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Gefangen in Deutschland

Gefangen in Deutschland

Titel: Gefangen in Deutschland
Autoren: Katja Schneidt
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würden!«
    Genervt rollte ich die Augen.
    »Mahmud, ich habe dir schon hundertmal gesagt, dass ich auf diesen Job angewiesen bin! Sonst kann ich meine Miete nicht bezahlen. Versteh das doch bitte!«
    »Und ich habe dir schon ebenso oft gesagt, dass du die Miete von mir bekommst. Wo also ist dein Problem?«
    Das Problem war, dass ich unter keinen Umständen von einem Mann abhängig sein wollte. Aber das konnte ich ihm unmöglich sagen, da er mir mit Sicherheit sofort unterstellt hätte, es wäre mir mit der Beziehung zu ihm nicht ernst. Mahmud war in dieser Hinsicht sehr empfindlich.
    Erstaunlicherweise wechselte er plötzlich das Thema, und ich war froh, die Debatte nicht weiterführen zu müssen.
    »Ich fahre jetzt noch kurz ins Geschäft meiner Eltern. Für das Abendessen bringe ich uns einen Salat und Fladenbrot mit.«
    »Das ist lieb von dir. Denk nur bitte daran, dass ich spätestens um zwanzig Uhr im Brückenwirt sein muss!«, erwiderte ich und schlang die Arme um ihn.
    Mahmud küsste mich auf die Stirn und verließ ohne ein weiteres Wort zu verlieren die Wohnung.
    Als er nach zwei Stunden mit den Einkaufssachen wieder zurückkam, erzählte er mir, während ich den Tisch deckte und das Salatdressing zubereitete, dass es seiner Mutter gesundheitlich nicht gut gehe.
    »Sie überlegt, ob sie in die Türkei fahren soll, um sich dort behandeln zu lassen. Weißt du, sie hat kein Vertrauen in die deutschen Ärzte«, erklärte er. »Außerdem spricht sie die Sprache nicht, und es ist ihr unangenehm, immer jemanden mit zum Arzt nehmen zu müssen, der alles für sie auf Türkisch übersetzt.«
    »Wie?«, fragte ich erstaunt. »Deine Mutter lebt seit über zwanzig Jahren in Deutschland – warum kann sie dann unsere Sprache nicht?«
    »Meine Mutter verlässt ihre Wohnung nur, wenn sie zum Einkaufen geht oder Verwandte besucht«, antwortete Mahmud, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt.
    Ich versuchte mir das vorzustellen. Es gelang mir nicht. Es musste doch schrecklich sein, sich immer nur innerhalb der eigenen vier Wände aufzuhalten! Wenn ich wirklich einmal krank war, was zum Glück äußerst selten vorkam, und länger als drei Tage nicht vor die Tür gehen konnte, wurde ich fast verrückt.
    »Schatzi, in meiner Familie leben alle Frauen so! Eine Frau ist nicht dafür gemacht, draußen auf der Straße rumzulaufen und sich womöglich in Gefahr zu bringen.«
    Mahmud schien tatsächlich überzeugt von dem, was er da gerade gesagt hatte. Tief durchatmend warf ich einen Blick auf die Uhr. Ich musste mich beeilen, sonst kam ich zu spät zu meinem Kneipenjob. Schnell aß ich noch einen Happen, dann schnappte ich mir meine Handtasche und meine Jacke.
    Erstaunlicherweise hielt sich Mahmud an dem Abend mit seinen abfälligen Kommentaren zurück, die ich sonst immer ertragen musste, wenn ich die Wohnung verließ, um kellnern zu gehen. Während ich mich anfangs noch sehr gern von ihm zur Arbeit hatte fahren lassen, verzichtete ich mittlerweile auf diese Annehmlichkeit, weil ich mir nicht die ganze Autofahrt über anhören wollte, wie sehr ihn meine Tätigkeit im Brückenwirt störe und dass er absolut nicht damit einverstanden sei. Lieber ging ich zu Fuß – auch wenn meine Gedanken dann doch meist um Mahmud und unsere Beziehung kreisten.
    Mein Thekenjob war nicht das Einzige, was ihn an mir und meinem Lebenswandel störte. Ich durfte zum Beispiel keine weit ausgeschnittenen T-Shirts und Pullover mehr tragen. Auch mein Make-up inspizierte er genau. Wenn es ihm nicht dezent genug war, schickte er mich ins Badezimmer, und ich musste das, was er als zu dick aufgetragen empfand, wieder abwischen. Obwohl mich seine Bevormundung nervte, machte es mich zugleich auch stolz, dass er offensichtlich so große Angst hatte, mich wieder zu verlieren.
    »Katja!«, rief mein Chef, als ich in die Gaststube trat. »Komm mal kurz mit in die Küche, wir müssen reden!«
    Ich erschrak. Hatte ich in der letzten Zeit etwas falsch gemacht? Giorgios Blick war mehr als ernst gewesen.
    »Du kannst hier nicht mehr arbeiten«, sagte er ohne Umschweife, kaum befanden wir uns in der Küche.
    Meine Beine fühlten sich plötzlich an, als wären sie aus Pudding.
    »Es liegt nicht an dir«, fuhr Giorgio schnell fort. »Mahmud war heute hier und hat mit mir geredet. Und ich muss sagen, er hat recht: Eine junge Frau wie du gehört einfach nicht an einen Ort wie diesen.«
    Ich merkte, wie mir sofort die Tränen in die Augen schossen.
    »Aber
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