geworden war, Ackerbau zu betreiben. Nachts, wenn die Ebbe den Höhleneingang freigab, waren die Höhlenbewohner zum Fischfang ausgefahren. Aber die Meeresoberfläche war, so hatte sein Vater erklärt, von der Tageshitze mehr und mehr angewärmt worden, und die kleineren Wassertiere hatten die heißen Küstengewässer verlassen. So hatte es für die Landbewohner immer weniger Nahrung gegeben, und an Tagen mit Niedrigwasser mußte heißer Wasserdampf die Höhle erfüllt haben.
    Sie waren intelligent gewesen, hatte sein Vater gesagt, aber ihr technologisches Niveau hatte nicht ausgereicht. Sie hatten nicht überleben können.
     

6
     
    Ungefähr acht Tage nach der Torpedierung der »Gulf Trader« – so oft hatte Wallis zu schlafen versucht, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher