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Gefangen in Deutschland

Gefangen in Deutschland

Titel: Gefangen in Deutschland
Autoren: Katja Schneidt
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Drohungen und Fausthieben durchgesetzt werden. Ich sah und erlebte Dinge, die ich in unserem modernen, fortschrittlichen Deutschland niemals für möglich gehalten hätte. Sehr oft kam ich in dieser Zeit an meine seelischen und körperlichen Grenzen.
    Ich habe lange überlegt, ob ich meine Geschichte, die Schilderung meiner Erlebnisse aus jenen Jahren, öffentlich machen soll. Die stetig wachsende Anzahl bikultureller Paare in Deutschland – in manchen Städten mit hohem Ausländeranteil wird bereits jede dritte Ehe zwischen unterschiedlichen Nationen geschlossen 4
› Hinweis
 – und die damit zwangsläufig immer öfter auftretenden Probleme, die aus einer solchen Beziehung resultieren können, haben sicherlich mit zu meiner Entscheidung für die Niederschrift meiner Geschichte beigetragen, zumal ich in all den Jahren nur sehr selten eine gut funktionierende Partnerschaft zwischen einer deutschen Frau und einem muslimischen Mann erleben durfte.
    Birgit Sitorus/Hiltrud Stöcker-Zafari, Trennung und Scheidung bi nationaler Paare . Ein Ratgeber, hrsg. vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V., Frankfurt 2002, S. 11
    Meist war es so, dass nach außen hin alles in Ordnung schien, doch kaum hatte ich die Möglichkeit, auch einmal hinter die Fassade zu blicken, musste ich feststellen, dass die unterschiedliche Auffassung vom gemeinsamen Leben fast immer zu großen Differenzen und leider auch oft zu Misshandlungen führte. Und so gut wie nie wagten die betroffenen Frauen über das erlittene Unrecht zu sprechen, sei es innerhalb der Familie, sei es der Polizei oder Ärzten gegenüber – zu sehr schämten sie sich für ihre Situation, zu groß waren ihre Schuldgefühle. Einmal ganz zu schweigen von der Angst vor dem (einst) geliebten Mann.
    Ich möchte mit meinem Buch dazu beitragen, all diesen seelisch und/oder körperlich misshandelten Frauen Mut zu machen, aus ihrem Schattendasein herauszutreten, ihr Schicksal wieder in die eigenen Hände zu nehmen und zu erkennen, dass es auch ein Leben nach einer solchen Beziehung geben kann. Auch ich wurde jahrelang mit den schlimmsten Drohungen und unter Anwendung massiver Gewalt dazu gebracht, in meinem Gefängnis auszuharren, und habe dabei völlig den Blick für eine positive Zukunft verloren. Darüber hinaus musste ich feststellen, dass die Polizei absolut machtlos war und mir nicht helfen konnte. Letztlich habe ich mich dann aus eigener Kraft aus meiner Hölle befreit – doch diese Kraft musste ich erst einmal wieder aufbringen lernen, so gebrochen war meine Persönlichkeit.
    Mein Buch richtet sich aber nicht nur an die Opfer, sondern es möchte alle Bürger dieses Landes – Frauen wie Männer, Christen wie Muslime – dazu aufrufen, künftig etwas genauer auf das zu achten, was in ihrer unmittelbaren Umgebung vor sich geht. Dass ich noch am Leben bin, habe ich gewissermaßen einer Frau zu verdanken, die eben nicht weggeschaut hat und mir auf diese Weise rechtzeitig Hilfe zukommen lassen konnte. Solche Menschen waren in meiner Zeit mit Mahmud eher die Ausnahme. Ich bin sicher, dass viele Nachbarn meine Schreie gehört haben, wenn er wieder einmal unbarmherzig auf mich einprügelte, und auch die sichtbaren äußeren Anzeichen von Gewalt dürften ihnen nicht entgangen sein. Doch Hilfe angeboten hat mir niemand. Im Gegenteil: Im Nachhinein erfuhr ich, dass sich einige deutsche Mitmieter aus unserem Haus lustig gemacht haben über mein Kopftuch und die langärmeligen Blusen und bodenlangen Röcke, die ich selbst im Hochsommer trug. Als wäre dies aus freien Stücken geschehen!
    Nach meiner geglückten Flucht habe ich oft zu hören bekommen, ich sei an meiner Situation selbst schuld gewesen, da man ja schließlich wisse, worauf man sich einlässt, wenn man sich einen muslimischen Partner sucht. Dieser Satz hat mich stets geärgert, denn er entbehrt wirklich jeder Grundlage. Um noch einmal Necla Kelek zu zitieren: »Genauso wenig, wie es ›den‹ Islam gibt, kann es ›den‹ Muslim geben.« 5
› Hinweis
    Sämtliche Angaben entsprechen den (gekürzten) Inhalten auf den genannten Websites und erfolgen ohne Gewähr.
    Mit anderen Worten: Wahrlich nicht jeder muslimische Mann unterdrückt seine Frau! Nach meiner Beobachtung tun dies vor allem diejenigen nicht, die tatsächlich religiös sind und entsprechend den Vorgaben des Korans leben. Im Übrigen leiden auch viele türkisch- und arabischstämmige Männer in Deutschland unter dem harten Regiment ihrer
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